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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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wichtigen Fragen eine neben dem Ausschuß bestehende, nur für den betreffenden
Fall eingesetzte Kommission. Aus richtiger Erwägung der Verhältnisse will
man sich ebenso wenig darauf beschränken, die Versammlungen nnr innerhalb
der deutschen Grenzpfähle abzuhalten, als man die Angehörigen anßerdeutschcr
Nationen davon ausschließt. Trotzdem werden ja die Kongresse jedenfalls
einen vorwiegend deutschen Charakter haben. Die Versammlungen sollen aller
zwei Jahre stattfinden. Doch hat sich der Kongreß veranlaßt gesehen, erstens
um seiner eignen Befestigung willen, sodann weil wichtige Angelegenheiten bal¬
diger Erledigung harren, für die zweite Versammlung eine Ausnahme zu machen:
sie findet schon im nächsten Jahre in Köln statt und wird mit einem Vesnch
Brügges, das eine Memlingfeier veranstaltet, verbunden sein. Im Jahre 1896
denkt man einer Einladung des ungarischen Handelsministers nach Budapest
zu folgen, wo zur Feier des tausendjährigen Bestehens der Stephanskrone
eine große geschichtliche Ausstellung geplant ist.

Lebhaftere Debatten als die Beratungen der Satzungen rief ein Antrag
des Professors v. Lützow aus Wien hervor, der die Gründung eines kunst-
historischen Instituts betraf. Vielleicht war mancher etwas verwundert, daß
diese Angelegenheit plötzlich zur Hauptfrage des Kongresses wurde, denn
mancher mochte wünschen, daß, ehe man in die Ferne schweifte, man auf
näher liegende Fragen einginge, z. B. die Regelung des kunsthistorischen Stu¬
diums auf der Universität, die ja vor kurzem so viele Federn in Bewegung
setzte. Bedenkt man aber, daß es geraumer Zeit bedürfen wird, bis sich der
Gedanke eines kunsthistorischen Instituts verwirklichen läßt, und daß mittler¬
weile andre Fragen recht wohl erledigt sein können, so wird man es verstehen,
daß man sich des Instituts zuerst und mit so großem Eifer annahm. Daß
ein Institut namentlich den jüngern Kunsthistorikern viel Förderung bieten
würde, da sie dort eine" Mittelpunkt für ihre Arbeiten in einer gut aus¬
gestatteten Bibliothek und einer reichen Abbildungssammlung finden würden,
und ein erfahrener Fachgenosse ihnen als Leiter gute Dienste leisten könnte,
das wird niemand bestreiten. Das archäologische Institut lehrt deutlich die
Vorzüge einer solchen Einrichtung. Möge man aber auch an dem Vorhaben
festhalten, die individuelle Entwicklung des jungen Forschers nicht einzu¬
schränken! Nur el" Stützpunkt für seine Arbeiten soll ihm das Institut sein,
keine Schule.

Professor M. G. Zimmermann aus Berlin entwickelte in längern Aus-
führungen, wie er sich die Gründung und den Betrieb des Instituts denke,
indem er dabei diese und jene Einrichtung des archäologischen Instituts in
Rom und Athen, sowie der zoologischen Station in Neapel als Muster em¬
pfahl. stimmte ihm hierin wohl jeder bei, so rief doch seine Ansicht, daß
Florenz der geeignetste Ort für das Institut sei, manchen Widerspruch hervor.
Die Kommission, die zur Beratung dieser Angelegenheit eingesetzt wurde und


wichtigen Fragen eine neben dem Ausschuß bestehende, nur für den betreffenden
Fall eingesetzte Kommission. Aus richtiger Erwägung der Verhältnisse will
man sich ebenso wenig darauf beschränken, die Versammlungen nnr innerhalb
der deutschen Grenzpfähle abzuhalten, als man die Angehörigen anßerdeutschcr
Nationen davon ausschließt. Trotzdem werden ja die Kongresse jedenfalls
einen vorwiegend deutschen Charakter haben. Die Versammlungen sollen aller
zwei Jahre stattfinden. Doch hat sich der Kongreß veranlaßt gesehen, erstens
um seiner eignen Befestigung willen, sodann weil wichtige Angelegenheiten bal¬
diger Erledigung harren, für die zweite Versammlung eine Ausnahme zu machen:
sie findet schon im nächsten Jahre in Köln statt und wird mit einem Vesnch
Brügges, das eine Memlingfeier veranstaltet, verbunden sein. Im Jahre 1896
denkt man einer Einladung des ungarischen Handelsministers nach Budapest
zu folgen, wo zur Feier des tausendjährigen Bestehens der Stephanskrone
eine große geschichtliche Ausstellung geplant ist.

Lebhaftere Debatten als die Beratungen der Satzungen rief ein Antrag
des Professors v. Lützow aus Wien hervor, der die Gründung eines kunst-
historischen Instituts betraf. Vielleicht war mancher etwas verwundert, daß
diese Angelegenheit plötzlich zur Hauptfrage des Kongresses wurde, denn
mancher mochte wünschen, daß, ehe man in die Ferne schweifte, man auf
näher liegende Fragen einginge, z. B. die Regelung des kunsthistorischen Stu¬
diums auf der Universität, die ja vor kurzem so viele Federn in Bewegung
setzte. Bedenkt man aber, daß es geraumer Zeit bedürfen wird, bis sich der
Gedanke eines kunsthistorischen Instituts verwirklichen läßt, und daß mittler¬
weile andre Fragen recht wohl erledigt sein können, so wird man es verstehen,
daß man sich des Instituts zuerst und mit so großem Eifer annahm. Daß
ein Institut namentlich den jüngern Kunsthistorikern viel Förderung bieten
würde, da sie dort eine« Mittelpunkt für ihre Arbeiten in einer gut aus¬
gestatteten Bibliothek und einer reichen Abbildungssammlung finden würden,
und ein erfahrener Fachgenosse ihnen als Leiter gute Dienste leisten könnte,
das wird niemand bestreiten. Das archäologische Institut lehrt deutlich die
Vorzüge einer solchen Einrichtung. Möge man aber auch an dem Vorhaben
festhalten, die individuelle Entwicklung des jungen Forschers nicht einzu¬
schränken! Nur el» Stützpunkt für seine Arbeiten soll ihm das Institut sein,
keine Schule.

Professor M. G. Zimmermann aus Berlin entwickelte in längern Aus-
führungen, wie er sich die Gründung und den Betrieb des Instituts denke,
indem er dabei diese und jene Einrichtung des archäologischen Instituts in
Rom und Athen, sowie der zoologischen Station in Neapel als Muster em¬
pfahl. stimmte ihm hierin wohl jeder bei, so rief doch seine Ansicht, daß
Florenz der geeignetste Ort für das Institut sei, manchen Widerspruch hervor.
Die Kommission, die zur Beratung dieser Angelegenheit eingesetzt wurde und


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[0276] wichtigen Fragen eine neben dem Ausschuß bestehende, nur für den betreffenden Fall eingesetzte Kommission. Aus richtiger Erwägung der Verhältnisse will man sich ebenso wenig darauf beschränken, die Versammlungen nnr innerhalb der deutschen Grenzpfähle abzuhalten, als man die Angehörigen anßerdeutschcr Nationen davon ausschließt. Trotzdem werden ja die Kongresse jedenfalls einen vorwiegend deutschen Charakter haben. Die Versammlungen sollen aller zwei Jahre stattfinden. Doch hat sich der Kongreß veranlaßt gesehen, erstens um seiner eignen Befestigung willen, sodann weil wichtige Angelegenheiten bal¬ diger Erledigung harren, für die zweite Versammlung eine Ausnahme zu machen: sie findet schon im nächsten Jahre in Köln statt und wird mit einem Vesnch Brügges, das eine Memlingfeier veranstaltet, verbunden sein. Im Jahre 1896 denkt man einer Einladung des ungarischen Handelsministers nach Budapest zu folgen, wo zur Feier des tausendjährigen Bestehens der Stephanskrone eine große geschichtliche Ausstellung geplant ist. Lebhaftere Debatten als die Beratungen der Satzungen rief ein Antrag des Professors v. Lützow aus Wien hervor, der die Gründung eines kunst- historischen Instituts betraf. Vielleicht war mancher etwas verwundert, daß diese Angelegenheit plötzlich zur Hauptfrage des Kongresses wurde, denn mancher mochte wünschen, daß, ehe man in die Ferne schweifte, man auf näher liegende Fragen einginge, z. B. die Regelung des kunsthistorischen Stu¬ diums auf der Universität, die ja vor kurzem so viele Federn in Bewegung setzte. Bedenkt man aber, daß es geraumer Zeit bedürfen wird, bis sich der Gedanke eines kunsthistorischen Instituts verwirklichen läßt, und daß mittler¬ weile andre Fragen recht wohl erledigt sein können, so wird man es verstehen, daß man sich des Instituts zuerst und mit so großem Eifer annahm. Daß ein Institut namentlich den jüngern Kunsthistorikern viel Förderung bieten würde, da sie dort eine« Mittelpunkt für ihre Arbeiten in einer gut aus¬ gestatteten Bibliothek und einer reichen Abbildungssammlung finden würden, und ein erfahrener Fachgenosse ihnen als Leiter gute Dienste leisten könnte, das wird niemand bestreiten. Das archäologische Institut lehrt deutlich die Vorzüge einer solchen Einrichtung. Möge man aber auch an dem Vorhaben festhalten, die individuelle Entwicklung des jungen Forschers nicht einzu¬ schränken! Nur el» Stützpunkt für seine Arbeiten soll ihm das Institut sein, keine Schule. Professor M. G. Zimmermann aus Berlin entwickelte in längern Aus- führungen, wie er sich die Gründung und den Betrieb des Instituts denke, indem er dabei diese und jene Einrichtung des archäologischen Instituts in Rom und Athen, sowie der zoologischen Station in Neapel als Muster em¬ pfahl. stimmte ihm hierin wohl jeder bei, so rief doch seine Ansicht, daß Florenz der geeignetste Ort für das Institut sei, manchen Widerspruch hervor. Die Kommission, die zur Beratung dieser Angelegenheit eingesetzt wurde und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/276>, abgerufen am 22.07.2024.