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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Deutsche Handelskammeru im Auslande

bei der Frage des aktiven und passiven Wahlrechts am richtigsten die in
§ 12 des deutschen Reichsgesetzes vom 8. November 1867 betreffend die
Organisation der Bundcskonsulate erwähnte Matrikel zu Grnnde gelegt werden,
daneben die Zugehörigkeit zu dem Handels- und Jndustriestand des betreffenden
Platzes. Weiter müßte die Bestimmung gelten, daß nur Deutsche Mitglieder
werdeu dürsten; nur dann hätte man eine Gewähr dafür, daß sie nie etwas
andres sein würden als Pflegstätten national-wirtschaftlicher Interessen und
nationalen Geistes. Eine freie Vereinigung dieser Art würde sich ihres natio¬
nalen Berufs unter Umständen gar nicht bewußt werden. Welche Regierung,
welcher Konsul vermöchte eine freie Vereinigung deutscher Kaufleute zu hindern,
Engländer oder Spanier oder sonstwcn aufzunehmen? Unabweisbar wäre auch
die Forderung einer gesetzlichen Grundlage, die diese Interessenvertretungen
mit öffentlichen Rechten und Pflichten ausstattet und mit dem behördliche"
Charakter, der deu Handelskammern eigen ist.

Von großer Bedeutung für die ganze Organisation ist natürlich die Kosten¬
frage. Auch hier geben uns die Auslaudskammern andrer Länder Fingerzeige.
Je größer die Zahl der deutschen Reichsangehörigen eines Kvnsulatsbezirts
ist, je größer der Einfluß der einzelnen in dem betreffenden Bezirk selbst ist,
und endlich je wichtiger dieser Verkehr mit Deutschland, desto lebhafter
wird das Bedürfnis einer solchen Kammer sein, auch durch Heranziehung ent¬
sprechender Arbeitskräfte die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen, und desto
leichter wird es einer solchen Kammer sein, durch Selbstbesteuerung die er¬
forderlichen Mittel aufzubringen. Beispiele bieten die englische Handelskammer
in Paris und die französische in London. Soweit es sich jedoch um Plätze
handelt, wo die Zahl der deutscheu Reichsangehörigeu nur klein, aber das
deutsche Handels- und Judustrieinteresse sehr groß ist, bleibt nichts übrig, als
durch Zuschüsse aus Kreis- und Zeutralfouds die Kosten zu decken, wie es
ja das Handelskammergesetz eines der deutschen Mittelstaaten ausdrücklich
vorschreibt.

Damit haben wir in Kürze die Aufgaben deutscher Handelskammern im
Auslande geschildert. Es könnten noch manche Einzelheiten über ihre Zweck¬
mäßigkeit angeführt werden; doch wird schon das vorstehende genügen, ihre
Bedeutung für alle mit fremden Ländern im Handelsverkehr stehenden Kreise
zu zeigen.




Deutsche Handelskammeru im Auslande

bei der Frage des aktiven und passiven Wahlrechts am richtigsten die in
§ 12 des deutschen Reichsgesetzes vom 8. November 1867 betreffend die
Organisation der Bundcskonsulate erwähnte Matrikel zu Grnnde gelegt werden,
daneben die Zugehörigkeit zu dem Handels- und Jndustriestand des betreffenden
Platzes. Weiter müßte die Bestimmung gelten, daß nur Deutsche Mitglieder
werdeu dürsten; nur dann hätte man eine Gewähr dafür, daß sie nie etwas
andres sein würden als Pflegstätten national-wirtschaftlicher Interessen und
nationalen Geistes. Eine freie Vereinigung dieser Art würde sich ihres natio¬
nalen Berufs unter Umständen gar nicht bewußt werden. Welche Regierung,
welcher Konsul vermöchte eine freie Vereinigung deutscher Kaufleute zu hindern,
Engländer oder Spanier oder sonstwcn aufzunehmen? Unabweisbar wäre auch
die Forderung einer gesetzlichen Grundlage, die diese Interessenvertretungen
mit öffentlichen Rechten und Pflichten ausstattet und mit dem behördliche»
Charakter, der deu Handelskammern eigen ist.

Von großer Bedeutung für die ganze Organisation ist natürlich die Kosten¬
frage. Auch hier geben uns die Auslaudskammern andrer Länder Fingerzeige.
Je größer die Zahl der deutschen Reichsangehörigen eines Kvnsulatsbezirts
ist, je größer der Einfluß der einzelnen in dem betreffenden Bezirk selbst ist,
und endlich je wichtiger dieser Verkehr mit Deutschland, desto lebhafter
wird das Bedürfnis einer solchen Kammer sein, auch durch Heranziehung ent¬
sprechender Arbeitskräfte die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen, und desto
leichter wird es einer solchen Kammer sein, durch Selbstbesteuerung die er¬
forderlichen Mittel aufzubringen. Beispiele bieten die englische Handelskammer
in Paris und die französische in London. Soweit es sich jedoch um Plätze
handelt, wo die Zahl der deutscheu Reichsangehörigeu nur klein, aber das
deutsche Handels- und Judustrieinteresse sehr groß ist, bleibt nichts übrig, als
durch Zuschüsse aus Kreis- und Zeutralfouds die Kosten zu decken, wie es
ja das Handelskammergesetz eines der deutschen Mittelstaaten ausdrücklich
vorschreibt.

Damit haben wir in Kürze die Aufgaben deutscher Handelskammern im
Auslande geschildert. Es könnten noch manche Einzelheiten über ihre Zweck¬
mäßigkeit angeführt werden; doch wird schon das vorstehende genügen, ihre
Bedeutung für alle mit fremden Ländern im Handelsverkehr stehenden Kreise
zu zeigen.




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[0064] Deutsche Handelskammeru im Auslande bei der Frage des aktiven und passiven Wahlrechts am richtigsten die in § 12 des deutschen Reichsgesetzes vom 8. November 1867 betreffend die Organisation der Bundcskonsulate erwähnte Matrikel zu Grnnde gelegt werden, daneben die Zugehörigkeit zu dem Handels- und Jndustriestand des betreffenden Platzes. Weiter müßte die Bestimmung gelten, daß nur Deutsche Mitglieder werdeu dürsten; nur dann hätte man eine Gewähr dafür, daß sie nie etwas andres sein würden als Pflegstätten national-wirtschaftlicher Interessen und nationalen Geistes. Eine freie Vereinigung dieser Art würde sich ihres natio¬ nalen Berufs unter Umständen gar nicht bewußt werden. Welche Regierung, welcher Konsul vermöchte eine freie Vereinigung deutscher Kaufleute zu hindern, Engländer oder Spanier oder sonstwcn aufzunehmen? Unabweisbar wäre auch die Forderung einer gesetzlichen Grundlage, die diese Interessenvertretungen mit öffentlichen Rechten und Pflichten ausstattet und mit dem behördliche» Charakter, der deu Handelskammern eigen ist. Von großer Bedeutung für die ganze Organisation ist natürlich die Kosten¬ frage. Auch hier geben uns die Auslaudskammern andrer Länder Fingerzeige. Je größer die Zahl der deutschen Reichsangehörigen eines Kvnsulatsbezirts ist, je größer der Einfluß der einzelnen in dem betreffenden Bezirk selbst ist, und endlich je wichtiger dieser Verkehr mit Deutschland, desto lebhafter wird das Bedürfnis einer solchen Kammer sein, auch durch Heranziehung ent¬ sprechender Arbeitskräfte die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen, und desto leichter wird es einer solchen Kammer sein, durch Selbstbesteuerung die er¬ forderlichen Mittel aufzubringen. Beispiele bieten die englische Handelskammer in Paris und die französische in London. Soweit es sich jedoch um Plätze handelt, wo die Zahl der deutscheu Reichsangehörigeu nur klein, aber das deutsche Handels- und Judustrieinteresse sehr groß ist, bleibt nichts übrig, als durch Zuschüsse aus Kreis- und Zeutralfouds die Kosten zu decken, wie es ja das Handelskammergesetz eines der deutschen Mittelstaaten ausdrücklich vorschreibt. Damit haben wir in Kürze die Aufgaben deutscher Handelskammern im Auslande geschildert. Es könnten noch manche Einzelheiten über ihre Zweck¬ mäßigkeit angeführt werden; doch wird schon das vorstehende genügen, ihre Bedeutung für alle mit fremden Ländern im Handelsverkehr stehenden Kreise zu zeigen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/64>, abgerufen am 24.07.2024.