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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

(Kaiser, Habicht, Blitz), wird in der Schiffersprache ihr Geschlecht gelassen. Sollen
aber die Schiffe einen Personennamen bekommen, so verlangen sie einen weiblichen,
weil der Schiffer sein Schiff für ein weibliches Wesen hält. Das haben frühere
Zeiten sehr Wohl beachtet; sie gaben eben den Schiffen Frauennamen, oder Länder-
nnd Städtenamen in der latinisirten Form, wo sie alle weiblich sind (Lornssia,,
tüolonia). Im Deutschen aber sind eben alle Länder- und Städtenamen sächlich
(das ehemalige Preußen, das alte, heilige Köln), und nnn vollends berühmte
Männer dadurch zu ehren, daß man sie als Weiber oder Jungfern behandelt,
das geht doch gegen alles natürliche Sprachgefühl. Den Fehler begehen die, die
wissen, daß die Schiffersprnche weibliche Schiffsraaen verlangt, und doch die Schiffe
mit Männernamen und Ortsnamen sächlichen Geschlechts taufen.




Litteratur '

Wendet Hipler, Ehe denn die Schlacht beginnt. Ein Mahnruf an die deutsche
Jugend und ihren Kaiser. Leipzig, Carl Jacobsen, 1892

Mit der Schlacht ist die Entscheidungsschlacht gegen die Sozialdemokratie ge¬
meint. Der Verfasser, der ungefähr auf dem Standpunkte der Grenzboten steht,
warnt davor, es bis dahin kommen zu lassen. Aufs Militär, auf rohe Kraft solle
man nicht bauen; "Gewalt ist ein störrischer heimtückischer Söldner, der oft den
eignen Herrn erschlägt." Nur die Wiederherstellung des Mittelstandes könne helfen,
und nur das Königtum sei stark genug, diesen wiederherzustellen. Unter den Par¬
teien sei die konservative berufen, den Mittelstand zu vertreten; sie solle im guten
Sinne demokratisch sein, im Gegensatz zu den Pöbel- und Mammonsparteien. Vor¬
läufig sei sie das nicht, da ihr Agrariertum auch mir Mammonismus sei. Als
Mittel zur Wiederherstellung des Mittelstandes schlägt der Verfasser Produktiv-
genossenschaften mit Staatshilfe vor, die freilich nnr dann würden Bestand haben
können, wenn die Naturkräfte verstaatlicht würden. Dieses Mittel könnte in der
That zum Ziele führen, vorausgesetzt, daß die Produktivgenossenschaften nicht von
oben herab auf bürenukratischem Wege gemacht werden, sondern aus dem Mittel¬
stande auf natürlichem Wege Heranswachsen, und daß der Staat nnr helfend und
regelnd eintritt. Mit der Aufforderung an Bismarck, diese Neugestaltung in die
Hand zu nehmen, und einem Zuruf an den Kaiser schließt die mit großer Wärme
in blühender Poeten- und Prophetensprache geschriebne Broschüre.






Ftir die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr, Wilh. Grunvw in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

(Kaiser, Habicht, Blitz), wird in der Schiffersprache ihr Geschlecht gelassen. Sollen
aber die Schiffe einen Personennamen bekommen, so verlangen sie einen weiblichen,
weil der Schiffer sein Schiff für ein weibliches Wesen hält. Das haben frühere
Zeiten sehr Wohl beachtet; sie gaben eben den Schiffen Frauennamen, oder Länder-
nnd Städtenamen in der latinisirten Form, wo sie alle weiblich sind (Lornssia,,
tüolonia). Im Deutschen aber sind eben alle Länder- und Städtenamen sächlich
(das ehemalige Preußen, das alte, heilige Köln), und nnn vollends berühmte
Männer dadurch zu ehren, daß man sie als Weiber oder Jungfern behandelt,
das geht doch gegen alles natürliche Sprachgefühl. Den Fehler begehen die, die
wissen, daß die Schiffersprnche weibliche Schiffsraaen verlangt, und doch die Schiffe
mit Männernamen und Ortsnamen sächlichen Geschlechts taufen.




Litteratur '

Wendet Hipler, Ehe denn die Schlacht beginnt. Ein Mahnruf an die deutsche
Jugend und ihren Kaiser. Leipzig, Carl Jacobsen, 1892

Mit der Schlacht ist die Entscheidungsschlacht gegen die Sozialdemokratie ge¬
meint. Der Verfasser, der ungefähr auf dem Standpunkte der Grenzboten steht,
warnt davor, es bis dahin kommen zu lassen. Aufs Militär, auf rohe Kraft solle
man nicht bauen; „Gewalt ist ein störrischer heimtückischer Söldner, der oft den
eignen Herrn erschlägt." Nur die Wiederherstellung des Mittelstandes könne helfen,
und nur das Königtum sei stark genug, diesen wiederherzustellen. Unter den Par¬
teien sei die konservative berufen, den Mittelstand zu vertreten; sie solle im guten
Sinne demokratisch sein, im Gegensatz zu den Pöbel- und Mammonsparteien. Vor¬
läufig sei sie das nicht, da ihr Agrariertum auch mir Mammonismus sei. Als
Mittel zur Wiederherstellung des Mittelstandes schlägt der Verfasser Produktiv-
genossenschaften mit Staatshilfe vor, die freilich nnr dann würden Bestand haben
können, wenn die Naturkräfte verstaatlicht würden. Dieses Mittel könnte in der
That zum Ziele führen, vorausgesetzt, daß die Produktivgenossenschaften nicht von
oben herab auf bürenukratischem Wege gemacht werden, sondern aus dem Mittel¬
stande auf natürlichem Wege Heranswachsen, und daß der Staat nnr helfend und
regelnd eintritt. Mit der Aufforderung an Bismarck, diese Neugestaltung in die
Hand zu nehmen, und einem Zuruf an den Kaiser schließt die mit großer Wärme
in blühender Poeten- und Prophetensprache geschriebne Broschüre.






Ftir die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr, Wilh. Grunvw in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0248] Litteratur (Kaiser, Habicht, Blitz), wird in der Schiffersprache ihr Geschlecht gelassen. Sollen aber die Schiffe einen Personennamen bekommen, so verlangen sie einen weiblichen, weil der Schiffer sein Schiff für ein weibliches Wesen hält. Das haben frühere Zeiten sehr Wohl beachtet; sie gaben eben den Schiffen Frauennamen, oder Länder- nnd Städtenamen in der latinisirten Form, wo sie alle weiblich sind (Lornssia,, tüolonia). Im Deutschen aber sind eben alle Länder- und Städtenamen sächlich (das ehemalige Preußen, das alte, heilige Köln), und nnn vollends berühmte Männer dadurch zu ehren, daß man sie als Weiber oder Jungfern behandelt, das geht doch gegen alles natürliche Sprachgefühl. Den Fehler begehen die, die wissen, daß die Schiffersprnche weibliche Schiffsraaen verlangt, und doch die Schiffe mit Männernamen und Ortsnamen sächlichen Geschlechts taufen. Litteratur ' Wendet Hipler, Ehe denn die Schlacht beginnt. Ein Mahnruf an die deutsche Jugend und ihren Kaiser. Leipzig, Carl Jacobsen, 1892 Mit der Schlacht ist die Entscheidungsschlacht gegen die Sozialdemokratie ge¬ meint. Der Verfasser, der ungefähr auf dem Standpunkte der Grenzboten steht, warnt davor, es bis dahin kommen zu lassen. Aufs Militär, auf rohe Kraft solle man nicht bauen; „Gewalt ist ein störrischer heimtückischer Söldner, der oft den eignen Herrn erschlägt." Nur die Wiederherstellung des Mittelstandes könne helfen, und nur das Königtum sei stark genug, diesen wiederherzustellen. Unter den Par¬ teien sei die konservative berufen, den Mittelstand zu vertreten; sie solle im guten Sinne demokratisch sein, im Gegensatz zu den Pöbel- und Mammonsparteien. Vor¬ läufig sei sie das nicht, da ihr Agrariertum auch mir Mammonismus sei. Als Mittel zur Wiederherstellung des Mittelstandes schlägt der Verfasser Produktiv- genossenschaften mit Staatshilfe vor, die freilich nnr dann würden Bestand haben können, wenn die Naturkräfte verstaatlicht würden. Dieses Mittel könnte in der That zum Ziele führen, vorausgesetzt, daß die Produktivgenossenschaften nicht von oben herab auf bürenukratischem Wege gemacht werden, sondern aus dem Mittel¬ stande auf natürlichem Wege Heranswachsen, und daß der Staat nnr helfend und regelnd eintritt. Mit der Aufforderung an Bismarck, diese Neugestaltung in die Hand zu nehmen, und einem Zuruf an den Kaiser schließt die mit großer Wärme in blühender Poeten- und Prophetensprache geschriebne Broschüre. Ftir die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr, Wilh. Grunvw in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215723/248>, abgerufen am 22.07.2024.