Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.zahl von etwa sechsunddreißig Millionen damals 400000 Mann unter den Der mehrfache Wechsel in Rvons amtlicher Stellung brach diese Be¬ Aber alles das wurde nur unter den mannichfachsten Schwauiungeu er- zahl von etwa sechsunddreißig Millionen damals 400000 Mann unter den Der mehrfache Wechsel in Rvons amtlicher Stellung brach diese Be¬ Aber alles das wurde nur unter den mannichfachsten Schwauiungeu er- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0229" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/213343"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_671" prev="#ID_670"> zahl von etwa sechsunddreißig Millionen damals 400000 Mann unter den<lb/> Fahnen hatte. Daher mußte bei jeder, auch der kleinsten Mobilisirnng sofort<lb/> die Landwehr aufgeboten und ins Feld geführt werden, was nun wieder<lb/> taufenden von Familien ihre Ernährer nahm und doch keine recht kriegsfeste<lb/> Truppe lieferte. Ebenso bedürfte die untaugliche Kriegsverfassung des deutscheu<lb/> Bundes, ein Hohn auf den Namen, einer gründlichen Reform.</p><lb/> <p xml:id="ID_672"> Der mehrfache Wechsel in Rvons amtlicher Stellung brach diese Be¬<lb/> ziehungen nicht ab, sondern vertiefte sie eher. Schon seit 1851 war er in<lb/> den Frontdienst zurückgekehrt und zwar zunächst als Oberstleutnant und Kom¬<lb/> mandeur des dreiunddreißigsteu (Reserve-) Infanterieregiments in Thorn; da<lb/> aber dieses Regiment schon im Herbst desselben Jahres, nachdem es zunächst<lb/> nach Königsberg verlegt worden war, dem achten Armeekorps zugeteilt wurde,<lb/> so kehrte Roon mit ihm als Oberst an den Rhein, nach Köln, zurück und<lb/> erneuerte den alten persönlichen Verkehr mit Bonn und Koblenz. Auch nach<lb/> seiner Versetzung nach Posen als Brigadelommandcnr und Generalmajor im<lb/> Juni 1856 blieb er mit dem Prinzen Wilhelm in fortwährendem Briefwechsel<lb/> und genoß seines vollsten Vertrauens, zumal da dessen Verhältnis zum Hofe<lb/> während des Krimkrieges ein sehr gespanntes wurde. Dein: wenn auch Prinz<lb/> Wilhelm keineswegs dafür war, daß sich Preußen für die Westmächte in einen<lb/> Krieg gegen Rußland stürze, so wollte er doch eben so wenig von einer Unter¬<lb/> stützung Rußlands etwas wissen, wozu die herrschende Partei nur allzusehr<lb/> neigte; er wünschte vielmehr, daß Rußlands schwer lastendes Übergewicht ge¬<lb/> brochen würde, und zog sich im Mai 1854, nachdem der Kriegsminister<lb/> von Bouin als Nusfenfeind dem Drängen des Zaren geopfert worden war,<lb/> gänzlich vom Hofe zurück. Sein alter Koblenzer Kreis teilte diese Auffassung<lb/> vollständig. Roon war mit dem Prinzen der Meinung, daß dem russischen<lb/> Übermute eine Demütigung gebühre; aber mit einem Scharfblick und einer<lb/> kühlen Ruhe, die damals nur sehr wenige Menschen behaupteten, war er weit<lb/> davon entfernt, mit der stürmisch aufwogenden liberalen Tagesmeinung in<lb/> Deutschland zu wünschen, daß Preußen, dem geradezu unverschämten Drängen<lb/> Englands nachgebend, sich in den Krieg gegen Rußland stürze, um fortan<lb/> seiue Hauptlast zu tragen. „Wir dürfen uns nicht zu englischen Landsknechten<lb/> für englisches Geld herabwürdigen, schrieb er im April 1854 an den gleich-<lb/> gesinnten Fischer in Koblenz. Glaubt man, daß sich John Bull breit schlagen<lb/> lassen wird, siebzig- bis achtzigtausend Mann neu zu errichten? Und wenn ja!<lb/> wie lange wird die Werbetrommel gerührt werden müssen, um diese Puddiug-<lb/> fresser aus ihren Werkstätten fortzulocken in das verhaßte rote Röckchen?"<lb/> Bekanntlich machte Bismarck als Bundestagsgesandter in Berlin unermüdlich<lb/> ähnliche Ansichten geltend. Und diese behielten schließlich den Sieg: Preußen<lb/> und Deutschland blieben neutral.</p><lb/> <p xml:id="ID_673" next="#ID_674"> Aber alles das wurde nur unter den mannichfachsten Schwauiungeu er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0229]
zahl von etwa sechsunddreißig Millionen damals 400000 Mann unter den
Fahnen hatte. Daher mußte bei jeder, auch der kleinsten Mobilisirnng sofort
die Landwehr aufgeboten und ins Feld geführt werden, was nun wieder
taufenden von Familien ihre Ernährer nahm und doch keine recht kriegsfeste
Truppe lieferte. Ebenso bedürfte die untaugliche Kriegsverfassung des deutscheu
Bundes, ein Hohn auf den Namen, einer gründlichen Reform.
Der mehrfache Wechsel in Rvons amtlicher Stellung brach diese Be¬
ziehungen nicht ab, sondern vertiefte sie eher. Schon seit 1851 war er in
den Frontdienst zurückgekehrt und zwar zunächst als Oberstleutnant und Kom¬
mandeur des dreiunddreißigsteu (Reserve-) Infanterieregiments in Thorn; da
aber dieses Regiment schon im Herbst desselben Jahres, nachdem es zunächst
nach Königsberg verlegt worden war, dem achten Armeekorps zugeteilt wurde,
so kehrte Roon mit ihm als Oberst an den Rhein, nach Köln, zurück und
erneuerte den alten persönlichen Verkehr mit Bonn und Koblenz. Auch nach
seiner Versetzung nach Posen als Brigadelommandcnr und Generalmajor im
Juni 1856 blieb er mit dem Prinzen Wilhelm in fortwährendem Briefwechsel
und genoß seines vollsten Vertrauens, zumal da dessen Verhältnis zum Hofe
während des Krimkrieges ein sehr gespanntes wurde. Dein: wenn auch Prinz
Wilhelm keineswegs dafür war, daß sich Preußen für die Westmächte in einen
Krieg gegen Rußland stürze, so wollte er doch eben so wenig von einer Unter¬
stützung Rußlands etwas wissen, wozu die herrschende Partei nur allzusehr
neigte; er wünschte vielmehr, daß Rußlands schwer lastendes Übergewicht ge¬
brochen würde, und zog sich im Mai 1854, nachdem der Kriegsminister
von Bouin als Nusfenfeind dem Drängen des Zaren geopfert worden war,
gänzlich vom Hofe zurück. Sein alter Koblenzer Kreis teilte diese Auffassung
vollständig. Roon war mit dem Prinzen der Meinung, daß dem russischen
Übermute eine Demütigung gebühre; aber mit einem Scharfblick und einer
kühlen Ruhe, die damals nur sehr wenige Menschen behaupteten, war er weit
davon entfernt, mit der stürmisch aufwogenden liberalen Tagesmeinung in
Deutschland zu wünschen, daß Preußen, dem geradezu unverschämten Drängen
Englands nachgebend, sich in den Krieg gegen Rußland stürze, um fortan
seiue Hauptlast zu tragen. „Wir dürfen uns nicht zu englischen Landsknechten
für englisches Geld herabwürdigen, schrieb er im April 1854 an den gleich-
gesinnten Fischer in Koblenz. Glaubt man, daß sich John Bull breit schlagen
lassen wird, siebzig- bis achtzigtausend Mann neu zu errichten? Und wenn ja!
wie lange wird die Werbetrommel gerührt werden müssen, um diese Puddiug-
fresser aus ihren Werkstätten fortzulocken in das verhaßte rote Röckchen?"
Bekanntlich machte Bismarck als Bundestagsgesandter in Berlin unermüdlich
ähnliche Ansichten geltend. Und diese behielten schließlich den Sieg: Preußen
und Deutschland blieben neutral.
Aber alles das wurde nur unter den mannichfachsten Schwauiungeu er-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |