Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.Lursum ce>r6^ Satze: <Z8t in intollLcitn, cinoä N0N s.mes kusrit in SLNSN, hat Leibniz nicht Wir müssen hier im Vorübergehen auch der Kunst gedenken, deren Auf¬ *) Oder der Anschauung, wie die reine Mathematik. Vergl. Kant, Kritik der reinen
Vernunft. Lursum ce>r6^ Satze: <Z8t in intollLcitn, cinoä N0N s.mes kusrit in SLNSN, hat Leibniz nicht Wir müssen hier im Vorübergehen auch der Kunst gedenken, deren Auf¬ *) Oder der Anschauung, wie die reine Mathematik. Vergl. Kant, Kritik der reinen
Vernunft. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215586"/> <fw type="header" place="top"> Lursum ce>r6^</fw><lb/> <p xml:id="ID_1751" prev="#ID_1750"> Satze: <Z8t in intollLcitn, cinoä N0N s.mes kusrit in SLNSN, hat Leibniz nicht<lb/> mit Unrecht die Worte hinzugefügt: nisi intsIisotaK lose. Das ist der un¬<lb/> mittelbar empfundne Kern unsers Wesens; aber er bringt uns nicht vorwärts,<lb/> wenn er nur das in sich aufnimmt, mit dem sich begnügt, qnoä g.nec tuvrit<lb/> in Leu8n; es ist dann gleichsam ein Hinabsteigen in die Welt der Erscheinungen,<lb/> deren Höhepunkt er selber ist. Das ist es, weshalb die Wissenschaften das<lb/> Höchste für die geistige Ausbildung nicht leisten können: sie sind insgesamt<lb/> Wissenschaften nur insofern, als sie sich auf Gegenstände beziehen lassen, die<lb/> der Erfahrung gegeben werden können.")</p><lb/> <p xml:id="ID_1752" next="#ID_1753"> Wir müssen hier im Vorübergehen auch der Kunst gedenken, deren Auf¬<lb/> gaben und Wirksamkeit wir bisher noch nicht betrachtet haben, und der man<lb/> insofern eine höhere Stelle einräumen könnte, als sie sich nicht (wie die<lb/> Wissenschaft) mit Begriffen beschäftigt, sondern mit Ideen. Daß aber auch sie<lb/> das Höchste für geistige Vervollkommnung nicht leisten kann, wenigstens nicht<lb/> allein, nicht unmittelbar, dafür werden einige Beweise genügen. Zunächst ist<lb/> es der Kunst unmöglich, in dem Maße Gemeingut aller zu werden, wie es<lb/> für eine allgemeine geistige Erneuerung notwendig ist; die Hinderungs¬<lb/> gründe liegen teils in den verschiednen Anlagen der Menschen, teils in den<lb/> äußern Umständen, die mir den bis zu einem gewissen Grade begabten und<lb/> begüterten die Kunst zugänglich machen. Die große Masse des Volks würde<lb/> bei einer von manchen (z. B. Richard Wagner) so schön erträumten „Kunst-<lb/> rcligiou" leer ausgehen und verschmachten. David Strauß in seinen bekannten<lb/> Borschlägen langt auch ungefähr bei diesem Ergebnis an. Ferner können<lb/> wir auf die Kunst das anwenden, was wir oben als Aufgabe der Frauen im<lb/> geistigen Leben bezeichnet haben: Verarbeitung und Gestaltung der Ideen, aber<lb/> nicht ihre Hervorbringung; natürlich ist hier Gestaltung auf anderen Gebiete<lb/> und in anderm Sinne gemeint als dort. Beispiele der Erfahrung, daß gerade<lb/> die Dichtkunst das Größte geleistet habe in Hervorbringung der Ideen, können<lb/> uns nicht irre machen; die Dichter haben die Ideen nicht durch die Kunst ge¬<lb/> wonnen, sondern ihr mitgeteilt. Die geistige Veredlung, die von solchen ideen¬<lb/> erfüllten, wahrhaft idealen Kunstwerken ausgehen kann, hat ihre hohe Bedeu¬<lb/> tung; aber sie kam? uicht grundlegend sein, sie kann mir ausbauen, befestigen,<lb/> nicht erneuern, sondern nur fördern. Und das beruht schließlich auf der¬<lb/> selben Ursache, durch die die von uns geforderte Leistung den Wissenschaften<lb/> unmöglich ist: auch die Kunst ist in ihrem Wirken an Gegenstünde gebunden;<lb/> wenn sie auch uicht, wie die Wissenschaften zum Bilden von Begriffen, ihr<lb/> Material daraus nimmt, so sind sie doch das Material, in dem allein sie ihre<lb/> Ideen darstellen kann; sie kann nicht unmittelbar auf den Intellekt wirken,</p><lb/> <note xml:id="FID_61" place="foot"> *) Oder der Anschauung, wie die reine Mathematik. Vergl. Kant, Kritik der reinen<lb/> Vernunft.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
Lursum ce>r6^
Satze: <Z8t in intollLcitn, cinoä N0N s.mes kusrit in SLNSN, hat Leibniz nicht
mit Unrecht die Worte hinzugefügt: nisi intsIisotaK lose. Das ist der un¬
mittelbar empfundne Kern unsers Wesens; aber er bringt uns nicht vorwärts,
wenn er nur das in sich aufnimmt, mit dem sich begnügt, qnoä g.nec tuvrit
in Leu8n; es ist dann gleichsam ein Hinabsteigen in die Welt der Erscheinungen,
deren Höhepunkt er selber ist. Das ist es, weshalb die Wissenschaften das
Höchste für die geistige Ausbildung nicht leisten können: sie sind insgesamt
Wissenschaften nur insofern, als sie sich auf Gegenstände beziehen lassen, die
der Erfahrung gegeben werden können.")
Wir müssen hier im Vorübergehen auch der Kunst gedenken, deren Auf¬
gaben und Wirksamkeit wir bisher noch nicht betrachtet haben, und der man
insofern eine höhere Stelle einräumen könnte, als sie sich nicht (wie die
Wissenschaft) mit Begriffen beschäftigt, sondern mit Ideen. Daß aber auch sie
das Höchste für geistige Vervollkommnung nicht leisten kann, wenigstens nicht
allein, nicht unmittelbar, dafür werden einige Beweise genügen. Zunächst ist
es der Kunst unmöglich, in dem Maße Gemeingut aller zu werden, wie es
für eine allgemeine geistige Erneuerung notwendig ist; die Hinderungs¬
gründe liegen teils in den verschiednen Anlagen der Menschen, teils in den
äußern Umständen, die mir den bis zu einem gewissen Grade begabten und
begüterten die Kunst zugänglich machen. Die große Masse des Volks würde
bei einer von manchen (z. B. Richard Wagner) so schön erträumten „Kunst-
rcligiou" leer ausgehen und verschmachten. David Strauß in seinen bekannten
Borschlägen langt auch ungefähr bei diesem Ergebnis an. Ferner können
wir auf die Kunst das anwenden, was wir oben als Aufgabe der Frauen im
geistigen Leben bezeichnet haben: Verarbeitung und Gestaltung der Ideen, aber
nicht ihre Hervorbringung; natürlich ist hier Gestaltung auf anderen Gebiete
und in anderm Sinne gemeint als dort. Beispiele der Erfahrung, daß gerade
die Dichtkunst das Größte geleistet habe in Hervorbringung der Ideen, können
uns nicht irre machen; die Dichter haben die Ideen nicht durch die Kunst ge¬
wonnen, sondern ihr mitgeteilt. Die geistige Veredlung, die von solchen ideen¬
erfüllten, wahrhaft idealen Kunstwerken ausgehen kann, hat ihre hohe Bedeu¬
tung; aber sie kam? uicht grundlegend sein, sie kann mir ausbauen, befestigen,
nicht erneuern, sondern nur fördern. Und das beruht schließlich auf der¬
selben Ursache, durch die die von uns geforderte Leistung den Wissenschaften
unmöglich ist: auch die Kunst ist in ihrem Wirken an Gegenstünde gebunden;
wenn sie auch uicht, wie die Wissenschaften zum Bilden von Begriffen, ihr
Material daraus nimmt, so sind sie doch das Material, in dem allein sie ihre
Ideen darstellen kann; sie kann nicht unmittelbar auf den Intellekt wirken,
*) Oder der Anschauung, wie die reine Mathematik. Vergl. Kant, Kritik der reinen
Vernunft.
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