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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Städte, Eisenbahnen, Dampfboote, Seebäder, Naturschönheiten eben so richtig,
wie sie kurz und knapp sind. Wir haben den Eindruck, daß dieses schmucke
Buch Deutschland in seiner Art gerade so Ehre machen wird, wie so manches
andre Werk deutscheu Geistes und deutscher Hände, das in Chicago ausge¬
stellt ist.

Wer sich Chicago genau betrachten will, wähle Eugen Seegers Chi¬
cago, Geschichte einer Wunderstadt (Chicago, 1893°"). Eugen Seeger ist einer
von den Deutschen, die das große, glänzende Chicago von heute haben bauen
helfen. Es ist fast wörtlich zu nehmen, den" seinem ausgezeichneten Buche
über den Brand von 1871, der den Wendepunkt in der Entwicklung der
Stadt bildet, gelang es, weithin Teilnahme und Verständnis für dieses merk¬
würdige Gemeinwesen zu wecken. Das Buch war unter rauchenden Trümmern
geschrieben und gedruckt und mit amerikanischer Geschwindigkeit veröffentlicht
worden. Seeger hat das alte Chicago gekannt, wie er das neue kennt. Wenige
Deutsche dürften eine so warme Fühlung mit dem Volke Chicagos haben, wie
er, der sein eignes Leben, vom Jüngling an, als Zeitungsschreiber, Nolks-
redner, Versicherungsdirektor, Politiker und Beamter in und mit Chicago
"gemacht" hat. Darum macht auch sein neues Buch den Eindruck, mitten
aus dem Leben herausgegriffen zu sein. Wir glaubten deutsche Chicagocr sich
unterhalten zu hören, als wir es aufschlugen und die indianische Vorgeschichte,
die bunten Erlebnisse der jungen Stadt, den Einfluß der achtundvierziger
Deutschen, das große Feuer, den neuen Aufschwung, den Anarchistenprozeß
und den Croninprozeß, endlich die Weltausstellung Kapitel für Kapitel ver¬
folgten. Wenn sich auch der in Amerika immer mehr vordrängende Kultus
des Erfolges und der Träger der Erfolge etwas breit hinstellt -- daran
muß man sich besonders in Chicago gewöhnen --, das ganze Buch ist
gründlich, voll Thatsachen und Lehren und mit der Wärme aufrichtigen An¬
teils geschrieben. Für jeden Deutschen ist aber besonders die Reihe der Ab¬
schnitte über das Deutschtum in Chicago anziehend. Zum erstenmal erhält
hier das Deutschtum die ihm gebührende Stelle in der Geschichte Chicagos.
Der Verfasser hat, wie er im Vorwort bekennt, diese deutsche Geschichte
Chicagos geschrieben, weil "in keiner der seither in englischer Sprache er¬
schienenen geschichtlichen Abhandlungen über Chicago das hiesige Deutschtum
auch nur annähernd die Würdigung gefunden hat, die ihm gebührt." Das
Seegersche Buch ist das beste der in deutscher Sprache über Chicago jetzt
und früher erschienenen Bücher. Wir wünschen ihm viele aufmerksame Leser
und drücken im Geiste dem guten, warmherzigen Deutschen und Deutschameri¬
kaner die Hand für diese schöne Gabe.

Über E. von Hesse-Warteggs Chicago (Stuttgart, 1803) können wir



^) In Kommission bei Fr. Wilh. Grunow, Leipzig.

Städte, Eisenbahnen, Dampfboote, Seebäder, Naturschönheiten eben so richtig,
wie sie kurz und knapp sind. Wir haben den Eindruck, daß dieses schmucke
Buch Deutschland in seiner Art gerade so Ehre machen wird, wie so manches
andre Werk deutscheu Geistes und deutscher Hände, das in Chicago ausge¬
stellt ist.

Wer sich Chicago genau betrachten will, wähle Eugen Seegers Chi¬
cago, Geschichte einer Wunderstadt (Chicago, 1893°"). Eugen Seeger ist einer
von den Deutschen, die das große, glänzende Chicago von heute haben bauen
helfen. Es ist fast wörtlich zu nehmen, den» seinem ausgezeichneten Buche
über den Brand von 1871, der den Wendepunkt in der Entwicklung der
Stadt bildet, gelang es, weithin Teilnahme und Verständnis für dieses merk¬
würdige Gemeinwesen zu wecken. Das Buch war unter rauchenden Trümmern
geschrieben und gedruckt und mit amerikanischer Geschwindigkeit veröffentlicht
worden. Seeger hat das alte Chicago gekannt, wie er das neue kennt. Wenige
Deutsche dürften eine so warme Fühlung mit dem Volke Chicagos haben, wie
er, der sein eignes Leben, vom Jüngling an, als Zeitungsschreiber, Nolks-
redner, Versicherungsdirektor, Politiker und Beamter in und mit Chicago
„gemacht" hat. Darum macht auch sein neues Buch den Eindruck, mitten
aus dem Leben herausgegriffen zu sein. Wir glaubten deutsche Chicagocr sich
unterhalten zu hören, als wir es aufschlugen und die indianische Vorgeschichte,
die bunten Erlebnisse der jungen Stadt, den Einfluß der achtundvierziger
Deutschen, das große Feuer, den neuen Aufschwung, den Anarchistenprozeß
und den Croninprozeß, endlich die Weltausstellung Kapitel für Kapitel ver¬
folgten. Wenn sich auch der in Amerika immer mehr vordrängende Kultus
des Erfolges und der Träger der Erfolge etwas breit hinstellt — daran
muß man sich besonders in Chicago gewöhnen —, das ganze Buch ist
gründlich, voll Thatsachen und Lehren und mit der Wärme aufrichtigen An¬
teils geschrieben. Für jeden Deutschen ist aber besonders die Reihe der Ab¬
schnitte über das Deutschtum in Chicago anziehend. Zum erstenmal erhält
hier das Deutschtum die ihm gebührende Stelle in der Geschichte Chicagos.
Der Verfasser hat, wie er im Vorwort bekennt, diese deutsche Geschichte
Chicagos geschrieben, weil „in keiner der seither in englischer Sprache er¬
schienenen geschichtlichen Abhandlungen über Chicago das hiesige Deutschtum
auch nur annähernd die Würdigung gefunden hat, die ihm gebührt." Das
Seegersche Buch ist das beste der in deutscher Sprache über Chicago jetzt
und früher erschienenen Bücher. Wir wünschen ihm viele aufmerksame Leser
und drücken im Geiste dem guten, warmherzigen Deutschen und Deutschameri¬
kaner die Hand für diese schöne Gabe.

Über E. von Hesse-Warteggs Chicago (Stuttgart, 1803) können wir



^) In Kommission bei Fr. Wilh. Grunow, Leipzig.
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[0314] Städte, Eisenbahnen, Dampfboote, Seebäder, Naturschönheiten eben so richtig, wie sie kurz und knapp sind. Wir haben den Eindruck, daß dieses schmucke Buch Deutschland in seiner Art gerade so Ehre machen wird, wie so manches andre Werk deutscheu Geistes und deutscher Hände, das in Chicago ausge¬ stellt ist. Wer sich Chicago genau betrachten will, wähle Eugen Seegers Chi¬ cago, Geschichte einer Wunderstadt (Chicago, 1893°"). Eugen Seeger ist einer von den Deutschen, die das große, glänzende Chicago von heute haben bauen helfen. Es ist fast wörtlich zu nehmen, den» seinem ausgezeichneten Buche über den Brand von 1871, der den Wendepunkt in der Entwicklung der Stadt bildet, gelang es, weithin Teilnahme und Verständnis für dieses merk¬ würdige Gemeinwesen zu wecken. Das Buch war unter rauchenden Trümmern geschrieben und gedruckt und mit amerikanischer Geschwindigkeit veröffentlicht worden. Seeger hat das alte Chicago gekannt, wie er das neue kennt. Wenige Deutsche dürften eine so warme Fühlung mit dem Volke Chicagos haben, wie er, der sein eignes Leben, vom Jüngling an, als Zeitungsschreiber, Nolks- redner, Versicherungsdirektor, Politiker und Beamter in und mit Chicago „gemacht" hat. Darum macht auch sein neues Buch den Eindruck, mitten aus dem Leben herausgegriffen zu sein. Wir glaubten deutsche Chicagocr sich unterhalten zu hören, als wir es aufschlugen und die indianische Vorgeschichte, die bunten Erlebnisse der jungen Stadt, den Einfluß der achtundvierziger Deutschen, das große Feuer, den neuen Aufschwung, den Anarchistenprozeß und den Croninprozeß, endlich die Weltausstellung Kapitel für Kapitel ver¬ folgten. Wenn sich auch der in Amerika immer mehr vordrängende Kultus des Erfolges und der Träger der Erfolge etwas breit hinstellt — daran muß man sich besonders in Chicago gewöhnen —, das ganze Buch ist gründlich, voll Thatsachen und Lehren und mit der Wärme aufrichtigen An¬ teils geschrieben. Für jeden Deutschen ist aber besonders die Reihe der Ab¬ schnitte über das Deutschtum in Chicago anziehend. Zum erstenmal erhält hier das Deutschtum die ihm gebührende Stelle in der Geschichte Chicagos. Der Verfasser hat, wie er im Vorwort bekennt, diese deutsche Geschichte Chicagos geschrieben, weil „in keiner der seither in englischer Sprache er¬ schienenen geschichtlichen Abhandlungen über Chicago das hiesige Deutschtum auch nur annähernd die Würdigung gefunden hat, die ihm gebührt." Das Seegersche Buch ist das beste der in deutscher Sprache über Chicago jetzt und früher erschienenen Bücher. Wir wünschen ihm viele aufmerksame Leser und drücken im Geiste dem guten, warmherzigen Deutschen und Deutschameri¬ kaner die Hand für diese schöne Gabe. Über E. von Hesse-Warteggs Chicago (Stuttgart, 1803) können wir ^) In Kommission bei Fr. Wilh. Grunow, Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/314>, abgerufen am 24.11.2024.