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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Anabenerziehung und Rnabenunterricht im alten Hellas

haberei, Zanksucht, Zornmütigkeit, Kindcrquälerei und ganz besonders wegen
ihrer Pedanterie in der Hvmererklärung durchgehechelt. Eins dieser Epi¬
gramme lautet z. B.:

Und wie in einem bekannten Studentenliede eine gewisse Art des Homer¬
unterrichts parodirt wird: Der Professor erklärt uns die Epexeges', -- das
Hendiadyoin, die Apvsiopes'. -- das Hysteronprvteron gar vollends, -- proAnte-
eedente das Consequens, -- das Zeugma, Homoioteleutikon, -- das Anakoluth
und die Attraktion u. s. w., so fordert ein andres Epigramm die Jünger
Aristarchs auf, aus Hellas zu fliehn, sie. die Wiukelsummer, die Liebhaber
einsilbiger Wörtchen, die nur für und c?f/>ni/t>, für v/p und für ^to, sonst
aber für nichts Interesse hätten. Daß es aber auch damals tüchtige, ihres
Berufs verstündig waltende und segensreich wirkende Jugendlehrer gegeben
hat, zeigt ein Grabepigramm anf einen städtischen Lehrer in einem lokrischen
Städtchen:

Den Unterricht erteilten diese Grammatiker und Rhetoren teils wie die meisten
Philosophen in eignen, oft sehr vornehmen und mit Büchern, Statuen, Karten
und Globen wohl aufgeschmückten Hörsülen, und zwar in Früh- und Nach¬
mittagskursen, teils schon seit Platos Zeit in den Museen, d. h. in den für
den musischen Unterricht bestimmten Räumen der Gymnasien, hier aber unter
Aufsicht des Gymnasiarchen, der ihren Vortrag kontrollirte und, wenn dieser
le Moral der jungen Hörerschaft zu schädigen drohte, ihnen das Wort ent¬
zog, sa sogar zur Geißel greifen durfte. Als Schulen im modernen Sinne
urfen diese griechischen Gymnasien aber nicht angesehen werden. Zwar waren
ste teilweise, wie die ätherische Akademie, mit Staatsmitteln gegründet, oder
es waren Stiftungen reicher Privatleute; aber erstens dienten sie in der ältern


Anabenerziehung und Rnabenunterricht im alten Hellas

haberei, Zanksucht, Zornmütigkeit, Kindcrquälerei und ganz besonders wegen
ihrer Pedanterie in der Hvmererklärung durchgehechelt. Eins dieser Epi¬
gramme lautet z. B.:

Und wie in einem bekannten Studentenliede eine gewisse Art des Homer¬
unterrichts parodirt wird: Der Professor erklärt uns die Epexeges', — das
Hendiadyoin, die Apvsiopes'. — das Hysteronprvteron gar vollends, — proAnte-
eedente das Consequens, — das Zeugma, Homoioteleutikon, — das Anakoluth
und die Attraktion u. s. w., so fordert ein andres Epigramm die Jünger
Aristarchs auf, aus Hellas zu fliehn, sie. die Wiukelsummer, die Liebhaber
einsilbiger Wörtchen, die nur für und c?f/>ni/t>, für v/p und für ^to, sonst
aber für nichts Interesse hätten. Daß es aber auch damals tüchtige, ihres
Berufs verstündig waltende und segensreich wirkende Jugendlehrer gegeben
hat, zeigt ein Grabepigramm anf einen städtischen Lehrer in einem lokrischen
Städtchen:

Den Unterricht erteilten diese Grammatiker und Rhetoren teils wie die meisten
Philosophen in eignen, oft sehr vornehmen und mit Büchern, Statuen, Karten
und Globen wohl aufgeschmückten Hörsülen, und zwar in Früh- und Nach¬
mittagskursen, teils schon seit Platos Zeit in den Museen, d. h. in den für
den musischen Unterricht bestimmten Räumen der Gymnasien, hier aber unter
Aufsicht des Gymnasiarchen, der ihren Vortrag kontrollirte und, wenn dieser
le Moral der jungen Hörerschaft zu schädigen drohte, ihnen das Wort ent¬
zog, sa sogar zur Geißel greifen durfte. Als Schulen im modernen Sinne
urfen diese griechischen Gymnasien aber nicht angesehen werden. Zwar waren
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es waren Stiftungen reicher Privatleute; aber erstens dienten sie in der ältern


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[0419] Anabenerziehung und Rnabenunterricht im alten Hellas haberei, Zanksucht, Zornmütigkeit, Kindcrquälerei und ganz besonders wegen ihrer Pedanterie in der Hvmererklärung durchgehechelt. Eins dieser Epi¬ gramme lautet z. B.: Und wie in einem bekannten Studentenliede eine gewisse Art des Homer¬ unterrichts parodirt wird: Der Professor erklärt uns die Epexeges', — das Hendiadyoin, die Apvsiopes'. — das Hysteronprvteron gar vollends, — proAnte- eedente das Consequens, — das Zeugma, Homoioteleutikon, — das Anakoluth und die Attraktion u. s. w., so fordert ein andres Epigramm die Jünger Aristarchs auf, aus Hellas zu fliehn, sie. die Wiukelsummer, die Liebhaber einsilbiger Wörtchen, die nur für und c?f/>ni/t>, für v/p und für ^to, sonst aber für nichts Interesse hätten. Daß es aber auch damals tüchtige, ihres Berufs verstündig waltende und segensreich wirkende Jugendlehrer gegeben hat, zeigt ein Grabepigramm anf einen städtischen Lehrer in einem lokrischen Städtchen: Den Unterricht erteilten diese Grammatiker und Rhetoren teils wie die meisten Philosophen in eignen, oft sehr vornehmen und mit Büchern, Statuen, Karten und Globen wohl aufgeschmückten Hörsülen, und zwar in Früh- und Nach¬ mittagskursen, teils schon seit Platos Zeit in den Museen, d. h. in den für den musischen Unterricht bestimmten Räumen der Gymnasien, hier aber unter Aufsicht des Gymnasiarchen, der ihren Vortrag kontrollirte und, wenn dieser le Moral der jungen Hörerschaft zu schädigen drohte, ihnen das Wort ent¬ zog, sa sogar zur Geißel greifen durfte. Als Schulen im modernen Sinne urfen diese griechischen Gymnasien aber nicht angesehen werden. Zwar waren ste teilweise, wie die ätherische Akademie, mit Staatsmitteln gegründet, oder es waren Stiftungen reicher Privatleute; aber erstens dienten sie in der ältern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/419>, abgerufen am 25.08.2024.