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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Der Gendarm war ein gutmütiger Mann und konnte einen Spaß vertragen,
wenn nicht zuviel Volk in der Nähe war, Ra ja! rief er lachend, aber Nur wallen
nun doch mal aus der Oper wieder inS gewöhnliche Menschenleben hinabsteigen.
Zeigt mir mal eure Papiere, ES hallte mir leid thun, wenn sie nicht ebenso klar
wären, wie eure Stimmt", sonst Hütte der Scherz ein Ende.

Det war vernünftig gesprochen, Herr Wachtmeister, ließ sich nun die Stimme
des Märkers vernehmen, der immer bereit war, "eine große Lippe zu riskiren."
Passen Sie nur immer ans Ihr Handwerk. Det würde mir sogar sehr freuen,
wenn Sie det Knopfloch an meinem Überzieher, den ick vor sieben Jahr in Leipzig
auf die Leine getragen habe, steckbrieflich verfolgten. Det ist mir schon vor sieben
Jahren ausgerissen, und ick habe es heute noch nich wiedergekriegt. Ja, so is et.

Nicht vorwitzig! warnte der Gendarm. Den Mund halte", Mann, bis man
gefragt wird.

Na, det Ding is "ich schlecht. Is nur so wat schon in meinem Leben vor¬
gekommen? Wat! Ick soll de" Mund halten, wenn ick mit Ihnen sprechen thu?
Wie meinste, Peter, darf ick mir nich einmal mehr verantworten?

Gewiß, min Jung, nntwortele der Bassist bedächtig. Dat warst du ol wohl
ünuner noch dürfen.

Na, det Ding is nich schlecht, eiferte der Schelm noch immer, Det muß ick
doch einmal meiner Frau erzählen.

Du willst schou verheiratet sein? rief der Gendarm gut gekannt.

Na ob, Herr Wachtmeister. Det versteht sich. Wat meine Frau is, die giebt
allens für mich hin, und wenn sie soll ans Stroh schlafen und sich mit die Stuben-
thiir zudecken, det is ihr egal.

^ Der Herr Wachtmeister räusperte sich, hielt es aber dann doch für nötig, dem
Bursche" eine" scharfe" Blick zuzuwerfen und sein Gesicht in strenge Dienstfalteu
M legen, während er die Papiere der Leute prüfte. Dein Papier ist übrigens
nicht se, H.luz in der Ordnung, mein Junge, bemerkte er.

Det wundert mir "ich, antwortete der Tenorist. Ick bin ein armer Waisen¬
knabe und habe nie meine richtige Ordnung gekriegt. Meine Mutter ist schon als
kleiner Junge vou fünf Jahre" gestorben, det heißt, ick war damals fünf Jahr
"le, sie "ich.

Es ist gut, alter Freund, versetzte der Beamte, indem er die Papiere zurück¬
gab. Da hilft du deine Flebbe. .Kauf dir einen Gnmmimantel drum, daß sie dir
"U'de auch ausreißt, wie dein Knopfloch in Leipzig. Mahlzeit!

Die Musikanten sprangen ans, schwenkte" die Hüte ""d sauge" hinter ih", der-

Nein "ein, rief der Gendarm lachend zurück "ud gab seinem Pferde die
sparen. Die Flüchtlinge hatte er nicht bemerkt, und die Reise konnte nach einer
Gren


zboten IV 1893 W

Der Gendarm war ein gutmütiger Mann und konnte einen Spaß vertragen,
wenn nicht zuviel Volk in der Nähe war, Ra ja! rief er lachend, aber Nur wallen
nun doch mal aus der Oper wieder inS gewöhnliche Menschenleben hinabsteigen.
Zeigt mir mal eure Papiere, ES hallte mir leid thun, wenn sie nicht ebenso klar
wären, wie eure Stimmt», sonst Hütte der Scherz ein Ende.

Det war vernünftig gesprochen, Herr Wachtmeister, ließ sich nun die Stimme
des Märkers vernehmen, der immer bereit war, „eine große Lippe zu riskiren."
Passen Sie nur immer ans Ihr Handwerk. Det würde mir sogar sehr freuen,
wenn Sie det Knopfloch an meinem Überzieher, den ick vor sieben Jahr in Leipzig
auf die Leine getragen habe, steckbrieflich verfolgten. Det ist mir schon vor sieben
Jahren ausgerissen, und ick habe es heute noch nich wiedergekriegt. Ja, so is et.

Nicht vorwitzig! warnte der Gendarm. Den Mund halte», Mann, bis man
gefragt wird.

Na, det Ding is »ich schlecht. Is nur so wat schon in meinem Leben vor¬
gekommen? Wat! Ick soll de» Mund halten, wenn ick mit Ihnen sprechen thu?
Wie meinste, Peter, darf ick mir nich einmal mehr verantworten?

Gewiß, min Jung, nntwortele der Bassist bedächtig. Dat warst du ol wohl
ünuner noch dürfen.

Na, det Ding is nich schlecht, eiferte der Schelm noch immer, Det muß ick
doch einmal meiner Frau erzählen.

Du willst schou verheiratet sein? rief der Gendarm gut gekannt.

Na ob, Herr Wachtmeister. Det versteht sich. Wat meine Frau is, die giebt
allens für mich hin, und wenn sie soll ans Stroh schlafen und sich mit die Stuben-
thiir zudecken, det is ihr egal.

^ Der Herr Wachtmeister räusperte sich, hielt es aber dann doch für nötig, dem
Bursche» eine» scharfe» Blick zuzuwerfen und sein Gesicht in strenge Dienstfalteu
M legen, während er die Papiere der Leute prüfte. Dein Papier ist übrigens
nicht se, H.luz in der Ordnung, mein Junge, bemerkte er.

Det wundert mir »ich, antwortete der Tenorist. Ick bin ein armer Waisen¬
knabe und habe nie meine richtige Ordnung gekriegt. Meine Mutter ist schon als
kleiner Junge vou fünf Jahre» gestorben, det heißt, ick war damals fünf Jahr
"le, sie »ich.

Es ist gut, alter Freund, versetzte der Beamte, indem er die Papiere zurück¬
gab. Da hilft du deine Flebbe. .Kauf dir einen Gnmmimantel drum, daß sie dir
"U'de auch ausreißt, wie dein Knopfloch in Leipzig. Mahlzeit!

Die Musikanten sprangen ans, schwenkte» die Hüte »»d sauge» hinter ih», der-

Nein »ein, rief der Gendarm lachend zurück »ud gab seinem Pferde die
sparen. Die Flüchtlinge hatte er nicht bemerkt, und die Reise konnte nach einer
Gren


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[0545] Der Gendarm war ein gutmütiger Mann und konnte einen Spaß vertragen, wenn nicht zuviel Volk in der Nähe war, Ra ja! rief er lachend, aber Nur wallen nun doch mal aus der Oper wieder inS gewöhnliche Menschenleben hinabsteigen. Zeigt mir mal eure Papiere, ES hallte mir leid thun, wenn sie nicht ebenso klar wären, wie eure Stimmt», sonst Hütte der Scherz ein Ende. Det war vernünftig gesprochen, Herr Wachtmeister, ließ sich nun die Stimme des Märkers vernehmen, der immer bereit war, „eine große Lippe zu riskiren." Passen Sie nur immer ans Ihr Handwerk. Det würde mir sogar sehr freuen, wenn Sie det Knopfloch an meinem Überzieher, den ick vor sieben Jahr in Leipzig auf die Leine getragen habe, steckbrieflich verfolgten. Det ist mir schon vor sieben Jahren ausgerissen, und ick habe es heute noch nich wiedergekriegt. Ja, so is et. Nicht vorwitzig! warnte der Gendarm. Den Mund halte», Mann, bis man gefragt wird. Na, det Ding is »ich schlecht. Is nur so wat schon in meinem Leben vor¬ gekommen? Wat! Ick soll de» Mund halten, wenn ick mit Ihnen sprechen thu? Wie meinste, Peter, darf ick mir nich einmal mehr verantworten? Gewiß, min Jung, nntwortele der Bassist bedächtig. Dat warst du ol wohl ünuner noch dürfen. Na, det Ding is nich schlecht, eiferte der Schelm noch immer, Det muß ick doch einmal meiner Frau erzählen. Du willst schou verheiratet sein? rief der Gendarm gut gekannt. Na ob, Herr Wachtmeister. Det versteht sich. Wat meine Frau is, die giebt allens für mich hin, und wenn sie soll ans Stroh schlafen und sich mit die Stuben- thiir zudecken, det is ihr egal. ^ Der Herr Wachtmeister räusperte sich, hielt es aber dann doch für nötig, dem Bursche» eine» scharfe» Blick zuzuwerfen und sein Gesicht in strenge Dienstfalteu M legen, während er die Papiere der Leute prüfte. Dein Papier ist übrigens nicht se, H.luz in der Ordnung, mein Junge, bemerkte er. Det wundert mir »ich, antwortete der Tenorist. Ick bin ein armer Waisen¬ knabe und habe nie meine richtige Ordnung gekriegt. Meine Mutter ist schon als kleiner Junge vou fünf Jahre» gestorben, det heißt, ick war damals fünf Jahr "le, sie »ich. Es ist gut, alter Freund, versetzte der Beamte, indem er die Papiere zurück¬ gab. Da hilft du deine Flebbe. .Kauf dir einen Gnmmimantel drum, daß sie dir "U'de auch ausreißt, wie dein Knopfloch in Leipzig. Mahlzeit! Die Musikanten sprangen ans, schwenkte» die Hüte »»d sauge» hinter ih», der- Nein »ein, rief der Gendarm lachend zurück »ud gab seinem Pferde die sparen. Die Flüchtlinge hatte er nicht bemerkt, und die Reise konnte nach einer Gren zboten IV 1893 W

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/545>, abgerufen am 22.07.2024.