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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Der langweilige Kammerherr

feinsten Sachen gesprochen. Von mein Herrn, und wie ein so hinunter jungen
Mann doch mit das leidige Geld keine Swulitäten haben dürft; wie ihn das
menner so leid thät, wenn sich feine Herrens nich allens kaufen könnten, was
sie nötig hätten, und ob er mich woll ein Thaler schenken dürft. Da gab ich
denn mein Erlaubnis zu, und wie er fragt, ob er mein Herrn woll sein Auf¬
wartung machen könnt, da sag ich natttrlicheweise ja.

Ich will auch nicht viel von euerm Junker! sagt Herr Rosenstein und
nimmt ein Stück Wein. Bloß daß ich ihm einen kleinen Verdienst gönnen
möchte. Ich schreibe nämlich eine Zeitung in Hamburg, eine Zeitung für die
Franzosen, die überall verstreut leben. Und nun frage ich verschiedne Herren,
ob sie mir nicht Briefe schreiben wollen, in denen etwas über die Franzosen
steht. Nicht wahr, hier leben doch anch Franzosen?

Lieber Gott, ja! sag ich, Frcmzvsens, mehr als wir brauchen können!

Herr Rosenstein nickt, und dann redet er noch ne ganze lange Zeit. Er
war ein feinen Mann und hatte feine Wörters, wie ich ihnen nich kenne und
nich nachsprechen kann; abers dumm bin ich niemalen gewesen, und was der
Mann aus Hamburg wollte, hatt ich bald begriffen. Die Hamburgers sind
reiche Leute, und sie geben manichmal Geld aus für Dingeus, an die kein
ander Mensch denken thut, bloß uatürlicheweise, um ihre Thalers los zu
werden. So war es auch mit diesen Maun, der wollt ein paar Briefens ge¬
schrieben haben, und da sollte einstehn, was die Frcmzoseus in Eutin und in
Plön thäten, und wie sie hießen, und was sie vorhätten, weiter ganz und
gnrnix. lind für so dumme Briefens wollt Herr Rosenstein ein ganzen Berg
Geld geben, weil, wie er sagt, die Frcmzvsens, die überall verstreut wären,
von ihre Landsleute gern was hören wollten, und seine Zeitung von alle
Lenkers gekauft werden würd. Denken konnt ich mich das nu nich, denn wer
möcht woll von die alten Parlewuhs hören, die so verdreht snacktcn, daß sie
kein vernünftigen Mensch versteh" konnt? Aber sließlich konnt mich den ganzen
Swindel egal sein, wenn mein Junker bloß ein büschen Geld verdiente, denn
der hatt auch keinen Schilling mehr ans die Naht, was für uns beide ümmer
ein grasiges Gefühl war.

So bin ich denn mit Herrn Rosenstein zu den Kammerjunker aufs herzog¬
liche Stoß gegangen und hab die ganze Geschichte bald in Ordnung gebracht.
Zuerst war mein Junker ein büschen verwundert und kuckte sich Herrn Rosen¬
stein an, und wußt "ich recht, was er sagen sollt. Abers dann dachte er, daß
es doch leicht war, ein paar Briefens zu schreiben und Geld dafür zu kriegen.
Was sein Vater war, da hinter die Elbe, der hatt ihm all lang um Geld
gequält, und dann fielen ihn die Gläubigers ein und das Krallenhalsband
für die kleine Komteß. Und dann sagt er jn. Da hat ihn dann Herr Rosen¬
stein gleich auf Abslag ein paar Lujedors gegeben, und wie mein Junker das
Geld sieht, da schiebt er mich ein Goldstück zu, und ich muß nach das Hals-


Der langweilige Kammerherr

feinsten Sachen gesprochen. Von mein Herrn, und wie ein so hinunter jungen
Mann doch mit das leidige Geld keine Swulitäten haben dürft; wie ihn das
menner so leid thät, wenn sich feine Herrens nich allens kaufen könnten, was
sie nötig hätten, und ob er mich woll ein Thaler schenken dürft. Da gab ich
denn mein Erlaubnis zu, und wie er fragt, ob er mein Herrn woll sein Auf¬
wartung machen könnt, da sag ich natttrlicheweise ja.

Ich will auch nicht viel von euerm Junker! sagt Herr Rosenstein und
nimmt ein Stück Wein. Bloß daß ich ihm einen kleinen Verdienst gönnen
möchte. Ich schreibe nämlich eine Zeitung in Hamburg, eine Zeitung für die
Franzosen, die überall verstreut leben. Und nun frage ich verschiedne Herren,
ob sie mir nicht Briefe schreiben wollen, in denen etwas über die Franzosen
steht. Nicht wahr, hier leben doch anch Franzosen?

Lieber Gott, ja! sag ich, Frcmzvsens, mehr als wir brauchen können!

Herr Rosenstein nickt, und dann redet er noch ne ganze lange Zeit. Er
war ein feinen Mann und hatte feine Wörters, wie ich ihnen nich kenne und
nich nachsprechen kann; abers dumm bin ich niemalen gewesen, und was der
Mann aus Hamburg wollte, hatt ich bald begriffen. Die Hamburgers sind
reiche Leute, und sie geben manichmal Geld aus für Dingeus, an die kein
ander Mensch denken thut, bloß uatürlicheweise, um ihre Thalers los zu
werden. So war es auch mit diesen Maun, der wollt ein paar Briefens ge¬
schrieben haben, und da sollte einstehn, was die Frcmzoseus in Eutin und in
Plön thäten, und wie sie hießen, und was sie vorhätten, weiter ganz und
gnrnix. lind für so dumme Briefens wollt Herr Rosenstein ein ganzen Berg
Geld geben, weil, wie er sagt, die Frcmzvsens, die überall verstreut wären,
von ihre Landsleute gern was hören wollten, und seine Zeitung von alle
Lenkers gekauft werden würd. Denken konnt ich mich das nu nich, denn wer
möcht woll von die alten Parlewuhs hören, die so verdreht snacktcn, daß sie
kein vernünftigen Mensch versteh» konnt? Aber sließlich konnt mich den ganzen
Swindel egal sein, wenn mein Junker bloß ein büschen Geld verdiente, denn
der hatt auch keinen Schilling mehr ans die Naht, was für uns beide ümmer
ein grasiges Gefühl war.

So bin ich denn mit Herrn Rosenstein zu den Kammerjunker aufs herzog¬
liche Stoß gegangen und hab die ganze Geschichte bald in Ordnung gebracht.
Zuerst war mein Junker ein büschen verwundert und kuckte sich Herrn Rosen¬
stein an, und wußt »ich recht, was er sagen sollt. Abers dann dachte er, daß
es doch leicht war, ein paar Briefens zu schreiben und Geld dafür zu kriegen.
Was sein Vater war, da hinter die Elbe, der hatt ihm all lang um Geld
gequält, und dann fielen ihn die Gläubigers ein und das Krallenhalsband
für die kleine Komteß. Und dann sagt er jn. Da hat ihn dann Herr Rosen¬
stein gleich auf Abslag ein paar Lujedors gegeben, und wie mein Junker das
Geld sieht, da schiebt er mich ein Goldstück zu, und ich muß nach das Hals-


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[0547] Der langweilige Kammerherr feinsten Sachen gesprochen. Von mein Herrn, und wie ein so hinunter jungen Mann doch mit das leidige Geld keine Swulitäten haben dürft; wie ihn das menner so leid thät, wenn sich feine Herrens nich allens kaufen könnten, was sie nötig hätten, und ob er mich woll ein Thaler schenken dürft. Da gab ich denn mein Erlaubnis zu, und wie er fragt, ob er mein Herrn woll sein Auf¬ wartung machen könnt, da sag ich natttrlicheweise ja. Ich will auch nicht viel von euerm Junker! sagt Herr Rosenstein und nimmt ein Stück Wein. Bloß daß ich ihm einen kleinen Verdienst gönnen möchte. Ich schreibe nämlich eine Zeitung in Hamburg, eine Zeitung für die Franzosen, die überall verstreut leben. Und nun frage ich verschiedne Herren, ob sie mir nicht Briefe schreiben wollen, in denen etwas über die Franzosen steht. Nicht wahr, hier leben doch anch Franzosen? Lieber Gott, ja! sag ich, Frcmzvsens, mehr als wir brauchen können! Herr Rosenstein nickt, und dann redet er noch ne ganze lange Zeit. Er war ein feinen Mann und hatte feine Wörters, wie ich ihnen nich kenne und nich nachsprechen kann; abers dumm bin ich niemalen gewesen, und was der Mann aus Hamburg wollte, hatt ich bald begriffen. Die Hamburgers sind reiche Leute, und sie geben manichmal Geld aus für Dingeus, an die kein ander Mensch denken thut, bloß uatürlicheweise, um ihre Thalers los zu werden. So war es auch mit diesen Maun, der wollt ein paar Briefens ge¬ schrieben haben, und da sollte einstehn, was die Frcmzoseus in Eutin und in Plön thäten, und wie sie hießen, und was sie vorhätten, weiter ganz und gnrnix. lind für so dumme Briefens wollt Herr Rosenstein ein ganzen Berg Geld geben, weil, wie er sagt, die Frcmzvsens, die überall verstreut wären, von ihre Landsleute gern was hören wollten, und seine Zeitung von alle Lenkers gekauft werden würd. Denken konnt ich mich das nu nich, denn wer möcht woll von die alten Parlewuhs hören, die so verdreht snacktcn, daß sie kein vernünftigen Mensch versteh» konnt? Aber sließlich konnt mich den ganzen Swindel egal sein, wenn mein Junker bloß ein büschen Geld verdiente, denn der hatt auch keinen Schilling mehr ans die Naht, was für uns beide ümmer ein grasiges Gefühl war. So bin ich denn mit Herrn Rosenstein zu den Kammerjunker aufs herzog¬ liche Stoß gegangen und hab die ganze Geschichte bald in Ordnung gebracht. Zuerst war mein Junker ein büschen verwundert und kuckte sich Herrn Rosen¬ stein an, und wußt »ich recht, was er sagen sollt. Abers dann dachte er, daß es doch leicht war, ein paar Briefens zu schreiben und Geld dafür zu kriegen. Was sein Vater war, da hinter die Elbe, der hatt ihm all lang um Geld gequält, und dann fielen ihn die Gläubigers ein und das Krallenhalsband für die kleine Komteß. Und dann sagt er jn. Da hat ihn dann Herr Rosen¬ stein gleich auf Abslag ein paar Lujedors gegeben, und wie mein Junker das Geld sieht, da schiebt er mich ein Goldstück zu, und ich muß nach das Hals-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/547>, abgerufen am 23.07.2024.