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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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bestimmtes und ganz willkürlich gegriffnes Wertverhältnis für unbestimmte
Mengen verschiedner Edelmetalle nicht aufrecht erhalten ließe. Die Bimetallisten
verlangen freie Silberprägung. So wie jetzt jeder gegen geringe Prügungs-
gebühr einen Barren Gold zu Geld ausmünzen lassen kann, so soll man
fürderhin auch berechtigt sein, einen Barren Silber zu Geld münzen zu lassen.
Solange wir Silberwährung hatten, wurden aus einem Pfund feinen Silbers
30 Thaler, also 90 Mark, nach unserm Werte geprägt. Da wir aber jetzt
das Pfund Silber für 45 Mark Gold kaufen können, so ist klar, daß die Be¬
rechtigung der freien Silberprägung alles Gold zum Lande hinausdrängen
müßte, und wir binnen kurzem nur noch dem Namen nach eine Doppelwährung
haben würden, thatsächlich aber Gold im Verkehr nicht mehr umlaufen würde.
Es ist nicht abzusehen, aus welchen Gründen eine internationale Übereinkunft
diese Thatsache", die von den Bimetallisten selbst beim Einzelstaat anerkannt
werden, zu ändern vermöchte. Ebenso wie das Papiergeld bei unbeschränkter
Ausgabe gleich den Assignaten wertlos werden müßte, so bliebe auch bei freier
Prägung von Silbergeld der Wert dieses Geldes trotz aller entgegenstehenden
Abmachungen auf seinen Eigenwert beschränkt, und wenn dieser Wert unter
dem vereinbarten Goldwerte zurückbleibt, so erhielte das Gold entweder einen
seinen Nominalwert übersteigenden Kurs, oder, wie gesagt, es verschwände aus
dem Geldverkehr. Die Bimetallisten behaupten nun allerdings, die von ihnen
geplante Übereinkunft werde nicht nur das Wertverhältnis zwischen Silbergeld
und Goldgelb, sondern auch das der Edelmetalle selbst endgiltig festlegen. Nach
ihrer Ansicht ist der Preissturz des Silbers lediglich eine Folge seiner De-
monetisirung, nur Unkenntnis und Einsichtslosigkeit könnten der außerordentlich
gesteigerten Silbergewinnung einen Einfluß auf diesen Preissturz einräumen.
Der Preis der Edelmetalle hänge nicht von den Gewinnungskosten ab, sondern
sei ein Seltcnheitspreis, der sich lediglich nach der Nachfrage bestimme. Da
aber die Nachfrage nach Geld unbeschränkt sei, so müsse auch die Nachfrage
nach Silber, wenn es unbeschränkt als Geld verwertet werden könne, der¬
artig unbegrenzt sein, daß die Gewinnungsvermehrung auf den Preis keinen
Einfluß habe. Mit solchen Ansichten kann man in der That zu deu unhalt¬
barsten Schlüssen kommen und schließlich auch die Meinung vertreten, es sei
ganz gleichgiltig. in welchem Wertverhältnis Gold und Silber ausgeprägt
würden; wenn man nur erst eine Übereinkunft habe, dann wüßten die Menschen,
wonach sie sich zu richten hätten. Es heißt doch geradezu die Dinge auf den
Kopf stellen, wenn man behauptet, der Wert von Gold und Silber beruhe
nur darauf, daß diese Metalle als Geld verwendet werden. Im Gegenteil,
diese Edelmetalle sind als Geld gebraucht worden, weil sie für den Menschen
eine vorzügliche Tauschwertkraft besitzen.") Es ist doch auch wunderlich, zu



Hing": der Tauschwert der Edelmetalle allein oder auch nur hauptsächlich davon ab,
daß sie Verwendung als Geld finden, so müßten Gold und Silber, die doch allein von allen
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bestimmtes und ganz willkürlich gegriffnes Wertverhältnis für unbestimmte
Mengen verschiedner Edelmetalle nicht aufrecht erhalten ließe. Die Bimetallisten
verlangen freie Silberprägung. So wie jetzt jeder gegen geringe Prügungs-
gebühr einen Barren Gold zu Geld ausmünzen lassen kann, so soll man
fürderhin auch berechtigt sein, einen Barren Silber zu Geld münzen zu lassen.
Solange wir Silberwährung hatten, wurden aus einem Pfund feinen Silbers
30 Thaler, also 90 Mark, nach unserm Werte geprägt. Da wir aber jetzt
das Pfund Silber für 45 Mark Gold kaufen können, so ist klar, daß die Be¬
rechtigung der freien Silberprägung alles Gold zum Lande hinausdrängen
müßte, und wir binnen kurzem nur noch dem Namen nach eine Doppelwährung
haben würden, thatsächlich aber Gold im Verkehr nicht mehr umlaufen würde.
Es ist nicht abzusehen, aus welchen Gründen eine internationale Übereinkunft
diese Thatsache», die von den Bimetallisten selbst beim Einzelstaat anerkannt
werden, zu ändern vermöchte. Ebenso wie das Papiergeld bei unbeschränkter
Ausgabe gleich den Assignaten wertlos werden müßte, so bliebe auch bei freier
Prägung von Silbergeld der Wert dieses Geldes trotz aller entgegenstehenden
Abmachungen auf seinen Eigenwert beschränkt, und wenn dieser Wert unter
dem vereinbarten Goldwerte zurückbleibt, so erhielte das Gold entweder einen
seinen Nominalwert übersteigenden Kurs, oder, wie gesagt, es verschwände aus
dem Geldverkehr. Die Bimetallisten behaupten nun allerdings, die von ihnen
geplante Übereinkunft werde nicht nur das Wertverhältnis zwischen Silbergeld
und Goldgelb, sondern auch das der Edelmetalle selbst endgiltig festlegen. Nach
ihrer Ansicht ist der Preissturz des Silbers lediglich eine Folge seiner De-
monetisirung, nur Unkenntnis und Einsichtslosigkeit könnten der außerordentlich
gesteigerten Silbergewinnung einen Einfluß auf diesen Preissturz einräumen.
Der Preis der Edelmetalle hänge nicht von den Gewinnungskosten ab, sondern
sei ein Seltcnheitspreis, der sich lediglich nach der Nachfrage bestimme. Da
aber die Nachfrage nach Geld unbeschränkt sei, so müsse auch die Nachfrage
nach Silber, wenn es unbeschränkt als Geld verwertet werden könne, der¬
artig unbegrenzt sein, daß die Gewinnungsvermehrung auf den Preis keinen
Einfluß habe. Mit solchen Ansichten kann man in der That zu deu unhalt¬
barsten Schlüssen kommen und schließlich auch die Meinung vertreten, es sei
ganz gleichgiltig. in welchem Wertverhältnis Gold und Silber ausgeprägt
würden; wenn man nur erst eine Übereinkunft habe, dann wüßten die Menschen,
wonach sie sich zu richten hätten. Es heißt doch geradezu die Dinge auf den
Kopf stellen, wenn man behauptet, der Wert von Gold und Silber beruhe
nur darauf, daß diese Metalle als Geld verwendet werden. Im Gegenteil,
diese Edelmetalle sind als Geld gebraucht worden, weil sie für den Menschen
eine vorzügliche Tauschwertkraft besitzen.") Es ist doch auch wunderlich, zu



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daß sie Verwendung als Geld finden, so müßten Gold und Silber, die doch allein von allen
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[0597] Zum WLHruilgskampfe bestimmtes und ganz willkürlich gegriffnes Wertverhältnis für unbestimmte Mengen verschiedner Edelmetalle nicht aufrecht erhalten ließe. Die Bimetallisten verlangen freie Silberprägung. So wie jetzt jeder gegen geringe Prügungs- gebühr einen Barren Gold zu Geld ausmünzen lassen kann, so soll man fürderhin auch berechtigt sein, einen Barren Silber zu Geld münzen zu lassen. Solange wir Silberwährung hatten, wurden aus einem Pfund feinen Silbers 30 Thaler, also 90 Mark, nach unserm Werte geprägt. Da wir aber jetzt das Pfund Silber für 45 Mark Gold kaufen können, so ist klar, daß die Be¬ rechtigung der freien Silberprägung alles Gold zum Lande hinausdrängen müßte, und wir binnen kurzem nur noch dem Namen nach eine Doppelwährung haben würden, thatsächlich aber Gold im Verkehr nicht mehr umlaufen würde. Es ist nicht abzusehen, aus welchen Gründen eine internationale Übereinkunft diese Thatsache», die von den Bimetallisten selbst beim Einzelstaat anerkannt werden, zu ändern vermöchte. Ebenso wie das Papiergeld bei unbeschränkter Ausgabe gleich den Assignaten wertlos werden müßte, so bliebe auch bei freier Prägung von Silbergeld der Wert dieses Geldes trotz aller entgegenstehenden Abmachungen auf seinen Eigenwert beschränkt, und wenn dieser Wert unter dem vereinbarten Goldwerte zurückbleibt, so erhielte das Gold entweder einen seinen Nominalwert übersteigenden Kurs, oder, wie gesagt, es verschwände aus dem Geldverkehr. Die Bimetallisten behaupten nun allerdings, die von ihnen geplante Übereinkunft werde nicht nur das Wertverhältnis zwischen Silbergeld und Goldgelb, sondern auch das der Edelmetalle selbst endgiltig festlegen. Nach ihrer Ansicht ist der Preissturz des Silbers lediglich eine Folge seiner De- monetisirung, nur Unkenntnis und Einsichtslosigkeit könnten der außerordentlich gesteigerten Silbergewinnung einen Einfluß auf diesen Preissturz einräumen. Der Preis der Edelmetalle hänge nicht von den Gewinnungskosten ab, sondern sei ein Seltcnheitspreis, der sich lediglich nach der Nachfrage bestimme. Da aber die Nachfrage nach Geld unbeschränkt sei, so müsse auch die Nachfrage nach Silber, wenn es unbeschränkt als Geld verwertet werden könne, der¬ artig unbegrenzt sein, daß die Gewinnungsvermehrung auf den Preis keinen Einfluß habe. Mit solchen Ansichten kann man in der That zu deu unhalt¬ barsten Schlüssen kommen und schließlich auch die Meinung vertreten, es sei ganz gleichgiltig. in welchem Wertverhältnis Gold und Silber ausgeprägt würden; wenn man nur erst eine Übereinkunft habe, dann wüßten die Menschen, wonach sie sich zu richten hätten. Es heißt doch geradezu die Dinge auf den Kopf stellen, wenn man behauptet, der Wert von Gold und Silber beruhe nur darauf, daß diese Metalle als Geld verwendet werden. Im Gegenteil, diese Edelmetalle sind als Geld gebraucht worden, weil sie für den Menschen eine vorzügliche Tauschwertkraft besitzen.") Es ist doch auch wunderlich, zu Hing«: der Tauschwert der Edelmetalle allein oder auch nur hauptsächlich davon ab, daß sie Verwendung als Geld finden, so müßten Gold und Silber, die doch allein von allen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/597>, abgerufen am 26.06.2024.