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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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von Handelsverträgen als geschlossenes Ganzes gegenübertreten würde. Die
daraus gerichteten Bestrebungen haben sich in der am 10. November 1884 ge¬
gründeten Iinxsrück k?säkrg.lion I^guf verkörpert, und ein Teil der Mitglieder
dieser Liga hat sich außerdem noch drei Jahre später zur Förderung des oben
bezeichneten handelspolitischen Zieles als Ilniwci I^inpirs I'i'^cle- I/saguo orga-
nisirt. Gelänge der Plan, so könnte das englische Volk, auf eine breitere,
wenn auch durch Zerstückelung und Ungleichartigkeit unsichere Grundlage ge¬
stellt, möglicherweise noch eine weitere Periode äußern Glanzes erleben. Ist
es aber, bei den schntzzöllnerischen Neigungen der Kolonien, dasür nicht schon
zu spät? fragt Fuchs in der Einleitung. Der zweite Teil des Buches, der
die Handelspolitik der Kolonien darstellt, soll diese Frage beantworten, aber
die Antwort beschränkt sich darauf, daß vorläufig noch niemand voraussehen
könne, welchen Erfolg die Bestrebungen der beiden Vereine haben werden. Und
wäre der Glanz aufrecht zu erhalten, daß dieser Glanz noch keine Volkswohl¬
fahrt ist, das wird auch in England selbst nicht mehr geleugnet. "Die heutige
Menschheit blickt weiter hinaus als die alte Freihandelsschule; man glaubt es
heute nicht mehr, daß eine durch Konkurrenz gesteigerte Warenerzeugung, bei
der ein Teil der Arbeiter ein nicht mehr lebenswertes Leben zu führen ge¬
zwungen ist, der Endzweck des Daseins sei. Mehr und mehr bricht sich die
Überzeugung Bahn, daß nicht die Aufhäufung von Reichtum, sondern die
Wohlfahrt aller das Ziel sei, wonach ein Volk zu streben habe." Der das
vor zwei Jahren gesagt hat, war Sir A. Rollit, der Vorsitzende des Aus¬
schusses der Londoner Handelskammer. So wäre also der Vertreter der
Handelskammer der englischen Weltstadt auf dem Standpunkte angelangt, den
die Christlichsozialen und den auch die Grenzboten einnehmen. Wie viel
Jahrzehnte werden unsre deutschen Handelskammerprüsidenten noch brauchen,
um nachzuhinken?

Die Frage, ob es nicht zu spät sei, wirft Fuchs am Schluß noch einmal
ans mit Beziehung auf schutzzöllnerische Bestrebungen, die auch nach seiner
Ansicht geeignet sein sollen, dem englischen Volke seine natürliche Grundlage
zurückzugeben und seinen Ackerbau wiederherzustellen. Wir unsrerseits glauben,
daß dieses Ziel, wenn überhaupt noch erreichbar, uicht auf dem Wege der
Handelspolitik, sondern nur auf dem einer Bodenbesitzreform zu erreichen wäre,
womit wir aber nicht etwa die von Henry George vorgeschlagne, sonder" nur
die Zerstücklung der englischen Latifundien meinen.

Seitdem Fuchs sein Buch vollendet hat, haben die Anzeichen des Rück¬
ganges nicht allein angehalten, sondern sich noch verstärkt. Während un¬
mittelbar nach dem Varingkrach, bemerkt der Vörsenkorrespondent der Lkckurcllry
livvisv in der Nummer vom 2. September, zunächst nur der Auslaudshcmdel
anfing stetig zurückzugehen, zeigt jetzt auch der Jnlandshandel eine auffällige
Abnahme. Dazu sei der Einnahmeaussall der Eisenbahnen so auffällig, daß


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von Handelsverträgen als geschlossenes Ganzes gegenübertreten würde. Die
daraus gerichteten Bestrebungen haben sich in der am 10. November 1884 ge¬
gründeten Iinxsrück k?säkrg.lion I^guf verkörpert, und ein Teil der Mitglieder
dieser Liga hat sich außerdem noch drei Jahre später zur Förderung des oben
bezeichneten handelspolitischen Zieles als Ilniwci I^inpirs I'i'^cle- I/saguo orga-
nisirt. Gelänge der Plan, so könnte das englische Volk, auf eine breitere,
wenn auch durch Zerstückelung und Ungleichartigkeit unsichere Grundlage ge¬
stellt, möglicherweise noch eine weitere Periode äußern Glanzes erleben. Ist
es aber, bei den schntzzöllnerischen Neigungen der Kolonien, dasür nicht schon
zu spät? fragt Fuchs in der Einleitung. Der zweite Teil des Buches, der
die Handelspolitik der Kolonien darstellt, soll diese Frage beantworten, aber
die Antwort beschränkt sich darauf, daß vorläufig noch niemand voraussehen
könne, welchen Erfolg die Bestrebungen der beiden Vereine haben werden. Und
wäre der Glanz aufrecht zu erhalten, daß dieser Glanz noch keine Volkswohl¬
fahrt ist, das wird auch in England selbst nicht mehr geleugnet. „Die heutige
Menschheit blickt weiter hinaus als die alte Freihandelsschule; man glaubt es
heute nicht mehr, daß eine durch Konkurrenz gesteigerte Warenerzeugung, bei
der ein Teil der Arbeiter ein nicht mehr lebenswertes Leben zu führen ge¬
zwungen ist, der Endzweck des Daseins sei. Mehr und mehr bricht sich die
Überzeugung Bahn, daß nicht die Aufhäufung von Reichtum, sondern die
Wohlfahrt aller das Ziel sei, wonach ein Volk zu streben habe." Der das
vor zwei Jahren gesagt hat, war Sir A. Rollit, der Vorsitzende des Aus¬
schusses der Londoner Handelskammer. So wäre also der Vertreter der
Handelskammer der englischen Weltstadt auf dem Standpunkte angelangt, den
die Christlichsozialen und den auch die Grenzboten einnehmen. Wie viel
Jahrzehnte werden unsre deutschen Handelskammerprüsidenten noch brauchen,
um nachzuhinken?

Die Frage, ob es nicht zu spät sei, wirft Fuchs am Schluß noch einmal
ans mit Beziehung auf schutzzöllnerische Bestrebungen, die auch nach seiner
Ansicht geeignet sein sollen, dem englischen Volke seine natürliche Grundlage
zurückzugeben und seinen Ackerbau wiederherzustellen. Wir unsrerseits glauben,
daß dieses Ziel, wenn überhaupt noch erreichbar, uicht auf dem Wege der
Handelspolitik, sondern nur auf dem einer Bodenbesitzreform zu erreichen wäre,
womit wir aber nicht etwa die von Henry George vorgeschlagne, sonder» nur
die Zerstücklung der englischen Latifundien meinen.

Seitdem Fuchs sein Buch vollendet hat, haben die Anzeichen des Rück¬
ganges nicht allein angehalten, sondern sich noch verstärkt. Während un¬
mittelbar nach dem Varingkrach, bemerkt der Vörsenkorrespondent der Lkckurcllry
livvisv in der Nummer vom 2. September, zunächst nur der Auslaudshcmdel
anfing stetig zurückzugehen, zeigt jetzt auch der Jnlandshandel eine auffällige
Abnahme. Dazu sei der Einnahmeaussall der Eisenbahnen so auffällig, daß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/61>, abgerufen am 22.07.2024.