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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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gerechte und ergiebige Steuer einzuführen, natürlich nicht die Rede sein. Man
würde eine Steuer von 30 bis 40 Millionen Mark jährlich für unerträglich
erklären. Die Gesamtheit der Börsenmenschen würde, so lange die Steuer be¬
stünde, nicht müde werden, sie durch die ganze Presse, die zum großen Teil
in ihren Händen ist, als eine barbarische Brandschatzung zu bezeichnen, wäh¬
rend doch die von uns befürwortete Vörsenumsatzsteuer einen Jahresertrag von
80 bis 150 Millionen Mark bringen würde. In Wirklichkeit geht der Ge¬
danke und der Wunsch, daß eine Koutiugeutiruug der Börsensteuer beschlossen
werde, von den Börsenhändlern aus, die dadurch mit einer möglichst niedrigen
Steuer wegzukommen hoffen. Übrigens würde eine solche Kontingentirung
schon deshalb zu widerraten sein, weil die Technik der Veranlagung und der
Einbringung unter allen Umständen zu den schwersten Bedenken Anlaß geben
müßte.

Daß die Börsennmsatzsteuer einer ganz wesentlichen Erhöhung der jetzigen
Sätze fähig ist, geht auch daraus hervor, daß in frühern Zeiten, wo die
Bankiers viel höhere Provisionen und Maklergebühren berechneten, diese zu¬
sammen weit mehr betrugen, als künftig diese Spesen samt dem Stempel be¬
tragen würden, wenn dieser in der von uns vorgeschlagnen Höhe erhoben
würde. Auch gestehen viele ehrenwerte Bankiers und tüchtige Bankbeamte ver¬
traulich zu, daß die jetzige Börsensteuer ganz bedeutend erhöht werden könne,
ohne daß die Geschäfte irgendwie darunter leiden würden. Aber sie thun es nur
vertraulich und unter der Bedingung, daß man sich nicht auf sie berufe, denn
der Bankbeamte, der so etwas sagt, muß sofortige Entlassung fürchten, und
der Bankier, der so etwas sagt, würde von der Börse und andern Bankiers
durch strengsten Bohtott geschäftlich vernichtet werden. Aus diesem Grunde
sind auch all die Gutachten sogenannter Sachverständigen, die über die Börsen-
steuervorlage den Regierungen die traurigsten Klagelieder vorjammern, lächer¬
liche Schauspielereien. Wahrlich, die Verhältnisse liegen so klar, daß man
diese "Sachverständigen" nicht braucht!

Bei Annahme unsrer Vorschläge würden vielleicht einige der an den
Börsen üblichen Spielgeschäfte unterbleiben, wir meinen einen Teil der Arbi¬
tragegeschäfte und die Zeitgeschäfte, die von Bvrsenbesuchern geringerer Güte
in der Absicht eingegangen werden, sich mit ganz bescheidnen Gewinn zu be¬
gnügen. Wir unterlassen es deshalb, eine nähere Rechnung über den Ertrag
aufzustellen, und wollen uns, um nicht fehl zu gehen, einen großen Spielraum
vorbehalten. Aber das kann man wohl ruhig erklären, daß die Börsensteuer
jährlich mindestens 80, in Jahren regern Geschäftsverkehrs l50 und mehr
Millionen Mark eintragen würde.

Auch für eine kräftigere, namentlich die ausländischen Werte treffende
Emissionssteuer stimmen wir aus vollster Überzeugung. Jedes Wertpapier
muß, wenn es in Deutschland umlaufsfähig bleibe" soll, bis zu einem zu be-


gerechte und ergiebige Steuer einzuführen, natürlich nicht die Rede sein. Man
würde eine Steuer von 30 bis 40 Millionen Mark jährlich für unerträglich
erklären. Die Gesamtheit der Börsenmenschen würde, so lange die Steuer be¬
stünde, nicht müde werden, sie durch die ganze Presse, die zum großen Teil
in ihren Händen ist, als eine barbarische Brandschatzung zu bezeichnen, wäh¬
rend doch die von uns befürwortete Vörsenumsatzsteuer einen Jahresertrag von
80 bis 150 Millionen Mark bringen würde. In Wirklichkeit geht der Ge¬
danke und der Wunsch, daß eine Koutiugeutiruug der Börsensteuer beschlossen
werde, von den Börsenhändlern aus, die dadurch mit einer möglichst niedrigen
Steuer wegzukommen hoffen. Übrigens würde eine solche Kontingentirung
schon deshalb zu widerraten sein, weil die Technik der Veranlagung und der
Einbringung unter allen Umständen zu den schwersten Bedenken Anlaß geben
müßte.

Daß die Börsennmsatzsteuer einer ganz wesentlichen Erhöhung der jetzigen
Sätze fähig ist, geht auch daraus hervor, daß in frühern Zeiten, wo die
Bankiers viel höhere Provisionen und Maklergebühren berechneten, diese zu¬
sammen weit mehr betrugen, als künftig diese Spesen samt dem Stempel be¬
tragen würden, wenn dieser in der von uns vorgeschlagnen Höhe erhoben
würde. Auch gestehen viele ehrenwerte Bankiers und tüchtige Bankbeamte ver¬
traulich zu, daß die jetzige Börsensteuer ganz bedeutend erhöht werden könne,
ohne daß die Geschäfte irgendwie darunter leiden würden. Aber sie thun es nur
vertraulich und unter der Bedingung, daß man sich nicht auf sie berufe, denn
der Bankbeamte, der so etwas sagt, muß sofortige Entlassung fürchten, und
der Bankier, der so etwas sagt, würde von der Börse und andern Bankiers
durch strengsten Bohtott geschäftlich vernichtet werden. Aus diesem Grunde
sind auch all die Gutachten sogenannter Sachverständigen, die über die Börsen-
steuervorlage den Regierungen die traurigsten Klagelieder vorjammern, lächer¬
liche Schauspielereien. Wahrlich, die Verhältnisse liegen so klar, daß man
diese „Sachverständigen" nicht braucht!

Bei Annahme unsrer Vorschläge würden vielleicht einige der an den
Börsen üblichen Spielgeschäfte unterbleiben, wir meinen einen Teil der Arbi¬
tragegeschäfte und die Zeitgeschäfte, die von Bvrsenbesuchern geringerer Güte
in der Absicht eingegangen werden, sich mit ganz bescheidnen Gewinn zu be¬
gnügen. Wir unterlassen es deshalb, eine nähere Rechnung über den Ertrag
aufzustellen, und wollen uns, um nicht fehl zu gehen, einen großen Spielraum
vorbehalten. Aber das kann man wohl ruhig erklären, daß die Börsensteuer
jährlich mindestens 80, in Jahren regern Geschäftsverkehrs l50 und mehr
Millionen Mark eintragen würde.

Auch für eine kräftigere, namentlich die ausländischen Werte treffende
Emissionssteuer stimmen wir aus vollster Überzeugung. Jedes Wertpapier
muß, wenn es in Deutschland umlaufsfähig bleibe» soll, bis zu einem zu be-


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[0407] gerechte und ergiebige Steuer einzuführen, natürlich nicht die Rede sein. Man würde eine Steuer von 30 bis 40 Millionen Mark jährlich für unerträglich erklären. Die Gesamtheit der Börsenmenschen würde, so lange die Steuer be¬ stünde, nicht müde werden, sie durch die ganze Presse, die zum großen Teil in ihren Händen ist, als eine barbarische Brandschatzung zu bezeichnen, wäh¬ rend doch die von uns befürwortete Vörsenumsatzsteuer einen Jahresertrag von 80 bis 150 Millionen Mark bringen würde. In Wirklichkeit geht der Ge¬ danke und der Wunsch, daß eine Koutiugeutiruug der Börsensteuer beschlossen werde, von den Börsenhändlern aus, die dadurch mit einer möglichst niedrigen Steuer wegzukommen hoffen. Übrigens würde eine solche Kontingentirung schon deshalb zu widerraten sein, weil die Technik der Veranlagung und der Einbringung unter allen Umständen zu den schwersten Bedenken Anlaß geben müßte. Daß die Börsennmsatzsteuer einer ganz wesentlichen Erhöhung der jetzigen Sätze fähig ist, geht auch daraus hervor, daß in frühern Zeiten, wo die Bankiers viel höhere Provisionen und Maklergebühren berechneten, diese zu¬ sammen weit mehr betrugen, als künftig diese Spesen samt dem Stempel be¬ tragen würden, wenn dieser in der von uns vorgeschlagnen Höhe erhoben würde. Auch gestehen viele ehrenwerte Bankiers und tüchtige Bankbeamte ver¬ traulich zu, daß die jetzige Börsensteuer ganz bedeutend erhöht werden könne, ohne daß die Geschäfte irgendwie darunter leiden würden. Aber sie thun es nur vertraulich und unter der Bedingung, daß man sich nicht auf sie berufe, denn der Bankbeamte, der so etwas sagt, muß sofortige Entlassung fürchten, und der Bankier, der so etwas sagt, würde von der Börse und andern Bankiers durch strengsten Bohtott geschäftlich vernichtet werden. Aus diesem Grunde sind auch all die Gutachten sogenannter Sachverständigen, die über die Börsen- steuervorlage den Regierungen die traurigsten Klagelieder vorjammern, lächer¬ liche Schauspielereien. Wahrlich, die Verhältnisse liegen so klar, daß man diese „Sachverständigen" nicht braucht! Bei Annahme unsrer Vorschläge würden vielleicht einige der an den Börsen üblichen Spielgeschäfte unterbleiben, wir meinen einen Teil der Arbi¬ tragegeschäfte und die Zeitgeschäfte, die von Bvrsenbesuchern geringerer Güte in der Absicht eingegangen werden, sich mit ganz bescheidnen Gewinn zu be¬ gnügen. Wir unterlassen es deshalb, eine nähere Rechnung über den Ertrag aufzustellen, und wollen uns, um nicht fehl zu gehen, einen großen Spielraum vorbehalten. Aber das kann man wohl ruhig erklären, daß die Börsensteuer jährlich mindestens 80, in Jahren regern Geschäftsverkehrs l50 und mehr Millionen Mark eintragen würde. Auch für eine kräftigere, namentlich die ausländischen Werte treffende Emissionssteuer stimmen wir aus vollster Überzeugung. Jedes Wertpapier muß, wenn es in Deutschland umlaufsfähig bleibe» soll, bis zu einem zu be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/407>, abgerufen am 22.07.2024.