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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Der langweilige Uammerherr

und ich kaun nich anders sagen, als daß mein Herr davon genug bekam,
denn die Frcmzvscns stellten unser klein Stadt ganz aufn Kopp. Ein Hop-
hei folgte den andern, und mein Junker klabasterte den ganzen Tag mit
die Fremdeus herum und snackte französisch mit sie, was ich gar nich or¬
dentlich verstehen konnte.

Diese Art möcht ich nu gar nich besonders leiden, und da war auch
noch mehr, was mir ärgerte. Die kleine Komteß war steche in Zeug
und ließ sich allens von mein Junker schenken, und ihr Vater wollte ümmerlos
Geld geliehen haben, auch von mein Junker, und der hatt doch rein garuix.
Denn der Herzog hatt die Gehälters von seine Hofleute kleiner machen müssen,
weil daß er so viel an die Franzvsens abgab, und mein Herr kriegte auch
noch alle paar Wvchens ein Brief von sein Vater, er sollte ihm doch nich
vergessen, weil daß er so viel Kinder hätt und parens Geld gebrauche" thäte.
Das war schon lang ne Eigenheit von den Kammerjunker, daß er
ümmerlos Schulden hatt und sein Sueider und Schuster man hin und wieder
knappemang bezahlte. Auch ein paar Bärens hatt er angebunden, bein
Gärtner, bein Kaufmann, wo die feinen Kleibers zu haben sind, bein Gold-
smied, wo man Savjettenringe und Halskettens für die Drams kaufen konnt.
Früher hatt er an solche Leute nich in Traum gedacht -- um wollte abers
die Komteß was geschenkt haben und kuckte den Junker so an mit ihre blanken
Angers, daß er allens kaufte, was sie leiden mochte. Ein klein büschen
Schulden, da fragt kein vornehmen Herrn nach. Wenn die abers immer doller
werden, denn is das nich nett, und ich konnt es den Goldsmied garnich ver¬
denken, daß er falsch wurde.

Das war an 'n Abend in Maimonat, und ich hatt ein ganzen Strauß
Maililjen an die Komteß bringen müssen. Sie steckt ihr klein Gesicht tief in
die Blnmens, als wenn sie dn was ein suchte, und denn zuckte sie ein büschen
mit die Schulterns. Ich ärgerte mir; denn ich wußt, daß sie zu mein Junker
gesagt hatt, sie sehnte sich so nach die roten Krallens, die bein Goldsmied in' n
Fenster lagen. Und fünfmal hatt ich all zu den alten ekligen Mann lciufeu
und ihm fragen müssen, ob er nich noch einmal ein klein büschen Kredit geben
und mein Herrn das Halsband lassen wollt. Der Alte abers halß mir bei¬
nah aus die Thür und sagte dabei soviel Böses, daß ich mir ärgerte und
auch grob wurde. Das war aber allens noch nich genug: als ich die Blumens
zu die Komteß gebracht hatt und nu auf die Straße geh, da begegnet mich
der Goldsmied und sagt, ich hätt mir sehr steche gegen ihm benommen, und
er wollt mir an den Herzog verklagen, weil ich grob gewesen wär. Und sagen
wollt er auch noch, daß mein Junker aufn stimmen Weg wär und bald wohl
von Eutin weg müßt. Ich würd natürlich falsch, wie er sowas sagt, und
wir haben uus aus die Straße tüchtig die Wahrheit gesagt, bis mir mit ein¬
mal ein andre Person an den Arm kriegt und meint, ich soll man mit ihn


Grenzboten IV 189L KL
Der langweilige Uammerherr

und ich kaun nich anders sagen, als daß mein Herr davon genug bekam,
denn die Frcmzvscns stellten unser klein Stadt ganz aufn Kopp. Ein Hop-
hei folgte den andern, und mein Junker klabasterte den ganzen Tag mit
die Fremdeus herum und snackte französisch mit sie, was ich gar nich or¬
dentlich verstehen konnte.

Diese Art möcht ich nu gar nich besonders leiden, und da war auch
noch mehr, was mir ärgerte. Die kleine Komteß war steche in Zeug
und ließ sich allens von mein Junker schenken, und ihr Vater wollte ümmerlos
Geld geliehen haben, auch von mein Junker, und der hatt doch rein garuix.
Denn der Herzog hatt die Gehälters von seine Hofleute kleiner machen müssen,
weil daß er so viel an die Franzvsens abgab, und mein Herr kriegte auch
noch alle paar Wvchens ein Brief von sein Vater, er sollte ihm doch nich
vergessen, weil daß er so viel Kinder hätt und parens Geld gebrauche» thäte.
Das war schon lang ne Eigenheit von den Kammerjunker, daß er
ümmerlos Schulden hatt und sein Sueider und Schuster man hin und wieder
knappemang bezahlte. Auch ein paar Bärens hatt er angebunden, bein
Gärtner, bein Kaufmann, wo die feinen Kleibers zu haben sind, bein Gold-
smied, wo man Savjettenringe und Halskettens für die Drams kaufen konnt.
Früher hatt er an solche Leute nich in Traum gedacht — um wollte abers
die Komteß was geschenkt haben und kuckte den Junker so an mit ihre blanken
Angers, daß er allens kaufte, was sie leiden mochte. Ein klein büschen
Schulden, da fragt kein vornehmen Herrn nach. Wenn die abers immer doller
werden, denn is das nich nett, und ich konnt es den Goldsmied garnich ver¬
denken, daß er falsch wurde.

Das war an 'n Abend in Maimonat, und ich hatt ein ganzen Strauß
Maililjen an die Komteß bringen müssen. Sie steckt ihr klein Gesicht tief in
die Blnmens, als wenn sie dn was ein suchte, und denn zuckte sie ein büschen
mit die Schulterns. Ich ärgerte mir; denn ich wußt, daß sie zu mein Junker
gesagt hatt, sie sehnte sich so nach die roten Krallens, die bein Goldsmied in' n
Fenster lagen. Und fünfmal hatt ich all zu den alten ekligen Mann lciufeu
und ihm fragen müssen, ob er nich noch einmal ein klein büschen Kredit geben
und mein Herrn das Halsband lassen wollt. Der Alte abers halß mir bei¬
nah aus die Thür und sagte dabei soviel Böses, daß ich mir ärgerte und
auch grob wurde. Das war aber allens noch nich genug: als ich die Blumens
zu die Komteß gebracht hatt und nu auf die Straße geh, da begegnet mich
der Goldsmied und sagt, ich hätt mir sehr steche gegen ihm benommen, und
er wollt mir an den Herzog verklagen, weil ich grob gewesen wär. Und sagen
wollt er auch noch, daß mein Junker aufn stimmen Weg wär und bald wohl
von Eutin weg müßt. Ich würd natürlich falsch, wie er sowas sagt, und
wir haben uus aus die Straße tüchtig die Wahrheit gesagt, bis mir mit ein¬
mal ein andre Person an den Arm kriegt und meint, ich soll man mit ihn


Grenzboten IV 189L KL
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[0497] Der langweilige Uammerherr und ich kaun nich anders sagen, als daß mein Herr davon genug bekam, denn die Frcmzvscns stellten unser klein Stadt ganz aufn Kopp. Ein Hop- hei folgte den andern, und mein Junker klabasterte den ganzen Tag mit die Fremdeus herum und snackte französisch mit sie, was ich gar nich or¬ dentlich verstehen konnte. Diese Art möcht ich nu gar nich besonders leiden, und da war auch noch mehr, was mir ärgerte. Die kleine Komteß war steche in Zeug und ließ sich allens von mein Junker schenken, und ihr Vater wollte ümmerlos Geld geliehen haben, auch von mein Junker, und der hatt doch rein garuix. Denn der Herzog hatt die Gehälters von seine Hofleute kleiner machen müssen, weil daß er so viel an die Franzvsens abgab, und mein Herr kriegte auch noch alle paar Wvchens ein Brief von sein Vater, er sollte ihm doch nich vergessen, weil daß er so viel Kinder hätt und parens Geld gebrauche» thäte. Das war schon lang ne Eigenheit von den Kammerjunker, daß er ümmerlos Schulden hatt und sein Sueider und Schuster man hin und wieder knappemang bezahlte. Auch ein paar Bärens hatt er angebunden, bein Gärtner, bein Kaufmann, wo die feinen Kleibers zu haben sind, bein Gold- smied, wo man Savjettenringe und Halskettens für die Drams kaufen konnt. Früher hatt er an solche Leute nich in Traum gedacht — um wollte abers die Komteß was geschenkt haben und kuckte den Junker so an mit ihre blanken Angers, daß er allens kaufte, was sie leiden mochte. Ein klein büschen Schulden, da fragt kein vornehmen Herrn nach. Wenn die abers immer doller werden, denn is das nich nett, und ich konnt es den Goldsmied garnich ver¬ denken, daß er falsch wurde. Das war an 'n Abend in Maimonat, und ich hatt ein ganzen Strauß Maililjen an die Komteß bringen müssen. Sie steckt ihr klein Gesicht tief in die Blnmens, als wenn sie dn was ein suchte, und denn zuckte sie ein büschen mit die Schulterns. Ich ärgerte mir; denn ich wußt, daß sie zu mein Junker gesagt hatt, sie sehnte sich so nach die roten Krallens, die bein Goldsmied in' n Fenster lagen. Und fünfmal hatt ich all zu den alten ekligen Mann lciufeu und ihm fragen müssen, ob er nich noch einmal ein klein büschen Kredit geben und mein Herrn das Halsband lassen wollt. Der Alte abers halß mir bei¬ nah aus die Thür und sagte dabei soviel Böses, daß ich mir ärgerte und auch grob wurde. Das war aber allens noch nich genug: als ich die Blumens zu die Komteß gebracht hatt und nu auf die Straße geh, da begegnet mich der Goldsmied und sagt, ich hätt mir sehr steche gegen ihm benommen, und er wollt mir an den Herzog verklagen, weil ich grob gewesen wär. Und sagen wollt er auch noch, daß mein Junker aufn stimmen Weg wär und bald wohl von Eutin weg müßt. Ich würd natürlich falsch, wie er sowas sagt, und wir haben uus aus die Straße tüchtig die Wahrheit gesagt, bis mir mit ein¬ mal ein andre Person an den Arm kriegt und meint, ich soll man mit ihn Grenzboten IV 189L KL

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/497>, abgerufen am 23.07.2024.