Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.Anmerkungen zur Judenfrage gegangnen, orientalischen Staatswesens von ausgeprägter Nationalität, so Nichts andres als ein Ausfluß des jüdischen Nassentrvtzes ist es auch, Also keine Sondergesetze, durch die man die Juden in ihre nationale Anmerkungen zur Judenfrage gegangnen, orientalischen Staatswesens von ausgeprägter Nationalität, so Nichts andres als ein Ausfluß des jüdischen Nassentrvtzes ist es auch, Also keine Sondergesetze, durch die man die Juden in ihre nationale <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0595" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215685"/> <fw type="header" place="top"> Anmerkungen zur Judenfrage</fw><lb/> <p xml:id="ID_2027" prev="#ID_2026"> gegangnen, orientalischen Staatswesens von ausgeprägter Nationalität, so<lb/> brauchen die Juden keinen Lärm zu schlagen, wenn wir sie höflich ersuchen,<lb/> diese bei uns zu Lande unpassenden Sitten endlich abzulegen; denn sie behaupten<lb/> ja, kein gesondertes Volk im Staate, sondern Bürger wie alle andern auch zu<lb/> sein. Ist aber, und das ist die dritte Möglichkeit, die jüdische Religion ohne<lb/> die jüdische Nationalität nicht denkbar, ist diese Religion nur ein Teil der<lb/> Nationalität, so können wir von den Juden verlangen, daß sie mit ihrer Natio¬<lb/> nalität zwar uicht ihre Religion aufgeben, aber sie doch so reformiren, daß sie<lb/> ihre nationale Färbung verliert, d. h. daß alle äußerlichen Merkmale ans ihr<lb/> ausscheiden, die auf dem Boden des jüdischen Staatswesens, vor zweitausend<lb/> Jahren, zeitgemäß waren, es heute aber längst nicht mehr sind. Und bietet<lb/> das Strafgesetzbuch keine Handhabe, diese unzeitgemäßer Brünche zu unter¬<lb/> drücke», so muß sie ihm geschaffen werden, wie das jetzt in der Schweiz für<lb/> einen Teil geschehen ist. Denn höher als das Strafgesetzbuch mit seinen Ver¬<lb/> boten stehen die Gebote des ungeschriebnen Gesetzes moderner Sittlichkeit, die<lb/> als ein unsichtbares Band alle Kulturvölker vereinigen im Gegensatz zu mo¬<lb/> dernen Barbaren.</p><lb/> <p xml:id="ID_2028"> Nichts andres als ein Ausfluß des jüdischen Nassentrvtzes ist es auch,<lb/> daß sich die Juden immer noch weigern, denselben Wochentag zu feiern, an<lb/> dem ihre christlichen Mitbürger von der Arbeit ausruhen. Mögen sie ihre<lb/> besondern religiösen Feste feiern, wann sie wollen; auch Katholiken und Pro¬<lb/> testanten haben ja gesonderte Feiertage. Was in aller Welt aber hindert die<lb/> Juden, ihren Sabbath auf den Sonntag zu verlegen? was anders als das<lb/> trotzige Pochen auf eine Staatseinrichtung, die seit Jahrtausenden dem Unter-<lb/> gange verfallen ist? Das ist eine Unduldsamkeit — hier ist ein Ausdruck<lb/> Dührings durchaus am Platze —, die der Staat nicht dulden darf. Daß<lb/> viele Juden den christlichen Sonntag feiern, oder wenn sie es dazu haben,<lb/> Samstag und Sonntag zugleich, hat mit der Sache nichts zu thun. Es handelt<lb/> sich darum, daß es der Staat klar und deutlich ausspricht, er erkenne den<lb/> jüdischen Sabbath nicht als besondern Feiertag an.</p><lb/> <p xml:id="ID_2029"> Also keine Sondergesetze, durch die man die Juden in ihre nationale<lb/> Eigenart oder Unart wieder zurückdrängt, von der sie sich sehr allmählich frei¬<lb/> zumachen beginnen. Wohl aber besondre Gesetzesvorschriften, die unsre sittlichen<lb/> Anschauungen vor der Beleidigung durch Bräuche aus einer barbarischen Zeit<lb/> schützen, denen man den Stempel religiöser Handlungen aufdrücken möchte,<lb/> obgleich sie heute jedem echt religiösen Gefühl zuwiderlaufen. Und unter diesen<lb/> Vorschriften besonders eine, die unmündige Personen davor behütet, daß unter<lb/> dem Deckmantel religiöser Satzungen Eingriffe in ihre persönliche Freiheit<lb/> möglich sind, die sie vielleicht nicht gestatten würden, wenn sie ihre freie Selbst-<lb/> bestimmung schon erlangt hätten. Das, scheint mir, ist der natürliche Anfang<lb/> zur Lösung der Judenfrage.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0595]
Anmerkungen zur Judenfrage
gegangnen, orientalischen Staatswesens von ausgeprägter Nationalität, so
brauchen die Juden keinen Lärm zu schlagen, wenn wir sie höflich ersuchen,
diese bei uns zu Lande unpassenden Sitten endlich abzulegen; denn sie behaupten
ja, kein gesondertes Volk im Staate, sondern Bürger wie alle andern auch zu
sein. Ist aber, und das ist die dritte Möglichkeit, die jüdische Religion ohne
die jüdische Nationalität nicht denkbar, ist diese Religion nur ein Teil der
Nationalität, so können wir von den Juden verlangen, daß sie mit ihrer Natio¬
nalität zwar uicht ihre Religion aufgeben, aber sie doch so reformiren, daß sie
ihre nationale Färbung verliert, d. h. daß alle äußerlichen Merkmale ans ihr
ausscheiden, die auf dem Boden des jüdischen Staatswesens, vor zweitausend
Jahren, zeitgemäß waren, es heute aber längst nicht mehr sind. Und bietet
das Strafgesetzbuch keine Handhabe, diese unzeitgemäßer Brünche zu unter¬
drücke», so muß sie ihm geschaffen werden, wie das jetzt in der Schweiz für
einen Teil geschehen ist. Denn höher als das Strafgesetzbuch mit seinen Ver¬
boten stehen die Gebote des ungeschriebnen Gesetzes moderner Sittlichkeit, die
als ein unsichtbares Band alle Kulturvölker vereinigen im Gegensatz zu mo¬
dernen Barbaren.
Nichts andres als ein Ausfluß des jüdischen Nassentrvtzes ist es auch,
daß sich die Juden immer noch weigern, denselben Wochentag zu feiern, an
dem ihre christlichen Mitbürger von der Arbeit ausruhen. Mögen sie ihre
besondern religiösen Feste feiern, wann sie wollen; auch Katholiken und Pro¬
testanten haben ja gesonderte Feiertage. Was in aller Welt aber hindert die
Juden, ihren Sabbath auf den Sonntag zu verlegen? was anders als das
trotzige Pochen auf eine Staatseinrichtung, die seit Jahrtausenden dem Unter-
gange verfallen ist? Das ist eine Unduldsamkeit — hier ist ein Ausdruck
Dührings durchaus am Platze —, die der Staat nicht dulden darf. Daß
viele Juden den christlichen Sonntag feiern, oder wenn sie es dazu haben,
Samstag und Sonntag zugleich, hat mit der Sache nichts zu thun. Es handelt
sich darum, daß es der Staat klar und deutlich ausspricht, er erkenne den
jüdischen Sabbath nicht als besondern Feiertag an.
Also keine Sondergesetze, durch die man die Juden in ihre nationale
Eigenart oder Unart wieder zurückdrängt, von der sie sich sehr allmählich frei¬
zumachen beginnen. Wohl aber besondre Gesetzesvorschriften, die unsre sittlichen
Anschauungen vor der Beleidigung durch Bräuche aus einer barbarischen Zeit
schützen, denen man den Stempel religiöser Handlungen aufdrücken möchte,
obgleich sie heute jedem echt religiösen Gefühl zuwiderlaufen. Und unter diesen
Vorschriften besonders eine, die unmündige Personen davor behütet, daß unter
dem Deckmantel religiöser Satzungen Eingriffe in ihre persönliche Freiheit
möglich sind, die sie vielleicht nicht gestatten würden, wenn sie ihre freie Selbst-
bestimmung schon erlangt hätten. Das, scheint mir, ist der natürliche Anfang
zur Lösung der Judenfrage.
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