Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.Der erste Beste Ja, sagte sie mit erstickter Stimme, während ihr die Thränen in die Er nickte. Das wird gut sein. Radire du nur. Und nun wollen wir Sie folgte ihm, zerknirscht, unglücklich. Hätt ich doch das nicht gethan! Schlafzimmer und Zubehör kennst du, sagte er im obern Flur. Da ist Er öffnete die Thür. Da wäre auch ein Arbeitstisch und die Nähmaschine; da kannst du also Sie nickte nur; seine Stimme klang ihr eintönig, wie aus der Ferne. Hier, fuhr Fritz fort, ist das kleinere Gastzimmer; das bewohnt Hans. Es wird nichts fehlen, sagte Margarete leise. Du hast es ja eingerichtet. Sie sah sich schweigend um; nein, was sollte da anders sein, was noch Auf dem Söller in der Giebelstube wohnen Schneider und Nademacher. Langsam gingen sie die Wege auf und ab, unter dem Weingang hin, an Hier sitzen wir manchmal nachmittags. Die Linde hat mein Großvater Wo ist denn deiner? Du kannst ihn von hier ans nicht sehen: es ist eine Bluthunde. Gehen wir doch hin, ja? Sie stand ganz am Ende des Gartens, neben ihr eine kleine Gruppe Margarete blieb vor dem düstern Baum stehen; seine dunkelroten Blätter Der erste Beste Ja, sagte sie mit erstickter Stimme, während ihr die Thränen in die Er nickte. Das wird gut sein. Radire du nur. Und nun wollen wir Sie folgte ihm, zerknirscht, unglücklich. Hätt ich doch das nicht gethan! Schlafzimmer und Zubehör kennst du, sagte er im obern Flur. Da ist Er öffnete die Thür. Da wäre auch ein Arbeitstisch und die Nähmaschine; da kannst du also Sie nickte nur; seine Stimme klang ihr eintönig, wie aus der Ferne. Hier, fuhr Fritz fort, ist das kleinere Gastzimmer; das bewohnt Hans. Es wird nichts fehlen, sagte Margarete leise. Du hast es ja eingerichtet. Sie sah sich schweigend um; nein, was sollte da anders sein, was noch Auf dem Söller in der Giebelstube wohnen Schneider und Nademacher. Langsam gingen sie die Wege auf und ab, unter dem Weingang hin, an Hier sitzen wir manchmal nachmittags. Die Linde hat mein Großvater Wo ist denn deiner? Du kannst ihn von hier ans nicht sehen: es ist eine Bluthunde. Gehen wir doch hin, ja? Sie stand ganz am Ende des Gartens, neben ihr eine kleine Gruppe Margarete blieb vor dem düstern Baum stehen; seine dunkelroten Blätter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0538" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/220214"/> <fw type="header" place="top"> Der erste Beste</fw><lb/> <p xml:id="ID_2112"> Ja, sagte sie mit erstickter Stimme, während ihr die Thränen in die<lb/> Augen traten. Ich wills nicht wieder thun. Ich will alles ausradiren. alles.</p><lb/> <p xml:id="ID_2113"> Er nickte. Das wird gut sein. Radire du nur. Und nun wollen wir<lb/> hinaufgehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2114"> Sie folgte ihm, zerknirscht, unglücklich. Hätt ich doch das nicht gethan!<lb/> dachte sie immer wieder. Nun ist alles aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_2115"> Schlafzimmer und Zubehör kennst du, sagte er im obern Flur. Da ist<lb/> auf derselben Seite nur noch Mamsellings Zimmer. Gegenüber eins für die<lb/> zwei Hausmägde, eins mit Schränken.</p><lb/> <p xml:id="ID_2116"> Er öffnete die Thür.</p><lb/> <p xml:id="ID_2117"> Da wäre auch ein Arbeitstisch und die Nähmaschine; da kannst du also<lb/> Schneiderei haben und andre ersprießliche Dinge treiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2118"> Sie nickte nur; seine Stimme klang ihr eintönig, wie aus der Ferne.<lb/> Wenn sie das gestern Abend beim „Einzug" alles angesehen hätten, dann wäre<lb/> gewiß viel Spaß und gute Laune dabei gewesen. Aber jetzt!</p><lb/> <p xml:id="ID_2119"> Hier, fuhr Fritz fort, ist das kleinere Gastzimmer; das bewohnt Hans.<lb/> Daneben, nach vorn, ist das große, da sollen recht bald deine Eltern hinein.<lb/> Du mußt sehen, was etwa noch fehlt, was du etwa noch gern darin hättest.</p><lb/> <p xml:id="ID_2120"> Es wird nichts fehlen, sagte Margarete leise. 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Ich liebe ihn sehr.</p><lb/> <p xml:id="ID_2125"> Wo ist denn deiner?</p><lb/> <p xml:id="ID_2126"> Du kannst ihn von hier ans nicht sehen: es ist eine Bluthunde.</p><lb/> <p xml:id="ID_2127"> Gehen wir doch hin, ja?</p><lb/> <p xml:id="ID_2128"> Sie stand ganz am Ende des Gartens, neben ihr eine kleine Gruppe<lb/> junger Birken, deren schwermütig hängendes Laub im sanften Winde hin- und<lb/> herschwankte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2129" next="#ID_2130"> Margarete blieb vor dem düstern Baum stehen; seine dunkelroten Blätter<lb/> glühten im Sonnenlicht. Sie hätte Fritz gern gefragt, warum er sich damals<lb/> denn gerade den gewählt habe. Sie dachte nicht daran, daß der junge Pflanz¬<lb/> ung vor etwa fünfundzwanzig Jahren wohl noch kein so finsteres Gesicht</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0538]
Der erste Beste
Ja, sagte sie mit erstickter Stimme, während ihr die Thränen in die
Augen traten. Ich wills nicht wieder thun. Ich will alles ausradiren. alles.
Er nickte. Das wird gut sein. Radire du nur. Und nun wollen wir
hinaufgehen.
Sie folgte ihm, zerknirscht, unglücklich. Hätt ich doch das nicht gethan!
dachte sie immer wieder. Nun ist alles aus.
Schlafzimmer und Zubehör kennst du, sagte er im obern Flur. Da ist
auf derselben Seite nur noch Mamsellings Zimmer. Gegenüber eins für die
zwei Hausmägde, eins mit Schränken.
Er öffnete die Thür.
Da wäre auch ein Arbeitstisch und die Nähmaschine; da kannst du also
Schneiderei haben und andre ersprießliche Dinge treiben.
Sie nickte nur; seine Stimme klang ihr eintönig, wie aus der Ferne.
Wenn sie das gestern Abend beim „Einzug" alles angesehen hätten, dann wäre
gewiß viel Spaß und gute Laune dabei gewesen. Aber jetzt!
Hier, fuhr Fritz fort, ist das kleinere Gastzimmer; das bewohnt Hans.
Daneben, nach vorn, ist das große, da sollen recht bald deine Eltern hinein.
Du mußt sehen, was etwa noch fehlt, was du etwa noch gern darin hättest.
Es wird nichts fehlen, sagte Margarete leise. Du hast es ja eingerichtet.
Sie sah sich schweigend um; nein, was sollte da anders sein, was noch
dazukommen? Alles war da, alles war hübsch und gemütlich. Sie wagte
nichts mehr von danken zu sagen. Sie faßte nur nach seiner Hand und
drückte sie.
Auf dem Söller in der Giebelstube wohnen Schneider und Nademacher.
Was an Wirtschaftsräumen da oben ist, kann dir Mamselling heute Nach¬
mittag zeigen. Wenn du Lust hast, gehen wir jetzt einmal durch den Garten.
Langsam gingen sie die Wege auf und ab, unter dem Weingang hin, an
der kleinen Geisblattlaube und dem von Kletterrosen übersponnenen Tempelchen
vorbei. Der große Garten, dem die vielen mächtigen alten Bäume ein Park¬
artiges Ansehen verliehen, umgab das Haus auf allen Seiten, streckte sich aber
am tiefsten nach hinten. Weite Wiesen und Kornfelder begrenzten ihn. Zur
Rechten lag das große, langgestreckte Viereck der Wirtschaftsgebäude, deren
Rückwände hier meist mit Epheu und wildem Wein überspannen waren. Unter
einer prachtvollen Linde standen Bank, Tisch und Stühle.
Hier sitzen wir manchmal nachmittags. Die Linde hat mein Großvater
als kleiner Junge gepflanzt. Auch mein Vater hatte seinen Baum, dort die
breite Akazie. Er hat ihren starken, aufdringlichen Duft besonders gern ge¬
habt. Hier die Douglastanne gehört Hans. Ein stattlicher, herrlicher Baum,
was? Ich liebe ihn sehr.
Wo ist denn deiner?
Du kannst ihn von hier ans nicht sehen: es ist eine Bluthunde.
Gehen wir doch hin, ja?
Sie stand ganz am Ende des Gartens, neben ihr eine kleine Gruppe
junger Birken, deren schwermütig hängendes Laub im sanften Winde hin- und
herschwankte.
Margarete blieb vor dem düstern Baum stehen; seine dunkelroten Blätter
glühten im Sonnenlicht. Sie hätte Fritz gern gefragt, warum er sich damals
denn gerade den gewählt habe. Sie dachte nicht daran, daß der junge Pflanz¬
ung vor etwa fünfundzwanzig Jahren wohl noch kein so finsteres Gesicht
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