Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.Der langweilige Kammorherr und doch kam er mich vor, als wenn er ümmer in Traum ging, Bloß wenn Nu glaub ich auch allemal, daß da Zauberei beigewesen is. Denn er Während dies Detlev Marksen erzählte, hatte der Regen nachgelassen; Das war un die Liebe! fuhr er fort und atmete schwer dabei. O Gott, Wie lange wir in Plön waren, das kann ich nu garnich so genau sagen. Der langweilige Kammorherr und doch kam er mich vor, als wenn er ümmer in Traum ging, Bloß wenn Nu glaub ich auch allemal, daß da Zauberei beigewesen is. Denn er Während dies Detlev Marksen erzählte, hatte der Regen nachgelassen; Das war un die Liebe! fuhr er fort und atmete schwer dabei. O Gott, Wie lange wir in Plön waren, das kann ich nu garnich so genau sagen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0600" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213714"/> <fw type="header" place="top"> Der langweilige Kammorherr</fw><lb/> <p xml:id="ID_1862" prev="#ID_1861"> und doch kam er mich vor, als wenn er ümmer in Traum ging, Bloß wenn<lb/> die Prinzessin in seine Nähe kam, denn würd er heiligt wach, und in sein<lb/> Gesicht kam son Schein, als wenn er in den Himmel kuckte und den lieben<lb/> Gott auf sein Thron sitzen sah.</p><lb/> <p xml:id="ID_1863"> Nu glaub ich auch allemal, daß da Zauberei beigewesen is. Denn er<lb/> hatte doch die klein Komteß, die so ganz nach sein Gesmack war, und was<lb/> die Prinzessin war, die dachte gerade so viel an mein Junker, als an die<lb/> Vögclns, die in Frühling auf die Banners sitzen und singen. Sie war woll<lb/> freundlich zu ihn, wie gegen alle Menschen; sie liebte abers bloß ihren veri-<lb/> tabeln Bräutigam, was doch auch so sein soll. Mein Herr abers, der war<lb/> wie umgewandelt, und ich fragte mir jeden Tag: is ers, oder is ers nich?<lb/> Wenn er konnte, denn lief er hinter die Prinzessin her; abers nich unbe¬<lb/> scheiden, sondern in weite Entfernung, und er kuckte ihr an, als wenn er<lb/> sagen wollt: nimm mir mit. Nich als deinesgleichen, dafür bin ich viel zu<lb/> steche, bloß als deinen kleinen Hund; oh laß mir bei dich bleiben und jag<lb/> mir nich weg!</p><lb/> <p xml:id="ID_1864"> Während dies Detlev Marksen erzählte, hatte der Regen nachgelassen;<lb/> nur hin und wieder schlug ein verirrter Tropfen an die kleinen Fensterscheiben,<lb/> und unter dem graue» Gewölk zeigte sich ein Stückchen Himmel. Detlev saß<lb/> ganz still und blickte auf deu blauen Streifen. Dann wandte er sich zu mir.</p><lb/> <p xml:id="ID_1865"> Das war un die Liebe! fuhr er fort und atmete schwer dabei. O Gott,<lb/> was ne stimme Krankheit! Abers nich alle kriegen sie auf diese Art, und das<lb/> is ein Glück; denn wo sollte sonstens die Kurasche zum Leben bleiben? Die<lb/> meisten lieben so, wie der Innrer vordem die kleine Komteß liebte, wo die<lb/> Brautleute sich was schenken und sich küssen und vergnügt sind, abers sich<lb/> trösten, wenn sie sich nicht kriegen. Das is auch das beste, denn bei diese<lb/> Geschichte war warhaftig kein Vergnügen bei. Auch für mir nich, wo ich mir<lb/> ümmer fragen mußte, was daraus werden sollte. Mein Herr, der ward tag¬<lb/> täglich elender, und ich wußt nich, was ich dabei anfangen sollt. Die Prin¬<lb/> zessin war so vergnügt mit ihren Bräutgam, die dacht an nix Böses, und<lb/> der alte Herzog hatt sich auch ne Wohnung in Plon genommen und sah<lb/> ordentlich jung aus vor Freude, seinen Sohn zu sehen. Die dachten alle<lb/> natürlicherweise nur an sich und nich um den armen kleinen Junker, der für<lb/> ihnen nix bedeutete. Bloß Rosenstein, der fragte doch noch nach meinen Herrn.<lb/> Der Hamburger war nämlich die ganze Zeit in Plön, und ich konnt mich<lb/> kein Vers auf machen, was er da eigentlich wollte: er sagt, er hätt Geschüftens,<lb/> und wenn er mir sah, denn fragt er meistens nach deu jungen Herzog, den er<lb/> ganz besonders gern leiden möcht, wie er mich verzählte. Und er gab mich<lb/> manchen Thaler, weil ich ümmer so geuau wußt, was der junge Hezog vvrhntt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1866" next="#ID_1867"> Wie lange wir in Plön waren, das kann ich nu garnich so genau sagen.<lb/> So an drei Wochen wirds wohl gewesen sein — ich meint abers, das wären</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0600]
Der langweilige Kammorherr
und doch kam er mich vor, als wenn er ümmer in Traum ging, Bloß wenn
die Prinzessin in seine Nähe kam, denn würd er heiligt wach, und in sein
Gesicht kam son Schein, als wenn er in den Himmel kuckte und den lieben
Gott auf sein Thron sitzen sah.
Nu glaub ich auch allemal, daß da Zauberei beigewesen is. Denn er
hatte doch die klein Komteß, die so ganz nach sein Gesmack war, und was
die Prinzessin war, die dachte gerade so viel an mein Junker, als an die
Vögclns, die in Frühling auf die Banners sitzen und singen. Sie war woll
freundlich zu ihn, wie gegen alle Menschen; sie liebte abers bloß ihren veri-
tabeln Bräutigam, was doch auch so sein soll. Mein Herr abers, der war
wie umgewandelt, und ich fragte mir jeden Tag: is ers, oder is ers nich?
Wenn er konnte, denn lief er hinter die Prinzessin her; abers nich unbe¬
scheiden, sondern in weite Entfernung, und er kuckte ihr an, als wenn er
sagen wollt: nimm mir mit. Nich als deinesgleichen, dafür bin ich viel zu
steche, bloß als deinen kleinen Hund; oh laß mir bei dich bleiben und jag
mir nich weg!
Während dies Detlev Marksen erzählte, hatte der Regen nachgelassen;
nur hin und wieder schlug ein verirrter Tropfen an die kleinen Fensterscheiben,
und unter dem graue» Gewölk zeigte sich ein Stückchen Himmel. Detlev saß
ganz still und blickte auf deu blauen Streifen. Dann wandte er sich zu mir.
Das war un die Liebe! fuhr er fort und atmete schwer dabei. O Gott,
was ne stimme Krankheit! Abers nich alle kriegen sie auf diese Art, und das
is ein Glück; denn wo sollte sonstens die Kurasche zum Leben bleiben? Die
meisten lieben so, wie der Innrer vordem die kleine Komteß liebte, wo die
Brautleute sich was schenken und sich küssen und vergnügt sind, abers sich
trösten, wenn sie sich nicht kriegen. Das is auch das beste, denn bei diese
Geschichte war warhaftig kein Vergnügen bei. Auch für mir nich, wo ich mir
ümmer fragen mußte, was daraus werden sollte. Mein Herr, der ward tag¬
täglich elender, und ich wußt nich, was ich dabei anfangen sollt. Die Prin¬
zessin war so vergnügt mit ihren Bräutgam, die dacht an nix Böses, und
der alte Herzog hatt sich auch ne Wohnung in Plon genommen und sah
ordentlich jung aus vor Freude, seinen Sohn zu sehen. Die dachten alle
natürlicherweise nur an sich und nich um den armen kleinen Junker, der für
ihnen nix bedeutete. Bloß Rosenstein, der fragte doch noch nach meinen Herrn.
Der Hamburger war nämlich die ganze Zeit in Plön, und ich konnt mich
kein Vers auf machen, was er da eigentlich wollte: er sagt, er hätt Geschüftens,
und wenn er mir sah, denn fragt er meistens nach deu jungen Herzog, den er
ganz besonders gern leiden möcht, wie er mich verzählte. Und er gab mich
manchen Thaler, weil ich ümmer so geuau wußt, was der junge Hezog vvrhntt.
Wie lange wir in Plön waren, das kann ich nu garnich so genau sagen.
So an drei Wochen wirds wohl gewesen sein — ich meint abers, das wären
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |