Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik mit einander und scheinen unvereinbar wie einst in Nordamerika die der Karo¬ In der Arbeiterfrage des zuckerrohrbauenden Queensland sehen wir bereits Queensland ist eine der jüngsten tropischen Kolonien, ist aber in das Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik mit einander und scheinen unvereinbar wie einst in Nordamerika die der Karo¬ In der Arbeiterfrage des zuckerrohrbauenden Queensland sehen wir bereits Queensland ist eine der jüngsten tropischen Kolonien, ist aber in das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0317" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/219993"/> <fw type="header" place="top"> Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik</fw><lb/> <p xml:id="ID_1136" prev="#ID_1135"> mit einander und scheinen unvereinbar wie einst in Nordamerika die der Karo¬<lb/> linas und Neuenglands. Der Norden entwickelt sich ungemein rasch zu einem<lb/> großen Gebiet tropischer Kulturen, während der Süden dem nördlichen Neusüd¬<lb/> wales gleicht. Der Norden braucht ein andres Arbeitssystem als der Süden,<lb/> und hier liegt, wieder ganz wie zwischen den Sklavenstaaten und den Staaten<lb/> freier Arbeit in Nordamerika, der Grund des Auseincmderstrebens. Der Fall ist<lb/> ungemein lehrreich und insofern von mehr als örtlicher Bedeutung, als Hauptför¬<lb/> derungen von Nvrdqueensland, wie die auf Einfuhr farbiger Arbeiter und Auf¬<lb/> hebung der Schutzzölle auf Jndustrieerzeugnisfe, die natürlichen Forderungen von<lb/> ganz Nordaustralien sein werden. Ein Fürsprecher der Sonderung sagte ganz<lb/> triftig: Gegen den Wendekreis des Steinbocks hilft kein Argument und kein Gesetz.<lb/> Da die Wünsche des Nordens ohne eine Mehrheit in beiden Hünsern des<lb/> Parlaments für die Trennung nicht befriedigt werden können, so hoffte der<lb/> Norden auf das Eingreifen des Mutterlandes, das allein die Möglichkeit einer<lb/> gewaltsamen Losreißung beseitigen kann. Für alle, die die Trennung anstreben,<lb/> erscheint also zunächst die Föderation uicht als wünschenswert, und diese queens-<lb/> lündischen Schwierigkeiten haben überhaupt dazu beigetragen, die Stellung eines<lb/> LomnwmvöMll ok ^ustraliiz, zu derartigen Fragen etwas gründlicher zu<lb/> erwägen. Auch daher kam eine gewisse Abkühlung in der Besprechung des<lb/> großen Plans.</p><lb/> <p xml:id="ID_1137"> In der Arbeiterfrage des zuckerrohrbauenden Queensland sehen wir bereits<lb/> die sozialen Schwierigkeiten, von denen oben gesprochen wurde. Mit ihnen ist<lb/> das ganze wirtschaftliche Leben Australiens so eng verflochten, daß man sich<lb/> immer wieder an die Stirn greift und fragt: Ist dies das Neuland, wo erst<lb/> seit hundert Jahren Europa kolonisirt, und wo der Raum gegeben zu sein<lb/> schien für eine gesundere gesellschaftliche Entwicklung als in der Heimat?</p><lb/> <p xml:id="ID_1138" next="#ID_1139"> Queensland ist eine der jüngsten tropischen Kolonien, ist aber in das<lb/> Grund- und Erbübel aller schon tief und, wie es scheint, rettungslos hinein¬<lb/> geraten, in die Verquickung von Arbeiter- und Rasfenfragen. Chinesen und<lb/> Kameelen, d. h. Eingeborne von den Inseln des mittlern Stillen Ozeans, müssen<lb/> die Arbeit übernehmen, die die Weißen nicht ertragen, vor allem die höchst<lb/> ungesunde und mühsame Lichtung des tropischen Dickichts. Für uns Fern¬<lb/> stehende ist es ganz interessant, die Anstrengungen zu beobachten, die dort ge¬<lb/> macht werden, um die Schwierigkeiten zu bewältigen, die früher viel einfacher<lb/> und besonders auch billiger durch die Sklaverei ihre Erledigung fanden. Der<lb/> Mensch gelber oder brauner Farbe ist allerdings bei dieser Arbeit gerade so<lb/> zur Maschine geworden wie einst der schwarze Sklave, und mit seiner Freiheit<lb/> sieht es sehr windig aus. Man sehe nur, wie die Chinesen benutzt werden:<lb/> Landbesitz dürfen sie nicht erwerben, also wird ihnen Dickichtland (Lorud luna)<lb/> für eine Reihe von Jahren für die Verpflichtung der Rodung vermietet; sie<lb/> bauen darauf Früchte, mit denen sie einen schwunghaften Handel nach Süden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0317]
Zur Kenntnis der englischen Weltpolitik
mit einander und scheinen unvereinbar wie einst in Nordamerika die der Karo¬
linas und Neuenglands. Der Norden entwickelt sich ungemein rasch zu einem
großen Gebiet tropischer Kulturen, während der Süden dem nördlichen Neusüd¬
wales gleicht. Der Norden braucht ein andres Arbeitssystem als der Süden,
und hier liegt, wieder ganz wie zwischen den Sklavenstaaten und den Staaten
freier Arbeit in Nordamerika, der Grund des Auseincmderstrebens. Der Fall ist
ungemein lehrreich und insofern von mehr als örtlicher Bedeutung, als Hauptför¬
derungen von Nvrdqueensland, wie die auf Einfuhr farbiger Arbeiter und Auf¬
hebung der Schutzzölle auf Jndustrieerzeugnisfe, die natürlichen Forderungen von
ganz Nordaustralien sein werden. Ein Fürsprecher der Sonderung sagte ganz
triftig: Gegen den Wendekreis des Steinbocks hilft kein Argument und kein Gesetz.
Da die Wünsche des Nordens ohne eine Mehrheit in beiden Hünsern des
Parlaments für die Trennung nicht befriedigt werden können, so hoffte der
Norden auf das Eingreifen des Mutterlandes, das allein die Möglichkeit einer
gewaltsamen Losreißung beseitigen kann. Für alle, die die Trennung anstreben,
erscheint also zunächst die Föderation uicht als wünschenswert, und diese queens-
lündischen Schwierigkeiten haben überhaupt dazu beigetragen, die Stellung eines
LomnwmvöMll ok ^ustraliiz, zu derartigen Fragen etwas gründlicher zu
erwägen. Auch daher kam eine gewisse Abkühlung in der Besprechung des
großen Plans.
In der Arbeiterfrage des zuckerrohrbauenden Queensland sehen wir bereits
die sozialen Schwierigkeiten, von denen oben gesprochen wurde. Mit ihnen ist
das ganze wirtschaftliche Leben Australiens so eng verflochten, daß man sich
immer wieder an die Stirn greift und fragt: Ist dies das Neuland, wo erst
seit hundert Jahren Europa kolonisirt, und wo der Raum gegeben zu sein
schien für eine gesundere gesellschaftliche Entwicklung als in der Heimat?
Queensland ist eine der jüngsten tropischen Kolonien, ist aber in das
Grund- und Erbübel aller schon tief und, wie es scheint, rettungslos hinein¬
geraten, in die Verquickung von Arbeiter- und Rasfenfragen. Chinesen und
Kameelen, d. h. Eingeborne von den Inseln des mittlern Stillen Ozeans, müssen
die Arbeit übernehmen, die die Weißen nicht ertragen, vor allem die höchst
ungesunde und mühsame Lichtung des tropischen Dickichts. Für uns Fern¬
stehende ist es ganz interessant, die Anstrengungen zu beobachten, die dort ge¬
macht werden, um die Schwierigkeiten zu bewältigen, die früher viel einfacher
und besonders auch billiger durch die Sklaverei ihre Erledigung fanden. Der
Mensch gelber oder brauner Farbe ist allerdings bei dieser Arbeit gerade so
zur Maschine geworden wie einst der schwarze Sklave, und mit seiner Freiheit
sieht es sehr windig aus. Man sehe nur, wie die Chinesen benutzt werden:
Landbesitz dürfen sie nicht erwerben, also wird ihnen Dickichtland (Lorud luna)
für eine Reihe von Jahren für die Verpflichtung der Rodung vermietet; sie
bauen darauf Früchte, mit denen sie einen schwunghaften Handel nach Süden
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