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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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getragen noch verborgen werden, und sein Wert ließe sich rascher und genauer
einschätzen als der Wert irgend eines andern Steuervbjckts oder Einkommens.
Die "Grundrentcnsteucr" ließe sich also auf die billigste Weise einziehen, ohne
die Volksmoral fortwährend in Versuchung zu führen, und die Volkswirtschaft
würde uicht mehr durch endlose Steuerprojekte beunruhigt werden.

Die "Grundwertsteuer" würde nuf mancherlei Weise den Volkswohlstand
außerordentlich heben:

1. Durch die Abschaffung der Steuerkasten, die heutzutage die Arbeit,
den Fleiß und die Sparsamkeit bedrücken. Denn wenn wir Häuser besteuern,
denn werden weniger Hänser gebaut. Wenn wir Getreide besteuern, dann
giebt es weniger Brot. Wenn wir Maschinen besteuern, dann werden weniger
Maschinen gebaut. Besteueru wir den Handel, so wird der Güteraustausch
gehemmt und verringert. Besteuern wir das Kapital, so vermindert sich das
Kapital, oder es wird vertrieben. Besteuern wir die Ersparnisse des Volkes,
so wird weniger gespart. Alle diese Steuern, die wir ausheben wollen, be¬
lasten die Betriebsamkeit und schädigen somit den Volkswohlstand. Wenn wir
aber die Grund- und Bodenwerte besteuern, so wird weder der Boden kleiner,
uoch seine Nutzbarkeit für die Gesamtheit geringer werden.

2. Im Gegenteil: die Besteuerung der Grundwerke Hütte die wohlthätige
Folge, daß Grund und Boden im allgemeinen sowohl zur Bebauung als zur
Arbeits- oder Heimstätte leichter und billiger zu haben sein würde. Denn die
Steuer würde es deu Grundeigentümern verleiden und unmöglich machen,
wertvollen Boden aus Spekulation -- in Erwartung zukünftiger höherer Grund-
stückspreise -- oder zu irgeud einem andern gemeinschädlichem privaten Zweck
brach liegen zu lassen. Während die Aufhebung der Steuern und Zölle auf
Arbeit und Arbcitserzenguissc den aktiven Faktor der Produktion -- die
Arbeit -- befreien würde, würde die Einsteuerung der Grundrente den passiven
Faktor -- den Grund und Boden -- ebenfalls befreien, weil die Steuer
die Spekulationswerte des Grund und Bodens vernichten und die Vorent¬
haltung des Arbeitsmaterials und der Naturkräfte, sowie des Arbeits- und
Wohnraumes des Erdbodens unmöglich machen würde.

Wer mit offnen Augen um sich blickt, wird gewahr werden, wie viel
Land, wie viel Baugrund, wie viel Bergwerke, Steinbrüche und Rohstoff¬
quellen aller Art jetzt zeitweise oder dauernd unbenutzt oder halb benutzt
daliegen. Er wird gleichzeitig Arbeiter in den Straßen und Kapitalien in den
Banken finden, die unbeschäftigt sind oder nur die Hälfte der Zeit arbeiten.
Bei einigem Nachdenken kann man sich leicht eine Vorstellung davon machen,
um wie viel größer die gesamte Produktion sein könnte, wenn alle Natur¬
schätze des Erdbodens, seine Kräfte und sein Heimstätteuraum sür jedermann
frei, d. h. zu den gleichen Bedingungen benutzbar wären.

3. Die drückende Besteuerung jeder Art von Arbeit und aller Arbeits-


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getragen noch verborgen werden, und sein Wert ließe sich rascher und genauer
einschätzen als der Wert irgend eines andern Steuervbjckts oder Einkommens.
Die „Grundrentcnsteucr" ließe sich also auf die billigste Weise einziehen, ohne
die Volksmoral fortwährend in Versuchung zu führen, und die Volkswirtschaft
würde uicht mehr durch endlose Steuerprojekte beunruhigt werden.

Die „Grundwertsteuer" würde nuf mancherlei Weise den Volkswohlstand
außerordentlich heben:

1. Durch die Abschaffung der Steuerkasten, die heutzutage die Arbeit,
den Fleiß und die Sparsamkeit bedrücken. Denn wenn wir Häuser besteuern,
denn werden weniger Hänser gebaut. Wenn wir Getreide besteuern, dann
giebt es weniger Brot. Wenn wir Maschinen besteuern, dann werden weniger
Maschinen gebaut. Besteueru wir den Handel, so wird der Güteraustausch
gehemmt und verringert. Besteuern wir das Kapital, so vermindert sich das
Kapital, oder es wird vertrieben. Besteuern wir die Ersparnisse des Volkes,
so wird weniger gespart. Alle diese Steuern, die wir ausheben wollen, be¬
lasten die Betriebsamkeit und schädigen somit den Volkswohlstand. Wenn wir
aber die Grund- und Bodenwerte besteuern, so wird weder der Boden kleiner,
uoch seine Nutzbarkeit für die Gesamtheit geringer werden.

2. Im Gegenteil: die Besteuerung der Grundwerke Hütte die wohlthätige
Folge, daß Grund und Boden im allgemeinen sowohl zur Bebauung als zur
Arbeits- oder Heimstätte leichter und billiger zu haben sein würde. Denn die
Steuer würde es deu Grundeigentümern verleiden und unmöglich machen,
wertvollen Boden aus Spekulation — in Erwartung zukünftiger höherer Grund-
stückspreise — oder zu irgeud einem andern gemeinschädlichem privaten Zweck
brach liegen zu lassen. Während die Aufhebung der Steuern und Zölle auf
Arbeit und Arbcitserzenguissc den aktiven Faktor der Produktion — die
Arbeit — befreien würde, würde die Einsteuerung der Grundrente den passiven
Faktor — den Grund und Boden — ebenfalls befreien, weil die Steuer
die Spekulationswerte des Grund und Bodens vernichten und die Vorent¬
haltung des Arbeitsmaterials und der Naturkräfte, sowie des Arbeits- und
Wohnraumes des Erdbodens unmöglich machen würde.

Wer mit offnen Augen um sich blickt, wird gewahr werden, wie viel
Land, wie viel Baugrund, wie viel Bergwerke, Steinbrüche und Rohstoff¬
quellen aller Art jetzt zeitweise oder dauernd unbenutzt oder halb benutzt
daliegen. Er wird gleichzeitig Arbeiter in den Straßen und Kapitalien in den
Banken finden, die unbeschäftigt sind oder nur die Hälfte der Zeit arbeiten.
Bei einigem Nachdenken kann man sich leicht eine Vorstellung davon machen,
um wie viel größer die gesamte Produktion sein könnte, wenn alle Natur¬
schätze des Erdbodens, seine Kräfte und sein Heimstätteuraum sür jedermann
frei, d. h. zu den gleichen Bedingungen benutzbar wären.

3. Die drückende Besteuerung jeder Art von Arbeit und aller Arbeits-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/21>, abgerufen am 01.09.2024.