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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Oas Börsenspiel und die Gericktspraxis

Käufer aufgefunden und so den Austausch zwischen beiden vermittelt zu haben.
Hierin besteht die Thätigkeit des Zwischenhandels, dieses durchaus berechtigten
Gliedes unsers Wirtschaftslebens.

Nun kaun ein wirtschaftliches Bedürfnis bestehen, Kaufgeschäfte, sei es
zur eignen Benutzung der Sache, sei es zum Wiederverkauf, in der Art abzu¬
schließen, daß das Geschäft erst zu einer bestimmten spätern Zeit erfüllt werden
soll. Der Käufer kann das Bedürfnis haben, sich für einen spätern Zeitpunkt
den Empfang der Ware zu einem jetzt schon bestimmten Preise zu sichern.
Der Verkäufer kann in ähnlicher Weise das Bedürfnis haben, sich für eine
Ware, die er erst zu einem spätern Zeitpunkt zu liefern imstande ist, schon
jetzt die Abnahme zu einem bestimmten Preise sichern. Auch das sind durch¬
aus berechtigte wirtschaftliche Interessen, denen das Recht seinen Schutz nicht
versagen kann.

Einen ganz eigentümlichen Charakter nehmen aber dergleichen auf Zeit
gestellte Kaufgeschäfte an, wenn eine Ware in Frage steht, bei der man nicht
erst nach einem Verkäufer und Käufer zu suchen braucht, die vielmehr infolge
eines ständigen Angebots und Begehrs an bestimmten Orten -- nämlich an
den Börsen der sogenannten Börsenplätze -- dergestalt gehandelt wird, daß
sich für sie ein jeweilig genau bestimmbarer Preis -- der sogenannte Kurs¬
wert -- bildet. Auch eine solche Ware kann natürlich zu dem Zwecke auf
Zeit gehandelt werden, daß durch die wirkliche Lieferung ein wirtschaftliches
Bedürfnis des Käufers, der sie empfangen will, und des Verkäufers, der sie
liefern will, erfüllt wird. Sie kann aber auch zu einem ganz andern Zwecke
gehandelt werden. ES ist nämlich klar, daß, wenn zu dem Zeitpunkt der ver¬
einbarten Lieferung der Kurswert der Ware im Vergleich mit dem dafür ver-
sprvchuen Preise gestiegen ist, der Käufer, der die Ware sofort wieder an der
Börse zum Kurswert losschlagen kann, damit einen der Differenz zwischen beiden
Preisen entsprechenden Gewinn macht, und daß er umgekehrt, wenn der Kurs¬
wert der Ware im Vergleich mit dem dafür versprochnen Preise gesunken ist,
einen dieser Differenz entsprechenden Verlust erleidet. Gewinn und Verlust
des Käufers sind dann zugleich Verlust und Gewinn des Verkäufers.

Dieses ständige, von zufälligen Umständen abhängende Schwanken des
Kurswertes bestimmter Waren eröffnet nun die Möglichkeit eines Geschäfts¬
betriebes, der wirtschaftlich eine ganz andre Bedeutung hat, als die des ge¬
wöhnlichen Güteraustausches. A kann zu B sagen: Die und die Ware hat
hente einen Kurswert von w. Vereinigen wir uns dahin, daß, wenn an dem
und dem Tage die Ware den Kurswert von ur^-x hat, du mir x heraus¬
zahlst; daß dagegen, wenn an dem fraglichen Tage die Ware einen Kurswert
von in --x hat, ich dir x herauszahle. Geht B hierauf ein, so haben sie
ein Rechtsgeschäft geschlossen, das auf nichts andres, als auf ein Spiel oder
eine Wette hinausläuft.


Oas Börsenspiel und die Gericktspraxis

Käufer aufgefunden und so den Austausch zwischen beiden vermittelt zu haben.
Hierin besteht die Thätigkeit des Zwischenhandels, dieses durchaus berechtigten
Gliedes unsers Wirtschaftslebens.

Nun kaun ein wirtschaftliches Bedürfnis bestehen, Kaufgeschäfte, sei es
zur eignen Benutzung der Sache, sei es zum Wiederverkauf, in der Art abzu¬
schließen, daß das Geschäft erst zu einer bestimmten spätern Zeit erfüllt werden
soll. Der Käufer kann das Bedürfnis haben, sich für einen spätern Zeitpunkt
den Empfang der Ware zu einem jetzt schon bestimmten Preise zu sichern.
Der Verkäufer kann in ähnlicher Weise das Bedürfnis haben, sich für eine
Ware, die er erst zu einem spätern Zeitpunkt zu liefern imstande ist, schon
jetzt die Abnahme zu einem bestimmten Preise sichern. Auch das sind durch¬
aus berechtigte wirtschaftliche Interessen, denen das Recht seinen Schutz nicht
versagen kann.

Einen ganz eigentümlichen Charakter nehmen aber dergleichen auf Zeit
gestellte Kaufgeschäfte an, wenn eine Ware in Frage steht, bei der man nicht
erst nach einem Verkäufer und Käufer zu suchen braucht, die vielmehr infolge
eines ständigen Angebots und Begehrs an bestimmten Orten — nämlich an
den Börsen der sogenannten Börsenplätze — dergestalt gehandelt wird, daß
sich für sie ein jeweilig genau bestimmbarer Preis — der sogenannte Kurs¬
wert — bildet. Auch eine solche Ware kann natürlich zu dem Zwecke auf
Zeit gehandelt werden, daß durch die wirkliche Lieferung ein wirtschaftliches
Bedürfnis des Käufers, der sie empfangen will, und des Verkäufers, der sie
liefern will, erfüllt wird. Sie kann aber auch zu einem ganz andern Zwecke
gehandelt werden. ES ist nämlich klar, daß, wenn zu dem Zeitpunkt der ver¬
einbarten Lieferung der Kurswert der Ware im Vergleich mit dem dafür ver-
sprvchuen Preise gestiegen ist, der Käufer, der die Ware sofort wieder an der
Börse zum Kurswert losschlagen kann, damit einen der Differenz zwischen beiden
Preisen entsprechenden Gewinn macht, und daß er umgekehrt, wenn der Kurs¬
wert der Ware im Vergleich mit dem dafür versprochnen Preise gesunken ist,
einen dieser Differenz entsprechenden Verlust erleidet. Gewinn und Verlust
des Käufers sind dann zugleich Verlust und Gewinn des Verkäufers.

Dieses ständige, von zufälligen Umständen abhängende Schwanken des
Kurswertes bestimmter Waren eröffnet nun die Möglichkeit eines Geschäfts¬
betriebes, der wirtschaftlich eine ganz andre Bedeutung hat, als die des ge¬
wöhnlichen Güteraustausches. A kann zu B sagen: Die und die Ware hat
hente einen Kurswert von w. Vereinigen wir uns dahin, daß, wenn an dem
und dem Tage die Ware den Kurswert von ur^-x hat, du mir x heraus¬
zahlst; daß dagegen, wenn an dem fraglichen Tage die Ware einen Kurswert
von in —x hat, ich dir x herauszahle. Geht B hierauf ein, so haben sie
ein Rechtsgeschäft geschlossen, das auf nichts andres, als auf ein Spiel oder
eine Wette hinausläuft.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/66>, abgerufen am 23.11.2024.