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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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die in Rom gestorbne Königin von Spanien bis zu ihrer Beisetzung in Se. Peter
im Palaste Barberini täglich gekocht und angespannt wurde, und im Alter
trat ihr die hausbackenste Berliner Wirklichkeit nahe, wenn die Zofe ihrer
Tochter Gabriele zu dieser sagte: "Ach Jolle doch, Fräulein Jabrijelchen, Herr
von Lovn ist doch jar zu löblich, und der älteste Herr von Loön ist ein
rechter Menschenfreund, und der jüngste hat eine jar zu schöne Baßstimme.
Ach Jolle doch, das Wetter ist so schlecht, die Wäsche sieht so betrübt aus."

Aus der Zahl der bedeutenden Männer, die ihrem Leben nahe traten
-- ein gutes Sachregister giebt darüber erwünschte Auskunft --, führen wir
nur uoch Raoul Rochette an, dem Alexander von Humboldt in Tegel
mehrere Antiken zeigen wollte, die sich Frau von Hedemann aus Mangel an
Raum und um für Einquartierung Platz zu schaffen, in einem ihrer nicht sehr
würdigen Raum provisorisch unterzubringen genötigt gesehen hatte. Die rei¬
zende Schilderung möge mau in dem Buche selbst nachlesen.

Das ganze Buch ist mit eben so viel Geschick als Sachkunde redigirt;
nur S. 132 läßt Friederike Bru" (deren "Römischem Leben" hier ein Brief
entnommen ist) Frau von Bülow bei der Marguerita statt bei der Mar-
gutta vorbei auf den Pincio hinauffahren.




Bilder aus dem Westen
L. Below von
Auf dem Weltfleischnmrkt

aum, Ellenbogenweite, Bewegungsfreiheit -- damit ist es leicht,
neue Welten, neue Reiche und neue Gesellschaftsordnungen zu
gründen. Das waren so die letzten Worte des Doktors, als
ich ihn verließ und daran mußte ich deu nächsten Tag bei der
Besichtigung des großartigen Weltfleischmarktes von Kansas
City wieder lebhaft deykeu.

Der Berliner Zentralviehhof ist ja el" Muster von vorschriftsmäßiger
Ordnung und Reinlichkeit gegenüber den Ltoolc-^arts von Kansas City; die
hübschen wohlgeordneten Straßen des Berliner Viehhofs, wo die einzelnen
Fleischer ihr Vieh abliefern nud abholen, die reinlichen Wartesüle der zu
schlachtenden Schweine, Schafe und Rinder stellen ja alles derartige in Ame¬
rika in den Schatten, wo Angebot und Nachfrage kein Warten erlauben und


die in Rom gestorbne Königin von Spanien bis zu ihrer Beisetzung in Se. Peter
im Palaste Barberini täglich gekocht und angespannt wurde, und im Alter
trat ihr die hausbackenste Berliner Wirklichkeit nahe, wenn die Zofe ihrer
Tochter Gabriele zu dieser sagte: „Ach Jolle doch, Fräulein Jabrijelchen, Herr
von Lovn ist doch jar zu löblich, und der älteste Herr von Loön ist ein
rechter Menschenfreund, und der jüngste hat eine jar zu schöne Baßstimme.
Ach Jolle doch, das Wetter ist so schlecht, die Wäsche sieht so betrübt aus."

Aus der Zahl der bedeutenden Männer, die ihrem Leben nahe traten
— ein gutes Sachregister giebt darüber erwünschte Auskunft —, führen wir
nur uoch Raoul Rochette an, dem Alexander von Humboldt in Tegel
mehrere Antiken zeigen wollte, die sich Frau von Hedemann aus Mangel an
Raum und um für Einquartierung Platz zu schaffen, in einem ihrer nicht sehr
würdigen Raum provisorisch unterzubringen genötigt gesehen hatte. Die rei¬
zende Schilderung möge mau in dem Buche selbst nachlesen.

Das ganze Buch ist mit eben so viel Geschick als Sachkunde redigirt;
nur S. 132 läßt Friederike Bru» (deren „Römischem Leben" hier ein Brief
entnommen ist) Frau von Bülow bei der Marguerita statt bei der Mar-
gutta vorbei auf den Pincio hinauffahren.




Bilder aus dem Westen
L. Below von
Auf dem Weltfleischnmrkt

aum, Ellenbogenweite, Bewegungsfreiheit — damit ist es leicht,
neue Welten, neue Reiche und neue Gesellschaftsordnungen zu
gründen. Das waren so die letzten Worte des Doktors, als
ich ihn verließ und daran mußte ich deu nächsten Tag bei der
Besichtigung des großartigen Weltfleischmarktes von Kansas
City wieder lebhaft deykeu.

Der Berliner Zentralviehhof ist ja el» Muster von vorschriftsmäßiger
Ordnung und Reinlichkeit gegenüber den Ltoolc-^arts von Kansas City; die
hübschen wohlgeordneten Straßen des Berliner Viehhofs, wo die einzelnen
Fleischer ihr Vieh abliefern nud abholen, die reinlichen Wartesüle der zu
schlachtenden Schweine, Schafe und Rinder stellen ja alles derartige in Ame¬
rika in den Schatten, wo Angebot und Nachfrage kein Warten erlauben und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/413>, abgerufen am 24.07.2024.