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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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sonensteuer 4, die Patentsteuer 1, die indirekten Steuern über 11 Millionen
einbringen. Den Ertrag der Domänen hoffte man auf 19 Millionen steigern
zu können. Während die öffentliche Schuld allein für Zinsen jährlich 4
Millionen verschlang. forderte das Kriegsministerium noch 13 Millionen.
Daher fah man dem Ausbruch des Krieges mit Rußland wie einer Erlösung
entgegen. Aber dieser legte dem Königreiche noch gewaltige Opfer aus. ^in ^andre
1812 wurden über 24 Millionen für die westfälische Armee ausgegeben. Sie
ging anf teil Gefilden Rußlands zu Grnnde. Im Jahre 1813 zogen die
Franzosen noch über 50 Millionen aus dem Lande.

Bei diesen hohen Anforderungen für das Militär und den Krieg mußten
natürlich andre Ausgabe., zurückstehe... Vielfach war kein Geld vorhanden
den Beamten ihren Gehalt und ihre Pensionen zu zahlen. Sie mußten sich
""t der Hälfte begnügen und froh fein, daß sie wenigstens etwas ers.e ten.
Vergebens versuchte man dann durch eine Anleihe den Finanzen aufzuhelfen.
Aber wer Hütte denn diesen, jungen Staatswesen, dessen Bestehen völlig von
Napoleons Belieben abhing, sein Geld anvertrauen sollen? So griff denn
die Regierung zu dem verrufnen Mittel der Zwangsanleihen, ohne doch da¬
durch zum Ziele zu gelangen. Da es an Geld fort und fort fehlte, setzte mau
die von Napoleon begonnene Verschleuderung der Domänen fort und erklärte
schließlich allen stiftischen Besitz, so weit er nicht für die Unterhaltung der
Kirchen und Schulen notwendig war. für Staatseigentum. Allem das große
Angebot von Domänen drückte die Preise herunter, und dabei gab es um
Lande nur wenige Leute, die über die notwendigen Barmittel zum Kaufe ver¬
fügten. Nur einige wenige konnten sich bei der günstigen Konjunktur be¬
reichern und Güter zu Spottpreisen erwerben.

Auf der Einwohnerschaft lastete ein schwerer Druck. Es hätte ich ge¬
lohnt, wenn einer der beiden neusten Forscher eine Berechnung darüber an¬
gestellt hätte, wie viel Kosten insgesamt das Bestehen des Königreichs West¬
falen jenen Gebieten verursacht hat. Thimmes Arbeit bietet hierzu viel schätzens¬
wertes Material. Vieles, was aufgebracht wurde, wird sich heute freilich nicht
'"ehr ermessen lassen z.B. was an Vorspanndiensten. Versorgung der Ein¬
quartierung, die in Kurhannover jahrelang dauerte, die Unterthanen geleistet
haben. Der Wohlstand der gesamten Bevölkerung sank, die Häuser verödeten.
Niemand hatte Lust, sein Geld in Häusern anzulegen. So kam es, daß sie
bei öffentlichen Versteigerungen nicht einmal die Hälfte des Taxwertes er¬
reichten, zu dem sie in der Brandkasse versichert waren. Der Zinsfuß stieg
von drei bis vier Prozent auf sechs bis sieben und höher. Der Handel war
durch die Kontinentalsperre gelähmt. Infolge des allgemeinen Geldmangels
hatten dann besonders die Handwerker zu leiden, deren Verdienst von der
Wohlhabenheit der bessern Klassen abhängt, wie Uhrmacher. Goldschmiede,
Tischler. Maler u. a.


sonensteuer 4, die Patentsteuer 1, die indirekten Steuern über 11 Millionen
einbringen. Den Ertrag der Domänen hoffte man auf 19 Millionen steigern
zu können. Während die öffentliche Schuld allein für Zinsen jährlich 4
Millionen verschlang. forderte das Kriegsministerium noch 13 Millionen.
Daher fah man dem Ausbruch des Krieges mit Rußland wie einer Erlösung
entgegen. Aber dieser legte dem Königreiche noch gewaltige Opfer aus. ^in ^andre
1812 wurden über 24 Millionen für die westfälische Armee ausgegeben. Sie
ging anf teil Gefilden Rußlands zu Grnnde. Im Jahre 1813 zogen die
Franzosen noch über 50 Millionen aus dem Lande.

Bei diesen hohen Anforderungen für das Militär und den Krieg mußten
natürlich andre Ausgabe., zurückstehe... Vielfach war kein Geld vorhanden
den Beamten ihren Gehalt und ihre Pensionen zu zahlen. Sie mußten sich
""t der Hälfte begnügen und froh fein, daß sie wenigstens etwas ers.e ten.
Vergebens versuchte man dann durch eine Anleihe den Finanzen aufzuhelfen.
Aber wer Hütte denn diesen, jungen Staatswesen, dessen Bestehen völlig von
Napoleons Belieben abhing, sein Geld anvertrauen sollen? So griff denn
die Regierung zu dem verrufnen Mittel der Zwangsanleihen, ohne doch da¬
durch zum Ziele zu gelangen. Da es an Geld fort und fort fehlte, setzte mau
die von Napoleon begonnene Verschleuderung der Domänen fort und erklärte
schließlich allen stiftischen Besitz, so weit er nicht für die Unterhaltung der
Kirchen und Schulen notwendig war. für Staatseigentum. Allem das große
Angebot von Domänen drückte die Preise herunter, und dabei gab es um
Lande nur wenige Leute, die über die notwendigen Barmittel zum Kaufe ver¬
fügten. Nur einige wenige konnten sich bei der günstigen Konjunktur be¬
reichern und Güter zu Spottpreisen erwerben.

Auf der Einwohnerschaft lastete ein schwerer Druck. Es hätte ich ge¬
lohnt, wenn einer der beiden neusten Forscher eine Berechnung darüber an¬
gestellt hätte, wie viel Kosten insgesamt das Bestehen des Königreichs West¬
falen jenen Gebieten verursacht hat. Thimmes Arbeit bietet hierzu viel schätzens¬
wertes Material. Vieles, was aufgebracht wurde, wird sich heute freilich nicht
'"ehr ermessen lassen z.B. was an Vorspanndiensten. Versorgung der Ein¬
quartierung, die in Kurhannover jahrelang dauerte, die Unterthanen geleistet
haben. Der Wohlstand der gesamten Bevölkerung sank, die Häuser verödeten.
Niemand hatte Lust, sein Geld in Häusern anzulegen. So kam es, daß sie
bei öffentlichen Versteigerungen nicht einmal die Hälfte des Taxwertes er¬
reichten, zu dem sie in der Brandkasse versichert waren. Der Zinsfuß stieg
von drei bis vier Prozent auf sechs bis sieben und höher. Der Handel war
durch die Kontinentalsperre gelähmt. Infolge des allgemeinen Geldmangels
hatten dann besonders die Handwerker zu leiden, deren Verdienst von der
Wohlhabenheit der bessern Klassen abhängt, wie Uhrmacher. Goldschmiede,
Tischler. Maler u. a.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/35>, abgerufen am 30.06.2024.