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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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Französische Marinelitteratur

Handelsdampfer für den Kaperkrieg bewaffnet werden, wie die Handelsflotte
überhaupt hat. Zur Vermehrung der schnellen Dampfer regt er an, die Staats¬
unterstützung nur noch als Prämie für die Schnelligkeit der Postdampfer zu
zahlen. Diesen Vorschlag hat die französische Regierung vor kurzem in dem
Gesetzentwurf über den PostVertrag mit der Dampfergesellschaft Nos-zaMriss
NMltiinöL berücksichtigt. Die Handelsdampfer sollen^ dem Admiral auch zur
Truppenbefördernng dienen. Im Kriege gegen Deutschland könnte nach seiner
Ansicht eine Landung französischer Truppen in Dänemark auf den Krieg von
großem Einfluß sein, namentlich wenn Dänemark mit Deutschlands Gegnern
verbündet wäre. Der Admiral sieht schon im Geiste die deutschen Küsten von
den verbündeten Panzergeschwadern Frankreichs, Dänemarks und Rußlands
beunruhigt und von den Kreuzern blockirt, denen die Geschwader als Stütz¬
punkte dienen.

In einem Kriege Frankreichs mit Deutschland hält es Mveillöre für sehr
wichtig, den deutschen Seehandel lahm zu legen. "Im Kreuzerkriege zwischen
Deutschen und Franzosen hätten wir den Vorteil, fast überall Stützpunkte
zu haben. Dakar (beim Kap Verde) und Martinique (die Perle der kleinen An¬
tillen) würden in einem solchen Kriege als strategische Punkte unschätzbaren
Wert haben. Zwischen diesen Punkten Deutschland jede Verbindung mit dem
südatlantischen Ozean und also auch mit dem Stillen und Indischen Ozean
abzusperren, wäre sehr leicht. Man beginnt einzusehen, wie wichtig, ja viel¬
leicht entscheidend die Rolle der Kriegsflotte gegen den Dreibund sein würde,
sei es durch Beunruhigung Italiens auf seinen Inseln und an seinen Küsten,
sei es in der Ostsee, um Deutschland zu zwingen, aus Furcht vor einer Lan¬
dung ein Heer an seinen Küsten aufzustellen, oder um ihm durch eine strenge
Blockirung jede Verbindung mit dem Auslande abzuschneiden; dieses doppelte
Ziel ist mit der wahrscheinlichen Unterstützung durch Dänemark und Nußland
keineswegs unerreichbar. Seit dem Abschlüsse des Dreibunds und des fran¬
zösisch-russischen Einvernehmens (öillsnw) ist die Kriegsflotte eine wichtigere
Waffe geworden als je zuvor, und das besonders aus zwei Gründen: der Krieg
gegen Italien muß und wird hauptsächlich zur See geführt werden; im Bunde
mit Rußland, besonders wenn Dänemark dem Bunde beitreten würde, wird
die Flotte in der Ostsee einen den Krieg vielleicht entscheidenden Flankenangriff
machen. Und schließlich, je mehr wir auf dem Meere zu fürchten sind, um
so mehr können wir darauf rechnen, daß England neutral bleibt."

Diese Darstellung des französischen Admirals läßt zugleich die schwere
Aufgabe erkennen, die der deutschen Flotte in einem Kriege gegen Frankreich
und Rußland zufallen würde. Mit dem Heere allein, und wenn es noch so
stark ist, könnte die Landung französischer Truppen in Dänemark nicht ver¬
hindert werden, vielleicht nicht einmal an allen Teilen der deutschen Küste;
mit dem Heere kann der Seeweg, auf dem Zufuhr aller Art ins Land ge-


Französische Marinelitteratur

Handelsdampfer für den Kaperkrieg bewaffnet werden, wie die Handelsflotte
überhaupt hat. Zur Vermehrung der schnellen Dampfer regt er an, die Staats¬
unterstützung nur noch als Prämie für die Schnelligkeit der Postdampfer zu
zahlen. Diesen Vorschlag hat die französische Regierung vor kurzem in dem
Gesetzentwurf über den PostVertrag mit der Dampfergesellschaft Nos-zaMriss
NMltiinöL berücksichtigt. Die Handelsdampfer sollen^ dem Admiral auch zur
Truppenbefördernng dienen. Im Kriege gegen Deutschland könnte nach seiner
Ansicht eine Landung französischer Truppen in Dänemark auf den Krieg von
großem Einfluß sein, namentlich wenn Dänemark mit Deutschlands Gegnern
verbündet wäre. Der Admiral sieht schon im Geiste die deutschen Küsten von
den verbündeten Panzergeschwadern Frankreichs, Dänemarks und Rußlands
beunruhigt und von den Kreuzern blockirt, denen die Geschwader als Stütz¬
punkte dienen.

In einem Kriege Frankreichs mit Deutschland hält es Mveillöre für sehr
wichtig, den deutschen Seehandel lahm zu legen. „Im Kreuzerkriege zwischen
Deutschen und Franzosen hätten wir den Vorteil, fast überall Stützpunkte
zu haben. Dakar (beim Kap Verde) und Martinique (die Perle der kleinen An¬
tillen) würden in einem solchen Kriege als strategische Punkte unschätzbaren
Wert haben. Zwischen diesen Punkten Deutschland jede Verbindung mit dem
südatlantischen Ozean und also auch mit dem Stillen und Indischen Ozean
abzusperren, wäre sehr leicht. Man beginnt einzusehen, wie wichtig, ja viel¬
leicht entscheidend die Rolle der Kriegsflotte gegen den Dreibund sein würde,
sei es durch Beunruhigung Italiens auf seinen Inseln und an seinen Küsten,
sei es in der Ostsee, um Deutschland zu zwingen, aus Furcht vor einer Lan¬
dung ein Heer an seinen Küsten aufzustellen, oder um ihm durch eine strenge
Blockirung jede Verbindung mit dem Auslande abzuschneiden; dieses doppelte
Ziel ist mit der wahrscheinlichen Unterstützung durch Dänemark und Nußland
keineswegs unerreichbar. Seit dem Abschlüsse des Dreibunds und des fran¬
zösisch-russischen Einvernehmens (öillsnw) ist die Kriegsflotte eine wichtigere
Waffe geworden als je zuvor, und das besonders aus zwei Gründen: der Krieg
gegen Italien muß und wird hauptsächlich zur See geführt werden; im Bunde
mit Rußland, besonders wenn Dänemark dem Bunde beitreten würde, wird
die Flotte in der Ostsee einen den Krieg vielleicht entscheidenden Flankenangriff
machen. Und schließlich, je mehr wir auf dem Meere zu fürchten sind, um
so mehr können wir darauf rechnen, daß England neutral bleibt."

Diese Darstellung des französischen Admirals läßt zugleich die schwere
Aufgabe erkennen, die der deutschen Flotte in einem Kriege gegen Frankreich
und Rußland zufallen würde. Mit dem Heere allein, und wenn es noch so
stark ist, könnte die Landung französischer Truppen in Dänemark nicht ver¬
hindert werden, vielleicht nicht einmal an allen Teilen der deutschen Küste;
mit dem Heere kann der Seeweg, auf dem Zufuhr aller Art ins Land ge-


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[0457] Französische Marinelitteratur Handelsdampfer für den Kaperkrieg bewaffnet werden, wie die Handelsflotte überhaupt hat. Zur Vermehrung der schnellen Dampfer regt er an, die Staats¬ unterstützung nur noch als Prämie für die Schnelligkeit der Postdampfer zu zahlen. Diesen Vorschlag hat die französische Regierung vor kurzem in dem Gesetzentwurf über den PostVertrag mit der Dampfergesellschaft Nos-zaMriss NMltiinöL berücksichtigt. Die Handelsdampfer sollen^ dem Admiral auch zur Truppenbefördernng dienen. Im Kriege gegen Deutschland könnte nach seiner Ansicht eine Landung französischer Truppen in Dänemark auf den Krieg von großem Einfluß sein, namentlich wenn Dänemark mit Deutschlands Gegnern verbündet wäre. Der Admiral sieht schon im Geiste die deutschen Küsten von den verbündeten Panzergeschwadern Frankreichs, Dänemarks und Rußlands beunruhigt und von den Kreuzern blockirt, denen die Geschwader als Stütz¬ punkte dienen. In einem Kriege Frankreichs mit Deutschland hält es Mveillöre für sehr wichtig, den deutschen Seehandel lahm zu legen. „Im Kreuzerkriege zwischen Deutschen und Franzosen hätten wir den Vorteil, fast überall Stützpunkte zu haben. Dakar (beim Kap Verde) und Martinique (die Perle der kleinen An¬ tillen) würden in einem solchen Kriege als strategische Punkte unschätzbaren Wert haben. Zwischen diesen Punkten Deutschland jede Verbindung mit dem südatlantischen Ozean und also auch mit dem Stillen und Indischen Ozean abzusperren, wäre sehr leicht. Man beginnt einzusehen, wie wichtig, ja viel¬ leicht entscheidend die Rolle der Kriegsflotte gegen den Dreibund sein würde, sei es durch Beunruhigung Italiens auf seinen Inseln und an seinen Küsten, sei es in der Ostsee, um Deutschland zu zwingen, aus Furcht vor einer Lan¬ dung ein Heer an seinen Küsten aufzustellen, oder um ihm durch eine strenge Blockirung jede Verbindung mit dem Auslande abzuschneiden; dieses doppelte Ziel ist mit der wahrscheinlichen Unterstützung durch Dänemark und Nußland keineswegs unerreichbar. Seit dem Abschlüsse des Dreibunds und des fran¬ zösisch-russischen Einvernehmens (öillsnw) ist die Kriegsflotte eine wichtigere Waffe geworden als je zuvor, und das besonders aus zwei Gründen: der Krieg gegen Italien muß und wird hauptsächlich zur See geführt werden; im Bunde mit Rußland, besonders wenn Dänemark dem Bunde beitreten würde, wird die Flotte in der Ostsee einen den Krieg vielleicht entscheidenden Flankenangriff machen. Und schließlich, je mehr wir auf dem Meere zu fürchten sind, um so mehr können wir darauf rechnen, daß England neutral bleibt." Diese Darstellung des französischen Admirals läßt zugleich die schwere Aufgabe erkennen, die der deutschen Flotte in einem Kriege gegen Frankreich und Rußland zufallen würde. Mit dem Heere allein, und wenn es noch so stark ist, könnte die Landung französischer Truppen in Dänemark nicht ver¬ hindert werden, vielleicht nicht einmal an allen Teilen der deutschen Küste; mit dem Heere kann der Seeweg, auf dem Zufuhr aller Art ins Land ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/457>, abgerufen am 22.07.2024.