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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Die politische Lage auf den hawaiischeu Jnseln

Dhnamitpatronen bedienten, wurden die Aufständischen im Gartenhause der
Königin Kapiolani zur Ergebung gezwungen.

Im November 1891 kam von San Franzisko die Nachricht, daß der
Kriegsdampfer Charleston nach Honolulu abgegangen sei, da der Aufstand
weitere Ausdehnung annähme, und daß dieser den Auftrag habe, im Not¬
falle die Hauptstadt im Namen der Vereinigten Staaten zu besetzen. Im
April 1892 wurden von neuem Unruhen gemeldet, und am 6. Mai 1892
wurde im Ausschusse für auswärtige Angelegenheiten in Washington auf Ver¬
anlassung des Staatssekretärs die Frage erörtert, ob man die hawaiischeu
Inseln dem amerikanischen Stnatsverbande einverleiben solle. Die Frage sei
von Hawaii aus bei der Negierung angeregt worden. Die leitenden Mit¬
glieder sollen sich günstig über den Plan ausgesprochen haben. Als Haupt¬
grund wurde angeführt, daß die Inseln von Sau Franzisko innerhalb einer
Woche zu erreichen seien, und daß es wünschenswert sei, einen so wichtigen
strategischen Punkt im Besitz der Vereinigten Staaten zu wissen. Besonders
aber wurde hervorgehoben, daß man diese Inseln uicht in den Besitz von
England gelangen lassen dürfe, was bei dem jetzigen unsteten Zustande der
Inseln leicht möglich sei.

Die Königin neigte mehr und mehr den Engländern zu. Schon als es
sich um deu Abschluß des Gegcuseitigkeitsvertrags mit Amerika handelte, er¬
klärte sie in einer Unterredung, wie die c^so ?ort 1uns8 seiner Zeit mitteilte:
wenn der amerikanische Staatssekretär Vlaine den geplanten Handelsvertrag
abweisen sollte, würde der amerikanische Handel am meisten darunter leiden,
und Hunderte von Amerikanern würden ihre ans Hawaii angelegten Gelder
verlieren. Käme der Vertrag nicht zu stände, so würde der Handel wesentlich
in englische Hände übergehen. Wie hoch sie auch von den Amerikanern dächte,
so zöge sie doch die Engländer vor, in deren Mitte sich ihre wärmsten Freunde
befanden. Von englischer Seite hofft denn auch die Königin wieder in ihre
Rechte eingesetzt zu werden.

Dieselbe ausgesprvchne Freundschaft für England bezeigt auch die zu¬
künftige Thronfolgerin, die Prinzessin Viktoria Kawekiu, die gewöhnlich Miß
Cleghorn genannt wird. Sie ist in England erzogen worden, vorzüglich ge¬
bildet und dem Hause des früher" preußischen, jetzt italienischen Konsuls
Schäfer nahe befreundet.

Die Führerschaft der Weißen haben die anch an Zahl überlegnen Ameri¬
kaner. Was Wunder also, wenn sie noch die letzten Tage der gerade in ihrer
äußern Politik so schroff auftretenden republikanischen Regierung benutzten, um
womöglich die so wichtige Inselgruppe mit ihrem Heimatkunde zu verbinden!
Von der demokratischen Negierung, die ja in nächster Zeit das Staatsruder
ergreife" wird, dürfte ihnen vielleicht weniger Entgegenkommen gezeigt werden.
Es handelt sich also um einen lange vorbereiteten Streich der Amerikaner.


Die politische Lage auf den hawaiischeu Jnseln

Dhnamitpatronen bedienten, wurden die Aufständischen im Gartenhause der
Königin Kapiolani zur Ergebung gezwungen.

Im November 1891 kam von San Franzisko die Nachricht, daß der
Kriegsdampfer Charleston nach Honolulu abgegangen sei, da der Aufstand
weitere Ausdehnung annähme, und daß dieser den Auftrag habe, im Not¬
falle die Hauptstadt im Namen der Vereinigten Staaten zu besetzen. Im
April 1892 wurden von neuem Unruhen gemeldet, und am 6. Mai 1892
wurde im Ausschusse für auswärtige Angelegenheiten in Washington auf Ver¬
anlassung des Staatssekretärs die Frage erörtert, ob man die hawaiischeu
Inseln dem amerikanischen Stnatsverbande einverleiben solle. Die Frage sei
von Hawaii aus bei der Negierung angeregt worden. Die leitenden Mit¬
glieder sollen sich günstig über den Plan ausgesprochen haben. Als Haupt¬
grund wurde angeführt, daß die Inseln von Sau Franzisko innerhalb einer
Woche zu erreichen seien, und daß es wünschenswert sei, einen so wichtigen
strategischen Punkt im Besitz der Vereinigten Staaten zu wissen. Besonders
aber wurde hervorgehoben, daß man diese Inseln uicht in den Besitz von
England gelangen lassen dürfe, was bei dem jetzigen unsteten Zustande der
Inseln leicht möglich sei.

Die Königin neigte mehr und mehr den Engländern zu. Schon als es
sich um deu Abschluß des Gegcuseitigkeitsvertrags mit Amerika handelte, er¬
klärte sie in einer Unterredung, wie die c^so ?ort 1uns8 seiner Zeit mitteilte:
wenn der amerikanische Staatssekretär Vlaine den geplanten Handelsvertrag
abweisen sollte, würde der amerikanische Handel am meisten darunter leiden,
und Hunderte von Amerikanern würden ihre ans Hawaii angelegten Gelder
verlieren. Käme der Vertrag nicht zu stände, so würde der Handel wesentlich
in englische Hände übergehen. Wie hoch sie auch von den Amerikanern dächte,
so zöge sie doch die Engländer vor, in deren Mitte sich ihre wärmsten Freunde
befanden. Von englischer Seite hofft denn auch die Königin wieder in ihre
Rechte eingesetzt zu werden.

Dieselbe ausgesprvchne Freundschaft für England bezeigt auch die zu¬
künftige Thronfolgerin, die Prinzessin Viktoria Kawekiu, die gewöhnlich Miß
Cleghorn genannt wird. Sie ist in England erzogen worden, vorzüglich ge¬
bildet und dem Hause des früher» preußischen, jetzt italienischen Konsuls
Schäfer nahe befreundet.

Die Führerschaft der Weißen haben die anch an Zahl überlegnen Ameri¬
kaner. Was Wunder also, wenn sie noch die letzten Tage der gerade in ihrer
äußern Politik so schroff auftretenden republikanischen Regierung benutzten, um
womöglich die so wichtige Inselgruppe mit ihrem Heimatkunde zu verbinden!
Von der demokratischen Negierung, die ja in nächster Zeit das Staatsruder
ergreife» wird, dürfte ihnen vielleicht weniger Entgegenkommen gezeigt werden.
Es handelt sich also um einen lange vorbereiteten Streich der Amerikaner.


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[0364] Die politische Lage auf den hawaiischeu Jnseln Dhnamitpatronen bedienten, wurden die Aufständischen im Gartenhause der Königin Kapiolani zur Ergebung gezwungen. Im November 1891 kam von San Franzisko die Nachricht, daß der Kriegsdampfer Charleston nach Honolulu abgegangen sei, da der Aufstand weitere Ausdehnung annähme, und daß dieser den Auftrag habe, im Not¬ falle die Hauptstadt im Namen der Vereinigten Staaten zu besetzen. Im April 1892 wurden von neuem Unruhen gemeldet, und am 6. Mai 1892 wurde im Ausschusse für auswärtige Angelegenheiten in Washington auf Ver¬ anlassung des Staatssekretärs die Frage erörtert, ob man die hawaiischeu Inseln dem amerikanischen Stnatsverbande einverleiben solle. Die Frage sei von Hawaii aus bei der Negierung angeregt worden. Die leitenden Mit¬ glieder sollen sich günstig über den Plan ausgesprochen haben. Als Haupt¬ grund wurde angeführt, daß die Inseln von Sau Franzisko innerhalb einer Woche zu erreichen seien, und daß es wünschenswert sei, einen so wichtigen strategischen Punkt im Besitz der Vereinigten Staaten zu wissen. Besonders aber wurde hervorgehoben, daß man diese Inseln uicht in den Besitz von England gelangen lassen dürfe, was bei dem jetzigen unsteten Zustande der Inseln leicht möglich sei. Die Königin neigte mehr und mehr den Engländern zu. Schon als es sich um deu Abschluß des Gegcuseitigkeitsvertrags mit Amerika handelte, er¬ klärte sie in einer Unterredung, wie die c^so ?ort 1uns8 seiner Zeit mitteilte: wenn der amerikanische Staatssekretär Vlaine den geplanten Handelsvertrag abweisen sollte, würde der amerikanische Handel am meisten darunter leiden, und Hunderte von Amerikanern würden ihre ans Hawaii angelegten Gelder verlieren. Käme der Vertrag nicht zu stände, so würde der Handel wesentlich in englische Hände übergehen. Wie hoch sie auch von den Amerikanern dächte, so zöge sie doch die Engländer vor, in deren Mitte sich ihre wärmsten Freunde befanden. Von englischer Seite hofft denn auch die Königin wieder in ihre Rechte eingesetzt zu werden. Dieselbe ausgesprvchne Freundschaft für England bezeigt auch die zu¬ künftige Thronfolgerin, die Prinzessin Viktoria Kawekiu, die gewöhnlich Miß Cleghorn genannt wird. Sie ist in England erzogen worden, vorzüglich ge¬ bildet und dem Hause des früher» preußischen, jetzt italienischen Konsuls Schäfer nahe befreundet. Die Führerschaft der Weißen haben die anch an Zahl überlegnen Ameri¬ kaner. Was Wunder also, wenn sie noch die letzten Tage der gerade in ihrer äußern Politik so schroff auftretenden republikanischen Regierung benutzten, um womöglich die so wichtige Inselgruppe mit ihrem Heimatkunde zu verbinden! Von der demokratischen Negierung, die ja in nächster Zeit das Staatsruder ergreife» wird, dürfte ihnen vielleicht weniger Entgegenkommen gezeigt werden. Es handelt sich also um einen lange vorbereiteten Streich der Amerikaner.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/364>, abgerufen am 01.09.2024.