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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.

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Die politischen Beziehungen Chinas

ehr eilf drei Jahrzehnte sind verflossen, seit die Engländer und
Franzosen in Peking einzogen und damit den letzten großen
Krieg zwischen China und europäischen Mächten beendeten.
Während dieser Zeit war das himmlische Reich zweimal nahe
daran, wieder ernstlich mit einer Großmacht des Abendlandes
zusammenzugeraten. Das erstemal waren es die Russen, mit denen mau sich
über einen Streifen zentralasiatischen Landes nicht einigen konnte. Als die
Hauptstadt Chinas von Feinden besetzt war, und als sich gleichzeitig die mittlern
Provinzen in den Händen der aufständischen Taipings befanden, da hielten
"und die im Westen des großen Reichs liegenden mohammedanischen Landschaften
die Zeit für günstig, die chinesische Herrschaft abzuschütteln. Die Empörung
begann in Kcinsu, der äußerste" nordwestlichen Provinz des eigentlichen Chinas,
und pflanzte sich von da in westlicher Richtung bis nach Knldscha fort. Bald
waren alle nördlich und südlich vom Tienschan (Himmelsgebirge) wohnenden
Stämme abgefallen. Nicht viel später machte sich Jalub Beg zum Herrscher
von Ostturkestan, sodasz sich jetzt ein gewaltiger feindlicher Keil zwischen die
Mongolei und Tibet schob. Die kaiserliche Regierung in Peking mußte alles
aufbieten, sich dies aufständische Dreieck wieder zu unterwerfen. Sobald sie
daher einigermaßen zu Kräften gekommen war, schickte sie einen ihrer besten
Generale, Tso Tsung-lang, mit großer Truppenmacht gegen die Rebellen aus.
dieser General war einer von der alten unverfälschten asiatischen Sorte, die
'was nicht von europäischen Ideen von Menschlichkeit und dergleichen an¬
gekränkelt war. Er ließ alles, was sich nicht sofort bedingungslos unterwarf,
n",dd ^ '^'"'^ springe". Wie viele Menschen bei dieser Empörung
u"e dann bei der Wiedereroberung des Landes umgekommen sind, davon
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"5boten II 1893 1-,


Die politischen Beziehungen Chinas

ehr eilf drei Jahrzehnte sind verflossen, seit die Engländer und
Franzosen in Peking einzogen und damit den letzten großen
Krieg zwischen China und europäischen Mächten beendeten.
Während dieser Zeit war das himmlische Reich zweimal nahe
daran, wieder ernstlich mit einer Großmacht des Abendlandes
zusammenzugeraten. Das erstemal waren es die Russen, mit denen mau sich
über einen Streifen zentralasiatischen Landes nicht einigen konnte. Als die
Hauptstadt Chinas von Feinden besetzt war, und als sich gleichzeitig die mittlern
Provinzen in den Händen der aufständischen Taipings befanden, da hielten
"und die im Westen des großen Reichs liegenden mohammedanischen Landschaften
die Zeit für günstig, die chinesische Herrschaft abzuschütteln. Die Empörung
begann in Kcinsu, der äußerste» nordwestlichen Provinz des eigentlichen Chinas,
und pflanzte sich von da in westlicher Richtung bis nach Knldscha fort. Bald
waren alle nördlich und südlich vom Tienschan (Himmelsgebirge) wohnenden
Stämme abgefallen. Nicht viel später machte sich Jalub Beg zum Herrscher
von Ostturkestan, sodasz sich jetzt ein gewaltiger feindlicher Keil zwischen die
Mongolei und Tibet schob. Die kaiserliche Regierung in Peking mußte alles
aufbieten, sich dies aufständische Dreieck wieder zu unterwerfen. Sobald sie
daher einigermaßen zu Kräften gekommen war, schickte sie einen ihrer besten
Generale, Tso Tsung-lang, mit großer Truppenmacht gegen die Rebellen aus.
dieser General war einer von der alten unverfälschten asiatischen Sorte, die
'was nicht von europäischen Ideen von Menschlichkeit und dergleichen an¬
gekränkelt war. Er ließ alles, was sich nicht sofort bedingungslos unterwarf,
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[0155] [Abbildung] Die politischen Beziehungen Chinas ehr eilf drei Jahrzehnte sind verflossen, seit die Engländer und Franzosen in Peking einzogen und damit den letzten großen Krieg zwischen China und europäischen Mächten beendeten. Während dieser Zeit war das himmlische Reich zweimal nahe daran, wieder ernstlich mit einer Großmacht des Abendlandes zusammenzugeraten. Das erstemal waren es die Russen, mit denen mau sich über einen Streifen zentralasiatischen Landes nicht einigen konnte. Als die Hauptstadt Chinas von Feinden besetzt war, und als sich gleichzeitig die mittlern Provinzen in den Händen der aufständischen Taipings befanden, da hielten "und die im Westen des großen Reichs liegenden mohammedanischen Landschaften die Zeit für günstig, die chinesische Herrschaft abzuschütteln. Die Empörung begann in Kcinsu, der äußerste» nordwestlichen Provinz des eigentlichen Chinas, und pflanzte sich von da in westlicher Richtung bis nach Knldscha fort. Bald waren alle nördlich und südlich vom Tienschan (Himmelsgebirge) wohnenden Stämme abgefallen. Nicht viel später machte sich Jalub Beg zum Herrscher von Ostturkestan, sodasz sich jetzt ein gewaltiger feindlicher Keil zwischen die Mongolei und Tibet schob. Die kaiserliche Regierung in Peking mußte alles aufbieten, sich dies aufständische Dreieck wieder zu unterwerfen. Sobald sie daher einigermaßen zu Kräften gekommen war, schickte sie einen ihrer besten Generale, Tso Tsung-lang, mit großer Truppenmacht gegen die Rebellen aus. dieser General war einer von der alten unverfälschten asiatischen Sorte, die 'was nicht von europäischen Ideen von Menschlichkeit und dergleichen an¬ gekränkelt war. Er ließ alles, was sich nicht sofort bedingungslos unterwarf, n",dd ^ '^'"'^ springe«. Wie viele Menschen bei dieser Empörung u»e dann bei der Wiedereroberung des Landes umgekommen sind, davon G» »5boten II 1893 1-,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_214455/155>, abgerufen am 03.07.2024.