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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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weiteres zur Steuerfrage und zur Finanzreform

stimmenden Zeitpunkte einer Stempelung unterworfen werden, wie vor Jahre"
die ausländischen Lospapiere. Werden durch diese Maßregel ausländische
Wertpapiere zweifelhafter Güte ferngehalten, so wollen wir uns dieses Er¬
folges freuen. Gelingt es den gewissenlosen Kreisen unsrer Finanzkräfte künftig
trotzdem, unsern Kapitalisten schlechte Werte aufzuhalsen, an denen das Kapital
ganz oder großenteils verloren geht, dann hat es wenigstens an einer War¬
nung und an einem kleinen Abstriche von der betrüglich verdienten Vermitt¬
lungsgebühr nicht gefehlt.

Die geriebnen Vertreter des schlechten Teils unsrer Großsinanz werden
alle Hebel in Bewegung setzen, eine solche Börsensteuer abzuwenden, namentlich
werden sie unsre Regierungsvertreter irre zu führen suchen, wenn der Reichs¬
tag eine höhere Börsensteuer beschließen sollte. Deshalb empfehlen wir dem
Reichstage dringend: daß er zunächst eine Vorlage der Reichsregierung wegen
einer wesentlichen Erhöhung der Zeitungsspeditionsgebühr und einer Änderung
des Paketportos erbitte und die Börsensteuer nach den obigen Darlegungen
festsetze, namentlich aber vor der Zustimmung der Reichsregierung zu einer
kräftigen Börsensteuer in die Beratung der andern Steuergesetze gar nicht
eintrete.

Wenn wir aber much überzeugt sind, daß die oben verlangte Erhöhung
der Portoeinnahmen unsrer PostVerwaltung und eine Verschärfung der Börsen¬
steuer nach unsern Vorschlägen weit mehr Einnahmen bieten würde, als wir
brauchen, um die Kosten unsrer Heeresverstürkung, sowie der Finanzreform in
dem von der Negierung jetzt geplanten Umfange zu decken, sodaß die von der
Reichsregiernng weiter vorgcschlagnen neuen Neichssteuern weit niedriger be¬
messen werden könnten, als man jetzt beabsichtigt, so müssen wir doch, bevor
Wein, Tabak und Bier als Reichssteuerobjekte herangezogen werden, andre
Steuern als näherliegend bezeichnen.

Zunächst könnte recht gut vom Checkverkehr in ähnlicher Weise ein Stempel
erhoben werden wie vom Wechselverkehr, zumal da der Checkverkehr vielfach
den Wechselverkehr ersetzt und die Abgabe mir leistungsfähige Bevölkerungs-
kreisc treffen würde.

Namentlich aber möchten wir die Einführung des Nvhspiritusmonopols
empfehlen, das in der "freien" Schweiz mit gutem Erfolg und zu allgemeiner
Zufriedenheit vor kurzem eingeführt worden ist. Es würde einen viel höhern
Ertrag liefern als die jetzige Branntweinsteuer, und doch könnten die Pro¬
duzenten dabei bestehen, obwohl die sogenannte Liebesgabe wegfiele, die in
Wirklichkeit den Brennern, insbesondre den Landwirten gar nicht die Vorteile
bietet, die ihr die demagogischen Hetzer unsrer revolutionären Parteien fälschlich
beimessen. Auch der Verbraucher würde seinen Spiritus und seinen Schnaps
nicht teurer kaufen. Nur der volksaussaugeude Großhandel und Zwischen¬
handel würde in seiner schwer schädigenden Thätigkeit eingeschränkt werden.


weiteres zur Steuerfrage und zur Finanzreform

stimmenden Zeitpunkte einer Stempelung unterworfen werden, wie vor Jahre»
die ausländischen Lospapiere. Werden durch diese Maßregel ausländische
Wertpapiere zweifelhafter Güte ferngehalten, so wollen wir uns dieses Er¬
folges freuen. Gelingt es den gewissenlosen Kreisen unsrer Finanzkräfte künftig
trotzdem, unsern Kapitalisten schlechte Werte aufzuhalsen, an denen das Kapital
ganz oder großenteils verloren geht, dann hat es wenigstens an einer War¬
nung und an einem kleinen Abstriche von der betrüglich verdienten Vermitt¬
lungsgebühr nicht gefehlt.

Die geriebnen Vertreter des schlechten Teils unsrer Großsinanz werden
alle Hebel in Bewegung setzen, eine solche Börsensteuer abzuwenden, namentlich
werden sie unsre Regierungsvertreter irre zu führen suchen, wenn der Reichs¬
tag eine höhere Börsensteuer beschließen sollte. Deshalb empfehlen wir dem
Reichstage dringend: daß er zunächst eine Vorlage der Reichsregierung wegen
einer wesentlichen Erhöhung der Zeitungsspeditionsgebühr und einer Änderung
des Paketportos erbitte und die Börsensteuer nach den obigen Darlegungen
festsetze, namentlich aber vor der Zustimmung der Reichsregierung zu einer
kräftigen Börsensteuer in die Beratung der andern Steuergesetze gar nicht
eintrete.

Wenn wir aber much überzeugt sind, daß die oben verlangte Erhöhung
der Portoeinnahmen unsrer PostVerwaltung und eine Verschärfung der Börsen¬
steuer nach unsern Vorschlägen weit mehr Einnahmen bieten würde, als wir
brauchen, um die Kosten unsrer Heeresverstürkung, sowie der Finanzreform in
dem von der Negierung jetzt geplanten Umfange zu decken, sodaß die von der
Reichsregiernng weiter vorgcschlagnen neuen Neichssteuern weit niedriger be¬
messen werden könnten, als man jetzt beabsichtigt, so müssen wir doch, bevor
Wein, Tabak und Bier als Reichssteuerobjekte herangezogen werden, andre
Steuern als näherliegend bezeichnen.

Zunächst könnte recht gut vom Checkverkehr in ähnlicher Weise ein Stempel
erhoben werden wie vom Wechselverkehr, zumal da der Checkverkehr vielfach
den Wechselverkehr ersetzt und die Abgabe mir leistungsfähige Bevölkerungs-
kreisc treffen würde.

Namentlich aber möchten wir die Einführung des Nvhspiritusmonopols
empfehlen, das in der „freien" Schweiz mit gutem Erfolg und zu allgemeiner
Zufriedenheit vor kurzem eingeführt worden ist. Es würde einen viel höhern
Ertrag liefern als die jetzige Branntweinsteuer, und doch könnten die Pro¬
duzenten dabei bestehen, obwohl die sogenannte Liebesgabe wegfiele, die in
Wirklichkeit den Brennern, insbesondre den Landwirten gar nicht die Vorteile
bietet, die ihr die demagogischen Hetzer unsrer revolutionären Parteien fälschlich
beimessen. Auch der Verbraucher würde seinen Spiritus und seinen Schnaps
nicht teurer kaufen. Nur der volksaussaugeude Großhandel und Zwischen¬
handel würde in seiner schwer schädigenden Thätigkeit eingeschränkt werden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/408>, abgerufen am 22.07.2024.