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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Als wir uns wieder im Gesellschaftszimmer zusammenfanden, schlug der
Fürst eine Ausfahrt in den Wald vor, wo eben ein Karpfenteich gefischt werde.
Kurze Zeit darauf standen zwei offne Wagen bereit, und wir fuhren nach
Osten hin, meist durch Nadelwald, an mehreren ansehnlichen Teichen vorüber
nach der bezeichneten Stelle. Der Teich war abgelassen, und unter der Aufsicht
eines Försters wateten Männer und Knaben mit Netzen im Schlamm, um die
Fischbeute zu gewinnen und in Fässer auf einen bereitstehenden Wagen zu verladen.
Mitten nnter seinen Gästen und seinen Leuten stand der Fürst in Pelzrock
und Schlapphut; er betrachtete mit kundigem Auge die prächtigen Karpfen und
Karauschen, die da herauskamen, freute sich besonders, als ein riesiger Hecht
seinem Schicksale verfiel, und erwies einem großen Krebse die Ehre, sich derb
von ihm in den Finger kneipen zu lassen. Im Hintergründe stampften die
Pferde, und durch die hohen Stämme der Kiefern und Fichten, die den Teich
umrahmten, leuchtete die Abendsonne.

Sie mahnte zugleich zur Rückfahrt. Zum letztenmale sammelten wir uns
nach der Heimkehr im Salon der Fürstin um den Hausherrn und die Haus¬
frau bei einem Glase trefflichen Spatenbräus, das der Fürst selbst einschenkte.
Noch mancherlei wurde da besprochen; vor allein ging der Fürst auf die
Kolonialpolitik und auf das deutsch-englische Abkommen vom 1. Juli 1890
ein. Er erklärte dabei, daß er gegen die Versetzung des für Kamerun trefflich
geeigneten Freiherrn von Soden an die viel wildere ostafrikanische Küste ge¬
wesen sei, und stellte dein Major von Wißmann, den er für diesen Posten
empfohlen habe, das glänzendste Zeugnis aus. "Der hat zweimal allein
Afrika "durchquert" und niemals eine Dummheit gemacht. Als er zu mir kam
und für den Kampf gegen Vuschiri um Instruktionen bat, sagte ich ihm: "Aber
mein lieber Major, wie soll ich Ihnen Instruktionen geben bei sechs Wochen
Briefgang nach Sansibar? Ich bin doch nicht der selige Hofkriegsrat. Ihre
einzige Instruktion ist, zu siegen. Machen Sie Dummheiten, nun dann sitz
ich eben drin, denn ich bin ja für Sie verantwortlich. Betrachten Sie sich
als des Kaisers Reichskanzler für Ostafrika." Und -- fügte er hinzu -- er
hat nicht eine Dummheit gemacht und ist mit fleckenlos weißer Weste zurück¬
gekommen." Um Helgoland, versicherte er dann, würde er niemals ein Opfer
gebracht haben, da es unsre Position nicht stärke, sondern schwache, was
er dann näher und sehr überzeugend ausführte, und das ostafrikanische Ab¬
kommen würde er niemals geschlossen haben. "Die Hauptsache war dort Sansibar.
Eine solche Handelsstadt verlegt man nicht. Dort war arabisches und in¬
disches Kapital, der deutsche Handel war im raschen Wachsen, der englische
im Abnehmen, und einer, der von dort zurückkehrte, sagte nur einmal, sogar
die Gefängnisse seien dort schon germanisirt, denn es säßen fast nnr Deutsche
drin. Wir mußten warten, bis England unser Bündnis oder auch nnr unsre
Neutralität brauchte. Ich bin überzeugt, in fünf bis zehn Jahren wäre es


Als wir uns wieder im Gesellschaftszimmer zusammenfanden, schlug der
Fürst eine Ausfahrt in den Wald vor, wo eben ein Karpfenteich gefischt werde.
Kurze Zeit darauf standen zwei offne Wagen bereit, und wir fuhren nach
Osten hin, meist durch Nadelwald, an mehreren ansehnlichen Teichen vorüber
nach der bezeichneten Stelle. Der Teich war abgelassen, und unter der Aufsicht
eines Försters wateten Männer und Knaben mit Netzen im Schlamm, um die
Fischbeute zu gewinnen und in Fässer auf einen bereitstehenden Wagen zu verladen.
Mitten nnter seinen Gästen und seinen Leuten stand der Fürst in Pelzrock
und Schlapphut; er betrachtete mit kundigem Auge die prächtigen Karpfen und
Karauschen, die da herauskamen, freute sich besonders, als ein riesiger Hecht
seinem Schicksale verfiel, und erwies einem großen Krebse die Ehre, sich derb
von ihm in den Finger kneipen zu lassen. Im Hintergründe stampften die
Pferde, und durch die hohen Stämme der Kiefern und Fichten, die den Teich
umrahmten, leuchtete die Abendsonne.

Sie mahnte zugleich zur Rückfahrt. Zum letztenmale sammelten wir uns
nach der Heimkehr im Salon der Fürstin um den Hausherrn und die Haus¬
frau bei einem Glase trefflichen Spatenbräus, das der Fürst selbst einschenkte.
Noch mancherlei wurde da besprochen; vor allein ging der Fürst auf die
Kolonialpolitik und auf das deutsch-englische Abkommen vom 1. Juli 1890
ein. Er erklärte dabei, daß er gegen die Versetzung des für Kamerun trefflich
geeigneten Freiherrn von Soden an die viel wildere ostafrikanische Küste ge¬
wesen sei, und stellte dein Major von Wißmann, den er für diesen Posten
empfohlen habe, das glänzendste Zeugnis aus. „Der hat zweimal allein
Afrika »durchquert« und niemals eine Dummheit gemacht. Als er zu mir kam
und für den Kampf gegen Vuschiri um Instruktionen bat, sagte ich ihm: »Aber
mein lieber Major, wie soll ich Ihnen Instruktionen geben bei sechs Wochen
Briefgang nach Sansibar? Ich bin doch nicht der selige Hofkriegsrat. Ihre
einzige Instruktion ist, zu siegen. Machen Sie Dummheiten, nun dann sitz
ich eben drin, denn ich bin ja für Sie verantwortlich. Betrachten Sie sich
als des Kaisers Reichskanzler für Ostafrika.« Und — fügte er hinzu — er
hat nicht eine Dummheit gemacht und ist mit fleckenlos weißer Weste zurück¬
gekommen." Um Helgoland, versicherte er dann, würde er niemals ein Opfer
gebracht haben, da es unsre Position nicht stärke, sondern schwache, was
er dann näher und sehr überzeugend ausführte, und das ostafrikanische Ab¬
kommen würde er niemals geschlossen haben. „Die Hauptsache war dort Sansibar.
Eine solche Handelsstadt verlegt man nicht. Dort war arabisches und in¬
disches Kapital, der deutsche Handel war im raschen Wachsen, der englische
im Abnehmen, und einer, der von dort zurückkehrte, sagte nur einmal, sogar
die Gefängnisse seien dort schon germanisirt, denn es säßen fast nnr Deutsche
drin. Wir mußten warten, bis England unser Bündnis oder auch nnr unsre
Neutralität brauchte. Ich bin überzeugt, in fünf bis zehn Jahren wäre es


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[0394] Als wir uns wieder im Gesellschaftszimmer zusammenfanden, schlug der Fürst eine Ausfahrt in den Wald vor, wo eben ein Karpfenteich gefischt werde. Kurze Zeit darauf standen zwei offne Wagen bereit, und wir fuhren nach Osten hin, meist durch Nadelwald, an mehreren ansehnlichen Teichen vorüber nach der bezeichneten Stelle. Der Teich war abgelassen, und unter der Aufsicht eines Försters wateten Männer und Knaben mit Netzen im Schlamm, um die Fischbeute zu gewinnen und in Fässer auf einen bereitstehenden Wagen zu verladen. Mitten nnter seinen Gästen und seinen Leuten stand der Fürst in Pelzrock und Schlapphut; er betrachtete mit kundigem Auge die prächtigen Karpfen und Karauschen, die da herauskamen, freute sich besonders, als ein riesiger Hecht seinem Schicksale verfiel, und erwies einem großen Krebse die Ehre, sich derb von ihm in den Finger kneipen zu lassen. Im Hintergründe stampften die Pferde, und durch die hohen Stämme der Kiefern und Fichten, die den Teich umrahmten, leuchtete die Abendsonne. Sie mahnte zugleich zur Rückfahrt. Zum letztenmale sammelten wir uns nach der Heimkehr im Salon der Fürstin um den Hausherrn und die Haus¬ frau bei einem Glase trefflichen Spatenbräus, das der Fürst selbst einschenkte. Noch mancherlei wurde da besprochen; vor allein ging der Fürst auf die Kolonialpolitik und auf das deutsch-englische Abkommen vom 1. Juli 1890 ein. Er erklärte dabei, daß er gegen die Versetzung des für Kamerun trefflich geeigneten Freiherrn von Soden an die viel wildere ostafrikanische Küste ge¬ wesen sei, und stellte dein Major von Wißmann, den er für diesen Posten empfohlen habe, das glänzendste Zeugnis aus. „Der hat zweimal allein Afrika »durchquert« und niemals eine Dummheit gemacht. Als er zu mir kam und für den Kampf gegen Vuschiri um Instruktionen bat, sagte ich ihm: »Aber mein lieber Major, wie soll ich Ihnen Instruktionen geben bei sechs Wochen Briefgang nach Sansibar? Ich bin doch nicht der selige Hofkriegsrat. Ihre einzige Instruktion ist, zu siegen. Machen Sie Dummheiten, nun dann sitz ich eben drin, denn ich bin ja für Sie verantwortlich. Betrachten Sie sich als des Kaisers Reichskanzler für Ostafrika.« Und — fügte er hinzu — er hat nicht eine Dummheit gemacht und ist mit fleckenlos weißer Weste zurück¬ gekommen." Um Helgoland, versicherte er dann, würde er niemals ein Opfer gebracht haben, da es unsre Position nicht stärke, sondern schwache, was er dann näher und sehr überzeugend ausführte, und das ostafrikanische Ab¬ kommen würde er niemals geschlossen haben. „Die Hauptsache war dort Sansibar. Eine solche Handelsstadt verlegt man nicht. Dort war arabisches und in¬ disches Kapital, der deutsche Handel war im raschen Wachsen, der englische im Abnehmen, und einer, der von dort zurückkehrte, sagte nur einmal, sogar die Gefängnisse seien dort schon germanisirt, denn es säßen fast nnr Deutsche drin. Wir mußten warten, bis England unser Bündnis oder auch nnr unsre Neutralität brauchte. Ich bin überzeugt, in fünf bis zehn Jahren wäre es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/394>, abgerufen am 22.12.2024.