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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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(Line einzige Steuer I

Die Steuer, die wir anraten, ist keine Steuer auf Immobilien. Denn
unter Immobilien versteht man den Boden mit den Gebäuden und sonstigen
auf oder in dem Boden festgelegten Verbesserungen. Auch wäre sie keine
Steuer auf Land. Denn wir würden nicht alles Land besteuern, sondern nur
den Boden, der nach Abzug des Bebauuugswertes noch einen Wert hat. Nur
solcher Grund und Boden würde, seinem Rentenwerte nach, zur Besteue¬
rung herangezogen werden.

Unser Steuerreformplan erfordert nicht die Einführung einer neuen Steuer.
Denn es besteht ja allenthalben noch eine Grund- und Gebüudestener, durch
die der Grundwert (die Grundrente) bereits mitbesteuert wird. Zur Durch¬
führung der Reform hätte man daher nur nötig, die alte Grundsteuer langsam
von Jahr zu Jahr (etwa um fünf Prozent der heute crziclbaren Grundrente)
zu erhöhen, bis die volle ökonomische Grundrente, die man auch zuweilen den
"unverdienten Zuwachs der Grundwerke" nennt, eingesteuert wäre. Die Ge¬
bäudesteuer aber würde wegfallen.

Daß die Grundrente allein für alle Bedürfnisse des Reichs, des Staats
und der Gemeinde vollauf genügen würde, darüber besteht kein Zweifel. Giebt
es doch im deutschen Reiche noch über achtzig Gemeinden, die aus altger¬
manischer Zeit noch einen Teil ihres Gemeindelandes als Gemeingut festge¬
halten haben, von denen einige noch sämtliche Staats- und Gemeindesteuer"
ihrer Bürger aus dem Pachtertrage bestreikn, ja zuweilen noch jedem Bürger
bares Geld herauszahlen können. Solchen Gemeinden ist dies möglich, ob¬
gleich sie fast alle in wenig begünstigten Gegenden liegen, wo der Vvdenwert
nicht hoch sein kann, und obgleich, wie gesagt, nur ein Teil ihres Bodens
noch Gemeingut ist.

Ich möchte nun kurz die Bordelle und die Gerechtigkeit von Henry
Georges Reformvorschlag darlegen.

Von der Grundwertsteuer als "einziger Steuer" könnte mau, unter vielen
andern, folgende günstigen Wirkungen erwarten.

Das Heer der Zoll- und Steuereinnehmer und die vielen Beamten, die
unser gegenwärtiges Steuersystem erfordert, könnten entbehrt werden, und die
vom Volte aufgebrachte Steuersumme würde nicht mehr durch die großen
Stcuercrhebungskosteu geschmälert werden. Die Finanzverwaltung und der
ganze Regierungsapparat würden wesentlich vereinfacht und deren Unkosten
bedeutend vermindert werden.

Wir wären die vielen lästigen Steuern und Zölle los, die jetzt zu
Steuerumgehungen sowie zu Betrug aller Art Veranlassung bieten, die die
Menschen in Versuchung führen und nur zu oft Tugenden höher besteuern,
die für ein Volk unentbehrlich sind: die Ehrlichkeit und die Gewissenhaftigkeit,
weil diese nicht betrügen können.

Der Grund und Boden aber liegt vor der Thür, er kann nicht weg-


(Line einzige Steuer I

Die Steuer, die wir anraten, ist keine Steuer auf Immobilien. Denn
unter Immobilien versteht man den Boden mit den Gebäuden und sonstigen
auf oder in dem Boden festgelegten Verbesserungen. Auch wäre sie keine
Steuer auf Land. Denn wir würden nicht alles Land besteuern, sondern nur
den Boden, der nach Abzug des Bebauuugswertes noch einen Wert hat. Nur
solcher Grund und Boden würde, seinem Rentenwerte nach, zur Besteue¬
rung herangezogen werden.

Unser Steuerreformplan erfordert nicht die Einführung einer neuen Steuer.
Denn es besteht ja allenthalben noch eine Grund- und Gebüudestener, durch
die der Grundwert (die Grundrente) bereits mitbesteuert wird. Zur Durch¬
führung der Reform hätte man daher nur nötig, die alte Grundsteuer langsam
von Jahr zu Jahr (etwa um fünf Prozent der heute crziclbaren Grundrente)
zu erhöhen, bis die volle ökonomische Grundrente, die man auch zuweilen den
„unverdienten Zuwachs der Grundwerke" nennt, eingesteuert wäre. Die Ge¬
bäudesteuer aber würde wegfallen.

Daß die Grundrente allein für alle Bedürfnisse des Reichs, des Staats
und der Gemeinde vollauf genügen würde, darüber besteht kein Zweifel. Giebt
es doch im deutschen Reiche noch über achtzig Gemeinden, die aus altger¬
manischer Zeit noch einen Teil ihres Gemeindelandes als Gemeingut festge¬
halten haben, von denen einige noch sämtliche Staats- und Gemeindesteuer»
ihrer Bürger aus dem Pachtertrage bestreikn, ja zuweilen noch jedem Bürger
bares Geld herauszahlen können. Solchen Gemeinden ist dies möglich, ob¬
gleich sie fast alle in wenig begünstigten Gegenden liegen, wo der Vvdenwert
nicht hoch sein kann, und obgleich, wie gesagt, nur ein Teil ihres Bodens
noch Gemeingut ist.

Ich möchte nun kurz die Bordelle und die Gerechtigkeit von Henry
Georges Reformvorschlag darlegen.

Von der Grundwertsteuer als „einziger Steuer" könnte mau, unter vielen
andern, folgende günstigen Wirkungen erwarten.

Das Heer der Zoll- und Steuereinnehmer und die vielen Beamten, die
unser gegenwärtiges Steuersystem erfordert, könnten entbehrt werden, und die
vom Volte aufgebrachte Steuersumme würde nicht mehr durch die großen
Stcuercrhebungskosteu geschmälert werden. Die Finanzverwaltung und der
ganze Regierungsapparat würden wesentlich vereinfacht und deren Unkosten
bedeutend vermindert werden.

Wir wären die vielen lästigen Steuern und Zölle los, die jetzt zu
Steuerumgehungen sowie zu Betrug aller Art Veranlassung bieten, die die
Menschen in Versuchung führen und nur zu oft Tugenden höher besteuern,
die für ein Volk unentbehrlich sind: die Ehrlichkeit und die Gewissenhaftigkeit,
weil diese nicht betrügen können.

Der Grund und Boden aber liegt vor der Thür, er kann nicht weg-


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[0020] (Line einzige Steuer I Die Steuer, die wir anraten, ist keine Steuer auf Immobilien. Denn unter Immobilien versteht man den Boden mit den Gebäuden und sonstigen auf oder in dem Boden festgelegten Verbesserungen. Auch wäre sie keine Steuer auf Land. Denn wir würden nicht alles Land besteuern, sondern nur den Boden, der nach Abzug des Bebauuugswertes noch einen Wert hat. Nur solcher Grund und Boden würde, seinem Rentenwerte nach, zur Besteue¬ rung herangezogen werden. Unser Steuerreformplan erfordert nicht die Einführung einer neuen Steuer. Denn es besteht ja allenthalben noch eine Grund- und Gebüudestener, durch die der Grundwert (die Grundrente) bereits mitbesteuert wird. Zur Durch¬ führung der Reform hätte man daher nur nötig, die alte Grundsteuer langsam von Jahr zu Jahr (etwa um fünf Prozent der heute crziclbaren Grundrente) zu erhöhen, bis die volle ökonomische Grundrente, die man auch zuweilen den „unverdienten Zuwachs der Grundwerke" nennt, eingesteuert wäre. Die Ge¬ bäudesteuer aber würde wegfallen. Daß die Grundrente allein für alle Bedürfnisse des Reichs, des Staats und der Gemeinde vollauf genügen würde, darüber besteht kein Zweifel. Giebt es doch im deutschen Reiche noch über achtzig Gemeinden, die aus altger¬ manischer Zeit noch einen Teil ihres Gemeindelandes als Gemeingut festge¬ halten haben, von denen einige noch sämtliche Staats- und Gemeindesteuer» ihrer Bürger aus dem Pachtertrage bestreikn, ja zuweilen noch jedem Bürger bares Geld herauszahlen können. Solchen Gemeinden ist dies möglich, ob¬ gleich sie fast alle in wenig begünstigten Gegenden liegen, wo der Vvdenwert nicht hoch sein kann, und obgleich, wie gesagt, nur ein Teil ihres Bodens noch Gemeingut ist. Ich möchte nun kurz die Bordelle und die Gerechtigkeit von Henry Georges Reformvorschlag darlegen. Von der Grundwertsteuer als „einziger Steuer" könnte mau, unter vielen andern, folgende günstigen Wirkungen erwarten. Das Heer der Zoll- und Steuereinnehmer und die vielen Beamten, die unser gegenwärtiges Steuersystem erfordert, könnten entbehrt werden, und die vom Volte aufgebrachte Steuersumme würde nicht mehr durch die großen Stcuercrhebungskosteu geschmälert werden. Die Finanzverwaltung und der ganze Regierungsapparat würden wesentlich vereinfacht und deren Unkosten bedeutend vermindert werden. Wir wären die vielen lästigen Steuern und Zölle los, die jetzt zu Steuerumgehungen sowie zu Betrug aller Art Veranlassung bieten, die die Menschen in Versuchung führen und nur zu oft Tugenden höher besteuern, die für ein Volk unentbehrlich sind: die Ehrlichkeit und die Gewissenhaftigkeit, weil diese nicht betrügen können. Der Grund und Boden aber liegt vor der Thür, er kann nicht weg-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/20>, abgerufen am 23.11.2024.