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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr.

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Der erste Beste
<Z)tlo Verdeck Erzählung von
1

le kommen, sie kommen! sagte Janhagel vor der Kirchthür. Man
schob sich, drängte sich ein bischen; die kleine Nähterin stellte
sich auf die Fußspitzen
.
Ah! hübsch -- fein -- Aber man eenfach. Die neulich war viel elejanter.
Na, laß doch, man kann ja nischt sehen!

Jeschuppst wird hier nich, weeßte!

Der Bräutjam sieht nett aus.

Stecht dir woll in de Oogen, was?

Nu helft er se rin im Wagen -- klapp! Kutschenschlag zu.

, Da fahren se hin -- du lieber Jott!

Biste jerihrt, Justken? Na weene man nich, in Ofen stehn Kleeße.

Aber de Braut hat jar nich jeweent.

Na muß se denn mit Jewalt? Alle haben se nich so'n weechet Herze,
wie du.

Der Bräutjam is forsch. Sie is man kleen und behende.

Aber niedlich. Bloß so ernsthaft. Wenn se nich weent, kann se denn
nich wenigstens en bisken verjniegt aussehen?

Paßt uf, nu kommt de Brautmutter! --

Fritz Heilborn beugte sich vor, um seiner jungen Frau in die Augen zu
sehen.

Na, mein Herzblatt, sagte er und nahm zärtlich ihre Hand, nnn sieh mich
mal an, ja?

Zögernd wandte ihm Margarete ihr blasses Gesicht zu und nickte ver¬
legen freundlich. Als er sich aber näher zu ihr beugte, entzog sie ihm schnell
ihre Hand.

Nicht! alle Leute sehen uns in den Wagen herein!

Laß sie doch. Schatz! Das thun wir auch, wenn uns eine Hochzeits¬
kutsche begegnet. Und obendrein bist du doch eine sehr niedliche kleine Braut.
Aber hab nur keine Angst; einen Kuß geb ich dir jetzt nicht. -- Er lehnte
sich zurück. Gottlob! seufzte er lächelnd, eine Station wäre überwunden.
Nun noch die solenne Abfütterung, und dann heidi! Sag mal, bist du denn
immer noch nicht neugierig, wo die Reise hingehen wird?




Der erste Beste
<Z)tlo Verdeck Erzählung von
1

le kommen, sie kommen! sagte Janhagel vor der Kirchthür. Man
schob sich, drängte sich ein bischen; die kleine Nähterin stellte
sich auf die Fußspitzen
.
Ah! hübsch — fein — Aber man eenfach. Die neulich war viel elejanter.
Na, laß doch, man kann ja nischt sehen!

Jeschuppst wird hier nich, weeßte!

Der Bräutjam sieht nett aus.

Stecht dir woll in de Oogen, was?

Nu helft er se rin im Wagen — klapp! Kutschenschlag zu.

, Da fahren se hin — du lieber Jott!

Biste jerihrt, Justken? Na weene man nich, in Ofen stehn Kleeße.

Aber de Braut hat jar nich jeweent.

Na muß se denn mit Jewalt? Alle haben se nich so'n weechet Herze,
wie du.

Der Bräutjam is forsch. Sie is man kleen und behende.

Aber niedlich. Bloß so ernsthaft. Wenn se nich weent, kann se denn
nich wenigstens en bisken verjniegt aussehen?

Paßt uf, nu kommt de Brautmutter! —

Fritz Heilborn beugte sich vor, um seiner jungen Frau in die Augen zu
sehen.

Na, mein Herzblatt, sagte er und nahm zärtlich ihre Hand, nnn sieh mich
mal an, ja?

Zögernd wandte ihm Margarete ihr blasses Gesicht zu und nickte ver¬
legen freundlich. Als er sich aber näher zu ihr beugte, entzog sie ihm schnell
ihre Hand.

Nicht! alle Leute sehen uns in den Wagen herein!

Laß sie doch. Schatz! Das thun wir auch, wenn uns eine Hochzeits¬
kutsche begegnet. Und obendrein bist du doch eine sehr niedliche kleine Braut.
Aber hab nur keine Angst; einen Kuß geb ich dir jetzt nicht. — Er lehnte
sich zurück. Gottlob! seufzte er lächelnd, eine Station wäre überwunden.
Nun noch die solenne Abfütterung, und dann heidi! Sag mal, bist du denn
immer noch nicht neugierig, wo die Reise hingehen wird?


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[0294] [Abbildung] Der erste Beste <Z)tlo Verdeck Erzählung von 1 le kommen, sie kommen! sagte Janhagel vor der Kirchthür. Man schob sich, drängte sich ein bischen; die kleine Nähterin stellte sich auf die Fußspitzen . Ah! hübsch — fein — Aber man eenfach. Die neulich war viel elejanter. Na, laß doch, man kann ja nischt sehen! Jeschuppst wird hier nich, weeßte! Der Bräutjam sieht nett aus. Stecht dir woll in de Oogen, was? Nu helft er se rin im Wagen — klapp! Kutschenschlag zu. , Da fahren se hin — du lieber Jott! Biste jerihrt, Justken? Na weene man nich, in Ofen stehn Kleeße. Aber de Braut hat jar nich jeweent. Na muß se denn mit Jewalt? Alle haben se nich so'n weechet Herze, wie du. Der Bräutjam is forsch. Sie is man kleen und behende. Aber niedlich. Bloß so ernsthaft. Wenn se nich weent, kann se denn nich wenigstens en bisken verjniegt aussehen? Paßt uf, nu kommt de Brautmutter! — Fritz Heilborn beugte sich vor, um seiner jungen Frau in die Augen zu sehen. Na, mein Herzblatt, sagte er und nahm zärtlich ihre Hand, nnn sieh mich mal an, ja? Zögernd wandte ihm Margarete ihr blasses Gesicht zu und nickte ver¬ legen freundlich. Als er sich aber näher zu ihr beugte, entzog sie ihm schnell ihre Hand. Nicht! alle Leute sehen uns in den Wagen herein! Laß sie doch. Schatz! Das thun wir auch, wenn uns eine Hochzeits¬ kutsche begegnet. Und obendrein bist du doch eine sehr niedliche kleine Braut. Aber hab nur keine Angst; einen Kuß geb ich dir jetzt nicht. — Er lehnte sich zurück. Gottlob! seufzte er lächelnd, eine Station wäre überwunden. Nun noch die solenne Abfütterung, und dann heidi! Sag mal, bist du denn immer noch nicht neugierig, wo die Reise hingehen wird?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219675/294>, abgerufen am 25.08.2024.