Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

band laufe". Das ärgerte mir nu furchtbar. Son Unsinn kommt abers von
die Liebe, und da kann kein Mensch was bei thun. Deshalb muß man von
sie fortbleiben, bloß, daß das nich jedermann sein Sache is. Mein Herrn
sein Sache is das nich gewesen, und wenn ich auch die slimmsteu Gläubigers
von Rosenstein sein Geld bezahlt hab, so ist doch das meiste draufgegangen
zu Geschenkeus für die kleine Komteß.

Detlev Marksen schwieg wieder und schüttelte deu Kopf. Dann zuckte er
die magern Schultern und streichelte seinen Hund, der sich ganz dicht an ihn
gedrängt hatte.

Ärgern hilft nu "ix mehr, fuhr er fort, sonsten könnt ich mir den ganzen
Tag ärgern. Dazumalen wollt ich anch nich ümmerles an die Dummheit
von mein Junker denken, sondern ihn ein büschen helfen, damit er doch Briefe
schrieb, wo was ordentliches einstand über die Franzosens, damit er Geld ver¬
dienen that. Und so machte ich nur an ein Franzosen heran, daß der mich
ein büschen verzählte. Der hieß Piähr und war ein ziemlich alten Mann,
der auch ein büschen deutsch snacken konnt, weil daß er von die Ecke kam, wo
die Deutschens und die Franzosens ganz dicht zusammenwohnen. Das muß
auch so über die Elbe sein. Piähr sein Herrschaft war ein alten Herzog, der
in diesen Momaug erst nach Eutin kam und ne ganz feine Wohnung hatte.
Dieser Herzog gehörte nich zu die ganz pohwern Franzosens, die tanzen lehrten
und parens französche Stunde geben wollten. Er war ein feinen alten Mann
mit großen Angers und ein Perücke. Mich kuckte er natürlichewcise niemalen
an, weil daß ich man bloß ein ganz gewöhnlichen Diener war; und selbst mit
mein Junker sprach er nich, und auch mit die andern Herrns vom Hofe mochte
er nich zu thun haben. Bloß unser Herzog und die Prinzeus, die ließ er
sich so knappemang gefallen, und unsre Durchlaucht war so gnädig gegen ihm,
daß ich mir ärgerte. Die andern Franzosens, die dienerten und knieten, wenn
sie man bloß ein Nockslippen von den alten Mann sahen; anch die klein
Komteß und ihr Vater, der jetzt den ganzen Tag mit mein Junker zusammen
war und sich freihalten ließ. Um diese Zeit war die klein .Komteß mit meinen
Kammerjunker verlobt -- wenigstens nenn ich das so, wenn man Hand in
Hand sitzt und sich ümmerlos küßt ^ nmmerlvs und ümmerlvs, was den
Brautstand doch delischen swer machen muß.

Na, vor meinswegen konnten die jungen Herrschaften thun, wo sie Lust
zu hatten. Ich saß nu alle Tage mit Piähr zusammen und snackte mit ihm.
Wo is dem Herzog so stolz auf? fragt ich ihn einmal.

Da macht er ein wichtiges Gesicht. Oh, sagt er, er is furchtbar vornehm!
so vornehm, daß er bei Hofe ümmer ein von die ersten war, die den König
beim Aufstehn sein Hand geben konnten!

Du gerechter Heiland, sag ich, mit son Ehr bleib mich von Leibe! Da
würd ich mich rein garnix aus mache".


band laufe». Das ärgerte mir nu furchtbar. Son Unsinn kommt abers von
die Liebe, und da kann kein Mensch was bei thun. Deshalb muß man von
sie fortbleiben, bloß, daß das nich jedermann sein Sache is. Mein Herrn
sein Sache is das nich gewesen, und wenn ich auch die slimmsteu Gläubigers
von Rosenstein sein Geld bezahlt hab, so ist doch das meiste draufgegangen
zu Geschenkeus für die kleine Komteß.

Detlev Marksen schwieg wieder und schüttelte deu Kopf. Dann zuckte er
die magern Schultern und streichelte seinen Hund, der sich ganz dicht an ihn
gedrängt hatte.

Ärgern hilft nu »ix mehr, fuhr er fort, sonsten könnt ich mir den ganzen
Tag ärgern. Dazumalen wollt ich anch nich ümmerles an die Dummheit
von mein Junker denken, sondern ihn ein büschen helfen, damit er doch Briefe
schrieb, wo was ordentliches einstand über die Franzosens, damit er Geld ver¬
dienen that. Und so machte ich nur an ein Franzosen heran, daß der mich
ein büschen verzählte. Der hieß Piähr und war ein ziemlich alten Mann,
der auch ein büschen deutsch snacken konnt, weil daß er von die Ecke kam, wo
die Deutschens und die Franzosens ganz dicht zusammenwohnen. Das muß
auch so über die Elbe sein. Piähr sein Herrschaft war ein alten Herzog, der
in diesen Momaug erst nach Eutin kam und ne ganz feine Wohnung hatte.
Dieser Herzog gehörte nich zu die ganz pohwern Franzosens, die tanzen lehrten
und parens französche Stunde geben wollten. Er war ein feinen alten Mann
mit großen Angers und ein Perücke. Mich kuckte er natürlichewcise niemalen
an, weil daß ich man bloß ein ganz gewöhnlichen Diener war; und selbst mit
mein Junker sprach er nich, und auch mit die andern Herrns vom Hofe mochte
er nich zu thun haben. Bloß unser Herzog und die Prinzeus, die ließ er
sich so knappemang gefallen, und unsre Durchlaucht war so gnädig gegen ihm,
daß ich mir ärgerte. Die andern Franzosens, die dienerten und knieten, wenn
sie man bloß ein Nockslippen von den alten Mann sahen; anch die klein
Komteß und ihr Vater, der jetzt den ganzen Tag mit mein Junker zusammen
war und sich freihalten ließ. Um diese Zeit war die klein .Komteß mit meinen
Kammerjunker verlobt — wenigstens nenn ich das so, wenn man Hand in
Hand sitzt und sich ümmerlos küßt ^ nmmerlvs und ümmerlvs, was den
Brautstand doch delischen swer machen muß.

Na, vor meinswegen konnten die jungen Herrschaften thun, wo sie Lust
zu hatten. Ich saß nu alle Tage mit Piähr zusammen und snackte mit ihm.
Wo is dem Herzog so stolz auf? fragt ich ihn einmal.

Da macht er ein wichtiges Gesicht. Oh, sagt er, er is furchtbar vornehm!
so vornehm, daß er bei Hofe ümmer ein von die ersten war, die den König
beim Aufstehn sein Hand geben konnten!

Du gerechter Heiland, sag ich, mit son Ehr bleib mich von Leibe! Da
würd ich mich rein garnix aus mache».


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0548" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213662"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1684" prev="#ID_1683"> band laufe». Das ärgerte mir nu furchtbar. Son Unsinn kommt abers von<lb/>
die Liebe, und da kann kein Mensch was bei thun. Deshalb muß man von<lb/>
sie fortbleiben, bloß, daß das nich jedermann sein Sache is. Mein Herrn<lb/>
sein Sache is das nich gewesen, und wenn ich auch die slimmsteu Gläubigers<lb/>
von Rosenstein sein Geld bezahlt hab, so ist doch das meiste draufgegangen<lb/>
zu Geschenkeus für die kleine Komteß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1685"> Detlev Marksen schwieg wieder und schüttelte deu Kopf. Dann zuckte er<lb/>
die magern Schultern und streichelte seinen Hund, der sich ganz dicht an ihn<lb/>
gedrängt hatte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1686"> Ärgern hilft nu »ix mehr, fuhr er fort, sonsten könnt ich mir den ganzen<lb/>
Tag ärgern. Dazumalen wollt ich anch nich ümmerles an die Dummheit<lb/>
von mein Junker denken, sondern ihn ein büschen helfen, damit er doch Briefe<lb/>
schrieb, wo was ordentliches einstand über die Franzosens, damit er Geld ver¬<lb/>
dienen that. Und so machte ich nur an ein Franzosen heran, daß der mich<lb/>
ein büschen verzählte. Der hieß Piähr und war ein ziemlich alten Mann,<lb/>
der auch ein büschen deutsch snacken konnt, weil daß er von die Ecke kam, wo<lb/>
die Deutschens und die Franzosens ganz dicht zusammenwohnen. Das muß<lb/>
auch so über die Elbe sein. Piähr sein Herrschaft war ein alten Herzog, der<lb/>
in diesen Momaug erst nach Eutin kam und ne ganz feine Wohnung hatte.<lb/>
Dieser Herzog gehörte nich zu die ganz pohwern Franzosens, die tanzen lehrten<lb/>
und parens französche Stunde geben wollten. Er war ein feinen alten Mann<lb/>
mit großen Angers und ein Perücke. Mich kuckte er natürlichewcise niemalen<lb/>
an, weil daß ich man bloß ein ganz gewöhnlichen Diener war; und selbst mit<lb/>
mein Junker sprach er nich, und auch mit die andern Herrns vom Hofe mochte<lb/>
er nich zu thun haben. Bloß unser Herzog und die Prinzeus, die ließ er<lb/>
sich so knappemang gefallen, und unsre Durchlaucht war so gnädig gegen ihm,<lb/>
daß ich mir ärgerte. Die andern Franzosens, die dienerten und knieten, wenn<lb/>
sie man bloß ein Nockslippen von den alten Mann sahen; anch die klein<lb/>
Komteß und ihr Vater, der jetzt den ganzen Tag mit mein Junker zusammen<lb/>
war und sich freihalten ließ. Um diese Zeit war die klein .Komteß mit meinen<lb/>
Kammerjunker verlobt &#x2014; wenigstens nenn ich das so, wenn man Hand in<lb/>
Hand sitzt und sich ümmerlos küßt ^ nmmerlvs und ümmerlvs, was den<lb/>
Brautstand doch delischen swer machen muß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1687"> Na, vor meinswegen konnten die jungen Herrschaften thun, wo sie Lust<lb/>
zu hatten. Ich saß nu alle Tage mit Piähr zusammen und snackte mit ihm.<lb/>
Wo is dem Herzog so stolz auf? fragt ich ihn einmal.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1688"> Da macht er ein wichtiges Gesicht. Oh, sagt er, er is furchtbar vornehm!<lb/>
so vornehm, daß er bei Hofe ümmer ein von die ersten war, die den König<lb/>
beim Aufstehn sein Hand geben konnten!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1689"> Du gerechter Heiland, sag ich, mit son Ehr bleib mich von Leibe! Da<lb/>
würd ich mich rein garnix aus mache».</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0548] band laufe». Das ärgerte mir nu furchtbar. Son Unsinn kommt abers von die Liebe, und da kann kein Mensch was bei thun. Deshalb muß man von sie fortbleiben, bloß, daß das nich jedermann sein Sache is. Mein Herrn sein Sache is das nich gewesen, und wenn ich auch die slimmsteu Gläubigers von Rosenstein sein Geld bezahlt hab, so ist doch das meiste draufgegangen zu Geschenkeus für die kleine Komteß. Detlev Marksen schwieg wieder und schüttelte deu Kopf. Dann zuckte er die magern Schultern und streichelte seinen Hund, der sich ganz dicht an ihn gedrängt hatte. Ärgern hilft nu »ix mehr, fuhr er fort, sonsten könnt ich mir den ganzen Tag ärgern. Dazumalen wollt ich anch nich ümmerles an die Dummheit von mein Junker denken, sondern ihn ein büschen helfen, damit er doch Briefe schrieb, wo was ordentliches einstand über die Franzosens, damit er Geld ver¬ dienen that. Und so machte ich nur an ein Franzosen heran, daß der mich ein büschen verzählte. Der hieß Piähr und war ein ziemlich alten Mann, der auch ein büschen deutsch snacken konnt, weil daß er von die Ecke kam, wo die Deutschens und die Franzosens ganz dicht zusammenwohnen. Das muß auch so über die Elbe sein. Piähr sein Herrschaft war ein alten Herzog, der in diesen Momaug erst nach Eutin kam und ne ganz feine Wohnung hatte. Dieser Herzog gehörte nich zu die ganz pohwern Franzosens, die tanzen lehrten und parens französche Stunde geben wollten. Er war ein feinen alten Mann mit großen Angers und ein Perücke. Mich kuckte er natürlichewcise niemalen an, weil daß ich man bloß ein ganz gewöhnlichen Diener war; und selbst mit mein Junker sprach er nich, und auch mit die andern Herrns vom Hofe mochte er nich zu thun haben. Bloß unser Herzog und die Prinzeus, die ließ er sich so knappemang gefallen, und unsre Durchlaucht war so gnädig gegen ihm, daß ich mir ärgerte. Die andern Franzosens, die dienerten und knieten, wenn sie man bloß ein Nockslippen von den alten Mann sahen; anch die klein Komteß und ihr Vater, der jetzt den ganzen Tag mit mein Junker zusammen war und sich freihalten ließ. Um diese Zeit war die klein .Komteß mit meinen Kammerjunker verlobt — wenigstens nenn ich das so, wenn man Hand in Hand sitzt und sich ümmerlos küßt ^ nmmerlvs und ümmerlvs, was den Brautstand doch delischen swer machen muß. Na, vor meinswegen konnten die jungen Herrschaften thun, wo sie Lust zu hatten. Ich saß nu alle Tage mit Piähr zusammen und snackte mit ihm. Wo is dem Herzog so stolz auf? fragt ich ihn einmal. Da macht er ein wichtiges Gesicht. Oh, sagt er, er is furchtbar vornehm! so vornehm, daß er bei Hofe ümmer ein von die ersten war, die den König beim Aufstehn sein Hand geben konnten! Du gerechter Heiland, sag ich, mit son Ehr bleib mich von Leibe! Da würd ich mich rein garnix aus mache».

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/548
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/548>, abgerufen am 23.07.2024.