Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Zweites Vierteljahr.Unsre "Linjährig-Freiwilligen unsere, festere und in sich abgeschlossenere Bildung als die Einjährigen mit Das fühlen nun auch die meisten mit den schwarz-weißen oder grün- Und welche Vorteile werden dein jungen Soldaten dafür gewährt? Er Nun, dann hat er aber anch den Bvrzng, Offizier zu sein. Ist das aber Unsre «Linjährig-Freiwilligen unsere, festere und in sich abgeschlossenere Bildung als die Einjährigen mit Das fühlen nun auch die meisten mit den schwarz-weißen oder grün- Und welche Vorteile werden dein jungen Soldaten dafür gewährt? Er Nun, dann hat er aber anch den Bvrzng, Offizier zu sein. Ist das aber <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/214574"/> <fw type="header" place="top"> Unsre «Linjährig-Freiwilligen</fw><lb/> <p xml:id="ID_438" prev="#ID_437"> unsere, festere und in sich abgeschlossenere Bildung als die Einjährigen mit<lb/> ihrem Sekundanerschein. Durch die Hebung unsrer Volksschulen, vor allem<lb/> in den großen Städten, ist die Kluft, die früher zwischen den Dreijährigen und<lb/> den Einjährig-Freiwilligen bestand, immer mehr ausgefüllt worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_439"> Das fühlen nun auch die meisten mit den schwarz-weißen oder grün-<lb/> weißen Schnüren sehr Wohl heraus. Um so mehr suchen sie sich durch protziges,<lb/> oder verschwenderisches Auftreten, durch Glänzen mit Extrauniformen, durch<lb/> kostspielige Gelage und andre unmilitärische Dinge von ihren dreijährigen<lb/> Kameraden zu unterscheiden. Sind die pekuniären Verhältnisse des Einjährigen<lb/> nicht dazu angethan, so beginnt nun das Schuldenmachen. Nichts, glaubt er,<lb/> sei ihm nachteiliger, als wenn die Vorgesetzten erführen, daß er sich einschränken<lb/> müsse. Die Summen, die gegenwärtig unsre Einjährig-Freiwilligen bei ge¬<lb/> wissen Regimentern verbrauchen, steigen ins Unglaubliche. Selbst bei der<lb/> Infanterie, wo doch das Dienstjahr noch am wenigsten kostet, ist es sür den<lb/> Einjährigen, der nicht seine Eltern am Orte hat, kaum mehr möglich, mit<lb/> zweitausend Mark auszukommen. Nun rechne man sich aus, wieviel Wehr-<lb/> stener ein Vater auf diese Weise zu zahlen hat, der drei oder noch mehr Sohne<lb/> als Freiwillige unterhalten muß! Es giebt im deutschen Heere mehr als<lb/> sechstausend Einjährig-Freiwillige; rechnen wir für jeden durchschnittlich nur<lb/> zweitausend Mark, so kommt die ungeheure Summe von zwölf Millionen<lb/> Mark heraus, die alljährlich von den gebildeten und oft doch sehr wenig be¬<lb/> mittelten Familien in Deutschland aufgebracht werden muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_440"> Und welche Vorteile werden dein jungen Soldaten dafür gewährt? Er<lb/> dient nur ein Jahr. Wirklich? Nur ein Jahr? Gerade die Einjährig-Frei¬<lb/> willigen, die avcmciren — und das wollen sie doch alle —, dienen heutzutage<lb/> zwei Jahre und uoch länger. Nach dem Dienstjahre haben sie erstens eine<lb/> achtwöchige Uuteroffiziersübung durchzumachen, dann eine achtwöchige Vize¬<lb/> feldwebelübung, und wenn ihre bürgerliche Stellung nicht so ist, daß sie zum<lb/> Offizier gewählt werden können, nochmals eine längere Übung. Dann erst<lb/> kommen die drei pflichtmäßigen achtwöchige» Übungen als Reserveoffizier. Da<lb/> haben wir schon zwei volle Jahre. Nun dauern aber die längern und kürzern<lb/> Übungen weiter, bis er nach zwölf Jnhreu in die Landwehr zweiten Aufgebots<lb/> versetzt wird. Und auch da kann er noch zu militärischen Dienstleistungen<lb/> eingezogen werden. Der Einjährig-Freiwillige also, der avancirt, hat in<lb/> Wirklichkeit zwei bis drei Jahre dem Staate mit der Waffe zu dienen.</p><lb/> <p xml:id="ID_441" next="#ID_442"> Nun, dann hat er aber anch den Bvrzng, Offizier zu sein. Ist das aber<lb/> heutzutage im bürgerlichen Leben wirklich ein Vorzug? Wer die unglücklichen<lb/> büreaukratischen Verhältnisse kennt, in denen unsre Vecuntenwelt lebt, der weiß,<lb/> daß es — namentlich nnter den Philologen — schon anfängt, nachteilig zu<lb/> werden, wenn jxmand Reserve- oder Laudwehroffizier ist. Bei Bewerbungen<lb/> ist der Militärfreie, der dem Staate keine Opfer gebracht hat und seinem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
Unsre «Linjährig-Freiwilligen
unsere, festere und in sich abgeschlossenere Bildung als die Einjährigen mit
ihrem Sekundanerschein. Durch die Hebung unsrer Volksschulen, vor allem
in den großen Städten, ist die Kluft, die früher zwischen den Dreijährigen und
den Einjährig-Freiwilligen bestand, immer mehr ausgefüllt worden.
Das fühlen nun auch die meisten mit den schwarz-weißen oder grün-
weißen Schnüren sehr Wohl heraus. Um so mehr suchen sie sich durch protziges,
oder verschwenderisches Auftreten, durch Glänzen mit Extrauniformen, durch
kostspielige Gelage und andre unmilitärische Dinge von ihren dreijährigen
Kameraden zu unterscheiden. Sind die pekuniären Verhältnisse des Einjährigen
nicht dazu angethan, so beginnt nun das Schuldenmachen. Nichts, glaubt er,
sei ihm nachteiliger, als wenn die Vorgesetzten erführen, daß er sich einschränken
müsse. Die Summen, die gegenwärtig unsre Einjährig-Freiwilligen bei ge¬
wissen Regimentern verbrauchen, steigen ins Unglaubliche. Selbst bei der
Infanterie, wo doch das Dienstjahr noch am wenigsten kostet, ist es sür den
Einjährigen, der nicht seine Eltern am Orte hat, kaum mehr möglich, mit
zweitausend Mark auszukommen. Nun rechne man sich aus, wieviel Wehr-
stener ein Vater auf diese Weise zu zahlen hat, der drei oder noch mehr Sohne
als Freiwillige unterhalten muß! Es giebt im deutschen Heere mehr als
sechstausend Einjährig-Freiwillige; rechnen wir für jeden durchschnittlich nur
zweitausend Mark, so kommt die ungeheure Summe von zwölf Millionen
Mark heraus, die alljährlich von den gebildeten und oft doch sehr wenig be¬
mittelten Familien in Deutschland aufgebracht werden muß.
Und welche Vorteile werden dein jungen Soldaten dafür gewährt? Er
dient nur ein Jahr. Wirklich? Nur ein Jahr? Gerade die Einjährig-Frei¬
willigen, die avcmciren — und das wollen sie doch alle —, dienen heutzutage
zwei Jahre und uoch länger. Nach dem Dienstjahre haben sie erstens eine
achtwöchige Uuteroffiziersübung durchzumachen, dann eine achtwöchige Vize¬
feldwebelübung, und wenn ihre bürgerliche Stellung nicht so ist, daß sie zum
Offizier gewählt werden können, nochmals eine längere Übung. Dann erst
kommen die drei pflichtmäßigen achtwöchige» Übungen als Reserveoffizier. Da
haben wir schon zwei volle Jahre. Nun dauern aber die längern und kürzern
Übungen weiter, bis er nach zwölf Jnhreu in die Landwehr zweiten Aufgebots
versetzt wird. Und auch da kann er noch zu militärischen Dienstleistungen
eingezogen werden. Der Einjährig-Freiwillige also, der avancirt, hat in
Wirklichkeit zwei bis drei Jahre dem Staate mit der Waffe zu dienen.
Nun, dann hat er aber anch den Bvrzng, Offizier zu sein. Ist das aber
heutzutage im bürgerlichen Leben wirklich ein Vorzug? Wer die unglücklichen
büreaukratischen Verhältnisse kennt, in denen unsre Vecuntenwelt lebt, der weiß,
daß es — namentlich nnter den Philologen — schon anfängt, nachteilig zu
werden, wenn jxmand Reserve- oder Laudwehroffizier ist. Bei Bewerbungen
ist der Militärfreie, der dem Staate keine Opfer gebracht hat und seinem
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |