Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.<Lharles Ringsley als Dichter und Sozialreformer Freund und Lehrer Maurice, der die Handschrift Coleridge und Teunhson Als Quelle hatte ihm Dietrich von Apoldas Lebensbeschreibung der
Elisabeth ist dem unheimlichen Einfluß, der "religiösen Suggestion" des
Drin Schutt und Moder, Abfall von Jahrzehnten Nachdem Ludwig im Kreuzzuge gefallen ist, weiß Konrad sein Opfer Elisabeth <Lharles Ringsley als Dichter und Sozialreformer Freund und Lehrer Maurice, der die Handschrift Coleridge und Teunhson Als Quelle hatte ihm Dietrich von Apoldas Lebensbeschreibung der
Elisabeth ist dem unheimlichen Einfluß, der „religiösen Suggestion" des
Drin Schutt und Moder, Abfall von Jahrzehnten Nachdem Ludwig im Kreuzzuge gefallen ist, weiß Konrad sein Opfer Elisabeth <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0326" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/215416"/> <fw type="header" place="top"> <Lharles Ringsley als Dichter und Sozialreformer</fw><lb/> <p xml:id="ID_1121" prev="#ID_1120"> Freund und Lehrer Maurice, der die Handschrift Coleridge und Teunhson<lb/> vorgelegt hatte, forderte ihn auf, das Werk sofort herauszugeben. So erschien<lb/> es denn zu Anfang 1848 gleichsam als poetischer Heroldsruf einer neu ent-<lb/> standnen, von Kingsleh, Maurice und dem Advokaten Ludlvw gegründeten<lb/> christlich-sozialen Partei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1122"> Als Quelle hatte ihm Dietrich von Apoldas Lebensbeschreibung der<lb/> heiligen Elisabeth gedient. Mvntalcmberts im Jahre 1836 erschienene Schrift<lb/> Vis als Lainw-NIis-tbetll 6s Hongriö hat er nicht benutzt. Es ist ein gewagtes<lb/> Unternehmen, diesen dem Leser bekannten Stoff, der mehr ein pathologisches<lb/> als ein psychologisches Interesse beanspruchen kann, in dramatischer Form zu<lb/> behandeln. Aber das Wechselgesprnch bot dem Dichter die beste Gelegenheit,<lb/> seine Gedanken scharf und zugespitzt vorzubringen. Englische Verhältnisse sind<lb/> gemeint, wenn der Landgraf Ludwig zu seinem treuen Begleiter Walter von<lb/> Barna bei einem Spazierritt sagt:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1123"> Ach! jeder Tag umwölkt sich neu und trüb</p> <p xml:id="ID_1124"> Mit Klagen über Fieber, morsche Hütten,</p> <p xml:id="ID_1125"> Not, Habsucht, Dummheit — Schöffen wie Barone</p> <p xml:id="ID_1126"> Bereichern sich. Das gute Ackerland</p> <p xml:id="ID_1127"> Wird Wald und Jagdgrund. Solchem Unfug steuern</p> <p xml:id="ID_1128"> Wär tnchtge Arbeit; eines jungen Helden</p> <p xml:id="ID_1129" next="#ID_1130"> Wohl wert!</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1130" prev="#ID_1129"> Elisabeth ist dem unheimlichen Einfluß, der „religiösen Suggestion" des<lb/> Mönchs und Ketzerrichters Konrad unterlegen. Ihm hat sie Gehorsam zu¬<lb/> geschworen. Sie geht nun in die Hütten der Armut und lernt das Elend<lb/> kennen. Und wieder ist es ein englisches Bild, das uus der Dichter vorführt:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1131"> Ich trat zur Hölle ein. Das Himmelslicht</p> <p xml:id="ID_1132"> War spärlich, und die Luft war dick und dumpf.</p> <p xml:id="ID_1133"> Die Ziegel hingen locker. Angellvs</p> <p xml:id="ID_1134"> Erzitterten die Thüren über Löchern,</p> <p xml:id="ID_1135"> In schwarzen Pfützen dampfte und gerann.</p> <p xml:id="ID_1136"> Und mit getauften Spielgenossen kämpften</p> <p xml:id="ID_1137"> Elende Ferkel grunzend um die Brocken!</p> <p xml:id="ID_1138"> Schrill fluchten Mutter! Bleiche Kinder lärmten,</p> <p xml:id="ID_1139"> Ein scharfer Husten tönte dnrch die Hütte.</p> <p xml:id="ID_1140"> Hier stummer Vorwurf ans des Hungers Augen,</p> <p xml:id="ID_1141"> Dort blöd verlegnes, stumpfes Greisentum.</p> <p xml:id="ID_1142"> schlaff saß der Arbeiter am leeren Webstuhl,</p> <p xml:id="ID_1143"> Schoß finstre Blicke durch sein struppig Haar.</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1144" next="#ID_1145"> Drin Schutt und Moder, Abfall von Jahrzehnten</p><lb/> <p xml:id="ID_1145" prev="#ID_1144" next="#ID_1146"> Nachdem Ludwig im Kreuzzuge gefallen ist, weiß Konrad sein Opfer Elisabeth<lb/> von allem, was ihr lieb und teuer ist, zu entfernen. Frömmigkeit und Askese<lb/> werden bei ihr zum religiösen Wahnsinn, und Konrad triumphirt. Nur einen<lb/> heftigen Gegner hat er, Walter von Variln. Dieser vertritt des Dichters An¬<lb/> sicht. Er durchschaut Konrad und sagt: „Der gehört zu den glatten Verstandes-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0326]
<Lharles Ringsley als Dichter und Sozialreformer
Freund und Lehrer Maurice, der die Handschrift Coleridge und Teunhson
vorgelegt hatte, forderte ihn auf, das Werk sofort herauszugeben. So erschien
es denn zu Anfang 1848 gleichsam als poetischer Heroldsruf einer neu ent-
standnen, von Kingsleh, Maurice und dem Advokaten Ludlvw gegründeten
christlich-sozialen Partei.
Als Quelle hatte ihm Dietrich von Apoldas Lebensbeschreibung der
heiligen Elisabeth gedient. Mvntalcmberts im Jahre 1836 erschienene Schrift
Vis als Lainw-NIis-tbetll 6s Hongriö hat er nicht benutzt. Es ist ein gewagtes
Unternehmen, diesen dem Leser bekannten Stoff, der mehr ein pathologisches
als ein psychologisches Interesse beanspruchen kann, in dramatischer Form zu
behandeln. Aber das Wechselgesprnch bot dem Dichter die beste Gelegenheit,
seine Gedanken scharf und zugespitzt vorzubringen. Englische Verhältnisse sind
gemeint, wenn der Landgraf Ludwig zu seinem treuen Begleiter Walter von
Barna bei einem Spazierritt sagt:
Ach! jeder Tag umwölkt sich neu und trüb
Mit Klagen über Fieber, morsche Hütten,
Not, Habsucht, Dummheit — Schöffen wie Barone
Bereichern sich. Das gute Ackerland
Wird Wald und Jagdgrund. Solchem Unfug steuern
Wär tnchtge Arbeit; eines jungen Helden
Wohl wert!
Elisabeth ist dem unheimlichen Einfluß, der „religiösen Suggestion" des
Mönchs und Ketzerrichters Konrad unterlegen. Ihm hat sie Gehorsam zu¬
geschworen. Sie geht nun in die Hütten der Armut und lernt das Elend
kennen. Und wieder ist es ein englisches Bild, das uus der Dichter vorführt:
Ich trat zur Hölle ein. Das Himmelslicht
War spärlich, und die Luft war dick und dumpf.
Die Ziegel hingen locker. Angellvs
Erzitterten die Thüren über Löchern,
In schwarzen Pfützen dampfte und gerann.
Und mit getauften Spielgenossen kämpften
Elende Ferkel grunzend um die Brocken!
Schrill fluchten Mutter! Bleiche Kinder lärmten,
Ein scharfer Husten tönte dnrch die Hütte.
Hier stummer Vorwurf ans des Hungers Augen,
Dort blöd verlegnes, stumpfes Greisentum.
schlaff saß der Arbeiter am leeren Webstuhl,
Schoß finstre Blicke durch sein struppig Haar.
Drin Schutt und Moder, Abfall von Jahrzehnten
Nachdem Ludwig im Kreuzzuge gefallen ist, weiß Konrad sein Opfer Elisabeth
von allem, was ihr lieb und teuer ist, zu entfernen. Frömmigkeit und Askese
werden bei ihr zum religiösen Wahnsinn, und Konrad triumphirt. Nur einen
heftigen Gegner hat er, Walter von Variln. Dieser vertritt des Dichters An¬
sicht. Er durchschaut Konrad und sagt: „Der gehört zu den glatten Verstandes-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |