Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.Robert Schumann und Robena Laidlaw bewahrt und erst jetzt -- nach Verlauf von mehr als einem halben Jahr¬ Robena Anna Laidlaw, geboren am 30. April 1819, ist die Tochter eines Daß die Künstlerin überall den größten Beifall erntete, berichten die Grenzbote" IV 1895 41
Robert Schumann und Robena Laidlaw bewahrt und erst jetzt — nach Verlauf von mehr als einem halben Jahr¬ Robena Anna Laidlaw, geboren am 30. April 1819, ist die Tochter eines Daß die Künstlerin überall den größten Beifall erntete, berichten die Grenzbote» IV 1895 41
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0323" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221297"/> <fw type="header" place="top"> Robert Schumann und Robena Laidlaw</fw><lb/> <p xml:id="ID_1014" prev="#ID_1013"> bewahrt und erst jetzt — nach Verlauf von mehr als einem halben Jahr¬<lb/> hundert — aufgezeichnet hat, glaube ich um so weniger etwas ausscheiden zu<lb/> dürfen, als sie einige wesentliche Züge in Schumanns Charakter in ein helleres<lb/> Licht setzen. Denn, die mit Schumann näher vertraut sind, wird der psycho¬<lb/> logische Scharfblick nicht entgehen, mit dem das achtzehnjährige junge Mädchen<lb/> Schumanns innerstes Wesen weit richtiger erkannte, als einige seiner ältern<lb/> Zeitgenossen, die keine Ahnung von seiner keimenden Größe hatten und nur<lb/> ein paar auf sehr schwachem Grunde stehende Anekdoten über ihn in die Welt<lb/> gesetzt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1015"> Robena Anna Laidlaw, geboren am 30. April 1819, ist die Tochter eines<lb/> Kaufmanns zu Bretton in Jorkshire. Sie wurde in Edinburgh erzogen und<lb/> von dem Pianisten Robert Müller im Klavierspiel unterrichtet. Als ihre<lb/> Eltern im Jahre 1830 nach Königsberg in Preußen übergesiedelt waren, machte<lb/> sie bei dem dortigen Musiklehrer Georg Tag so außerordentliche Fortschritte,<lb/> daß ihre Eltern endlich einwilligten, sie zur Künstlerin ausbilden zu lassen.<lb/> Nach vierjährigen Studien reiste sie über Berlin nach London, um dort ihre<lb/> Ausbildung zu vollenden. In Berlin zum öffentlichen Auftreten veranlaßt,<lb/> spielte sie auch vor der königlichen Familie. Ganz besonders zeichnete die<lb/> damals in Berlin refidirende Herzogin Friederike von Cumberland (Schwester<lb/> der Königin Luise) die fünfzehnjährige Künstlerin aus, sie ernannte sie zu ihrer<lb/> Kammervirtuosin und gab ihr Empfehlungen an den englischen Hof. In<lb/> London studirte Miß Laidlaw zunächst noch bei Henry Herz und spielte im<lb/> Juni 1834 im Se. Jamespalast, sowie in Paganinis Abschiedskonzert. „Ich<lb/> fürchtete mich sehr — schreibt sie — in Paganinis Konzert zu spielen. Als<lb/> mich der Herausgeber der NorninA ?08t> durch den überfüllten Saal führte,<lb/> hatte ich große Angst, und ich wäre am liebsten gleich durch eine Seitenthür<lb/> des Konzertsaales wieder hinausgeschlüpft. Nur der aufmunternde Beifall,<lb/> den mir Paganini spendete, benahm mir bald die Ängstlichkeit. Überhaupt<lb/> hat niemand mein Spiel so gewürdigt wie er; meine Art, das Instrument zu<lb/> behandeln, namentlich im Adagio, war ihm sehr sympathisch." Nachdem Miß<lb/> Laidlaw auch in den größern Städten der Provinzen gespielt hatte, kehrte sie<lb/> im September 1835 nach Königsberg zurück. Im folgenden Jahre lebte sie<lb/> in Berlin, wo sie auf Rellstabs Anregung Unterricht bei Louis Berger nahm,<lb/> der ihr sein herzlichstes Wohlwollen schenkte. Ihre Konzerte hier und (Anfang<lb/> 1837) in Riga, Warschau usw. waren der Anfang jener Kette ehrenvoller<lb/> Erfolge, die seitdem ihr Auftreten überall begleiteten. Im Juni kehrte sie<lb/> nach Deutschland zurück, spielte in Dresden und wandte sich dann nach Leipzig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1016" next="#ID_1017"> Daß die Künstlerin überall den größten Beifall erntete, berichten die<lb/> Musikalischen und politischen Zeitungen jener Zeit übereinstimmend; sie erschöpfen<lb/> sich in Lob und Preis ebensowohl ihrer außerordentlichen Virtuosität, als<lb/> ihres bescheidnen, liebenswürdigen Wesens. Man rühmte insbesondre das</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbote» IV 1895 41</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0323]
Robert Schumann und Robena Laidlaw
bewahrt und erst jetzt — nach Verlauf von mehr als einem halben Jahr¬
hundert — aufgezeichnet hat, glaube ich um so weniger etwas ausscheiden zu
dürfen, als sie einige wesentliche Züge in Schumanns Charakter in ein helleres
Licht setzen. Denn, die mit Schumann näher vertraut sind, wird der psycho¬
logische Scharfblick nicht entgehen, mit dem das achtzehnjährige junge Mädchen
Schumanns innerstes Wesen weit richtiger erkannte, als einige seiner ältern
Zeitgenossen, die keine Ahnung von seiner keimenden Größe hatten und nur
ein paar auf sehr schwachem Grunde stehende Anekdoten über ihn in die Welt
gesetzt haben.
Robena Anna Laidlaw, geboren am 30. April 1819, ist die Tochter eines
Kaufmanns zu Bretton in Jorkshire. Sie wurde in Edinburgh erzogen und
von dem Pianisten Robert Müller im Klavierspiel unterrichtet. Als ihre
Eltern im Jahre 1830 nach Königsberg in Preußen übergesiedelt waren, machte
sie bei dem dortigen Musiklehrer Georg Tag so außerordentliche Fortschritte,
daß ihre Eltern endlich einwilligten, sie zur Künstlerin ausbilden zu lassen.
Nach vierjährigen Studien reiste sie über Berlin nach London, um dort ihre
Ausbildung zu vollenden. In Berlin zum öffentlichen Auftreten veranlaßt,
spielte sie auch vor der königlichen Familie. Ganz besonders zeichnete die
damals in Berlin refidirende Herzogin Friederike von Cumberland (Schwester
der Königin Luise) die fünfzehnjährige Künstlerin aus, sie ernannte sie zu ihrer
Kammervirtuosin und gab ihr Empfehlungen an den englischen Hof. In
London studirte Miß Laidlaw zunächst noch bei Henry Herz und spielte im
Juni 1834 im Se. Jamespalast, sowie in Paganinis Abschiedskonzert. „Ich
fürchtete mich sehr — schreibt sie — in Paganinis Konzert zu spielen. Als
mich der Herausgeber der NorninA ?08t> durch den überfüllten Saal führte,
hatte ich große Angst, und ich wäre am liebsten gleich durch eine Seitenthür
des Konzertsaales wieder hinausgeschlüpft. Nur der aufmunternde Beifall,
den mir Paganini spendete, benahm mir bald die Ängstlichkeit. Überhaupt
hat niemand mein Spiel so gewürdigt wie er; meine Art, das Instrument zu
behandeln, namentlich im Adagio, war ihm sehr sympathisch." Nachdem Miß
Laidlaw auch in den größern Städten der Provinzen gespielt hatte, kehrte sie
im September 1835 nach Königsberg zurück. Im folgenden Jahre lebte sie
in Berlin, wo sie auf Rellstabs Anregung Unterricht bei Louis Berger nahm,
der ihr sein herzlichstes Wohlwollen schenkte. Ihre Konzerte hier und (Anfang
1837) in Riga, Warschau usw. waren der Anfang jener Kette ehrenvoller
Erfolge, die seitdem ihr Auftreten überall begleiteten. Im Juni kehrte sie
nach Deutschland zurück, spielte in Dresden und wandte sich dann nach Leipzig.
Daß die Künstlerin überall den größten Beifall erntete, berichten die
Musikalischen und politischen Zeitungen jener Zeit übereinstimmend; sie erschöpfen
sich in Lob und Preis ebensowohl ihrer außerordentlichen Virtuosität, als
ihres bescheidnen, liebenswürdigen Wesens. Man rühmte insbesondre das
Grenzbote» IV 1895 41
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