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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Der Schutz der Gewerbtreibenden gegen unlautern INitbeworb

zum Richtersprüche reif, wobei dann dem Verletzten auch das Recht zustehen
muß, von der Zeit der Aufforderung an Entschädigung zu verlangen.

Endlich scheint es mir auch ein Bedürfnis zu sein, daß das Recht zu
einer solchen Klage auf eine kurze Zeit beschränkt werde. Hat jemand eine
Einrichtung Jahr und Tag offen in Gebrauch gehabt, so wird es uicht mehr
als eine Gerechtigkeit empfunden werden, wenn ein andrer mit der Anforderung
auftritt, sie zu beseitigen, weil er selbst schon früher diese Einrichtung gehabt
habe. Alle nur auf Billigkeit beruhenden Ansprüche muß man stets mit vor¬
sichtiger Maßhaltung behandeln. Auch wird nach längerer Zeit das Früher
oder Später des einen oft schwer zu beweisen sein.

Meiner Ansicht würde es daher entsprechen, wenn an die Stelle des
H 14 etwa folgende Bestimmung träte:

Jeder Gewerbtreibende hat einen Anspruch darauf, daß nicht ein andrer Ge-
werbtreibeuder, der mit ihm in geschäftlichem Wettbewerbe steht, in der äußern
Gestaltung seines Geschäftsbetriebs Einrichtungen trifft, die geeignet sind, zu einer
Verwechslung der beiden Geschäfte zu führen und dadurch die Kundschaft des
einen dem andern zuzuwenden. Unterläßt auf die Aufforderung des einen Ge¬
schäftstreibenden der andre, eine derartige von ihm getroffne Einrichtung abzu¬
stellen, so kann der erste auf deren Abstellung und ans Ersatz des durch sie seit
der Aufforderung ihm erwachsenen Schadens Klage erheben.

Einrichtungen, die allgemein oder in weitern Kreisen üblich sind, fallen nicht
unter diese Bestimmung.

Die Klage ist unzulässig, wenn der andre Gewerbtreibende die angeblich täuschende
Einrichtung schon vor Jahresfrist getroffen und seitdem offen in Gebrauch gehabt hat.

Wir wollen zum Schluß noch einige weitere Fälle besprechen, in denen
die französischen Gerichte eine oonourrsnoo clölo^alö gegeben finden und den,
der sie ausgeübt hat, zum Schadenersatz verurteilen. Sie halten es für eine
solche, wenn sich ein Gewerbtreibender in einer öffentlichen Kundgebung (wahr¬
heitsgemäß) als frühern Arbeiter, Gehilfen, Gesellschafter u. f. w. eines andern
Gewerbtreibenden bezeichnet, oder wenn er sich dessen rühmt, was er in dem
Geschäfte eines andern geleistet habe. Nur olövo as est soll man sich nennen
dürfen, weil für die Schülerschaft der Meister bezahlt werde und sich deshalb
auch der Schüler deren rühmen dürfe. Es gilt ferner als unlauterer Wett¬
bewerb, wenn jemand Waren eines andern, um sie herabzusetzen, zu geringen
Preisen (unter den Fabrikpreisen) verkauft, wenn jemand einem andern Ge¬
hilfen oder Arbeiter abspenstig macht, wenn jemand für sein Geschüft Kennt¬
nisse benutzt, die ihm durch Gehilfen oder Arbeiter eines andern zugetragen
worden sind. Das alles halte ich für Übertreibungen. Die Frage, ob nicht
Gewerbtreibende gegen den Verrat von Geheimnissen ihres Betriebes durch
Gehilfen und Arbeiter zu schützen seien -- eine Frage, über die schon eine
ganze Litteratur vorhanden ist --, ist allerdings erwägenswert. Sie ist jedoch
so schwierig, daß ich sie hier nicht nebenbei erörtern kann.

In der erwähnten Schrift von Alexander Katz wird auch als eine Art


Der Schutz der Gewerbtreibenden gegen unlautern INitbeworb

zum Richtersprüche reif, wobei dann dem Verletzten auch das Recht zustehen
muß, von der Zeit der Aufforderung an Entschädigung zu verlangen.

Endlich scheint es mir auch ein Bedürfnis zu sein, daß das Recht zu
einer solchen Klage auf eine kurze Zeit beschränkt werde. Hat jemand eine
Einrichtung Jahr und Tag offen in Gebrauch gehabt, so wird es uicht mehr
als eine Gerechtigkeit empfunden werden, wenn ein andrer mit der Anforderung
auftritt, sie zu beseitigen, weil er selbst schon früher diese Einrichtung gehabt
habe. Alle nur auf Billigkeit beruhenden Ansprüche muß man stets mit vor¬
sichtiger Maßhaltung behandeln. Auch wird nach längerer Zeit das Früher
oder Später des einen oft schwer zu beweisen sein.

Meiner Ansicht würde es daher entsprechen, wenn an die Stelle des
H 14 etwa folgende Bestimmung träte:

Jeder Gewerbtreibende hat einen Anspruch darauf, daß nicht ein andrer Ge-
werbtreibeuder, der mit ihm in geschäftlichem Wettbewerbe steht, in der äußern
Gestaltung seines Geschäftsbetriebs Einrichtungen trifft, die geeignet sind, zu einer
Verwechslung der beiden Geschäfte zu führen und dadurch die Kundschaft des
einen dem andern zuzuwenden. Unterläßt auf die Aufforderung des einen Ge¬
schäftstreibenden der andre, eine derartige von ihm getroffne Einrichtung abzu¬
stellen, so kann der erste auf deren Abstellung und ans Ersatz des durch sie seit
der Aufforderung ihm erwachsenen Schadens Klage erheben.

Einrichtungen, die allgemein oder in weitern Kreisen üblich sind, fallen nicht
unter diese Bestimmung.

Die Klage ist unzulässig, wenn der andre Gewerbtreibende die angeblich täuschende
Einrichtung schon vor Jahresfrist getroffen und seitdem offen in Gebrauch gehabt hat.

Wir wollen zum Schluß noch einige weitere Fälle besprechen, in denen
die französischen Gerichte eine oonourrsnoo clölo^alö gegeben finden und den,
der sie ausgeübt hat, zum Schadenersatz verurteilen. Sie halten es für eine
solche, wenn sich ein Gewerbtreibender in einer öffentlichen Kundgebung (wahr¬
heitsgemäß) als frühern Arbeiter, Gehilfen, Gesellschafter u. f. w. eines andern
Gewerbtreibenden bezeichnet, oder wenn er sich dessen rühmt, was er in dem
Geschäfte eines andern geleistet habe. Nur olövo as est soll man sich nennen
dürfen, weil für die Schülerschaft der Meister bezahlt werde und sich deshalb
auch der Schüler deren rühmen dürfe. Es gilt ferner als unlauterer Wett¬
bewerb, wenn jemand Waren eines andern, um sie herabzusetzen, zu geringen
Preisen (unter den Fabrikpreisen) verkauft, wenn jemand einem andern Ge¬
hilfen oder Arbeiter abspenstig macht, wenn jemand für sein Geschüft Kennt¬
nisse benutzt, die ihm durch Gehilfen oder Arbeiter eines andern zugetragen
worden sind. Das alles halte ich für Übertreibungen. Die Frage, ob nicht
Gewerbtreibende gegen den Verrat von Geheimnissen ihres Betriebes durch
Gehilfen und Arbeiter zu schützen seien — eine Frage, über die schon eine
ganze Litteratur vorhanden ist —, ist allerdings erwägenswert. Sie ist jedoch
so schwierig, daß ich sie hier nicht nebenbei erörtern kann.

In der erwähnten Schrift von Alexander Katz wird auch als eine Art


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/258>, abgerufen am 24.11.2024.