Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Aolas Uriegsromcm I^a OödÄcle ordentlich treffend gewählt ist. Denn für Zola bedeutet der deutsch-französische Zola ist in der Wahl seiner Büchertitel nicht immer glücklich gewesen; Aolas Uriegsromcm I^a OödÄcle ordentlich treffend gewählt ist. Denn für Zola bedeutet der deutsch-französische Zola ist in der Wahl seiner Büchertitel nicht immer glücklich gewesen; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0362" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212838"/> <fw type="header" place="top"> Aolas Uriegsromcm I^a OödÄcle</fw><lb/> <p xml:id="ID_1214" prev="#ID_1213"> ordentlich treffend gewählt ist. Denn für Zola bedeutet der deutsch-französische<lb/> Krieg die Katastrophe in einem großen Sittendrama, die allgemeine Auflösung<lb/> nach einer durch die unerwarteten und unfaßbarer Schläge hervorgerufnen<lb/> Erstarrung, deu gewaltsamen Zusammenbruch aller festen, geordneten Zustünde<lb/> in Frankreich. Die entfesselten Ströme schrankenloser Leidenschaften stürzen<lb/> sofort nach den ersten unglücklichen Ereignissen in rasendem Wirbel über das<lb/> Land, durchbrechen die Dämme und zertrümmern die Werke jahrelanger fried¬<lb/> licher Arbeit, aber auch eine ganze Welt des Flitterscheins mit einem Schlage:<lb/> 1<z 8<ze0na Empire sinportv c!g>n8 ig, et«zks,c,in; as 868 vioss se Z«z 868 tMts3.<lb/> Die beste und kräftigste Übersetzung des Titels ist daher nicht der Zusammen¬<lb/> bruch, wie man zu glauben scheint, sondern etwa die Sturmflut; will mau<lb/> aber das Familiäre, Volkstümliche, das in dem französischen Ausdruck liegt,<lb/> im Deutschen annähernd wiedergeben, so müßte der Titel heißen: Der<lb/> große Krach.</p><lb/> <p xml:id="ID_1215"> Zola ist in der Wahl seiner Büchertitel nicht immer glücklich gewesen;<lb/> erst in seinen letzten Romanen scheint er sich den Gedanken des von ihm viel¬<lb/> gelesenen Schopenhauer angeeignet zu haben, daß der Titel ein Monogramm<lb/> des Inhalts sein müsse. Es ist für Schriftsteller eine sehr lehrreiche Er¬<lb/> scheinung, daß Zvlas Romane mit längerem, nichtssagenden Titel, selbst wenn<lb/> sie zu seinen bessern Arbeiten gehören, eine kleinere Zahl von Auflagen aus¬<lb/> zuweisen haben als die weniger guten mit einem kurzen, knappen, auffallenden<lb/> Titel. I/^.88vinirwii', Hgng,, ^riving-l, I^g 'Isrrg, I^s Ro?6, I/^r^vnd, haben<lb/> alle bis jetzt einen Absatz von mehr als 75000 Exemplaren zu verzeichnen,<lb/> bei Hang, geht er sogar über die 150000! Das sind Erfolge, deren sich bis<lb/> jetzt noch kein Schriftsteller bei Lebzeiten zu erfreuen gehabt hat. Die Gründe<lb/> für die unerhörte Verbreitung aller Zolaschen Romane aber liegen weniger<lb/> in Zolas schriftstellerischen Vorzügen, als vielmehr in dem durch die Halb¬<lb/> bildung überall künstlich erweckten Lesebedürfnis, das durch kein ästhetisches<lb/> Urteil und litterarisches Verständnis in Schranken gehalten wird. Zugleich<lb/> liegt in diesem unglaublichen Absatz der französischen Romane eine kultur¬<lb/> geschichtlich bemerkenswerte Thatsache; nämlich die, daß der Einfluß der fran¬<lb/> zösischen Sprache und Litteratur auf das geistige und sittliche Leben der ge¬<lb/> bildeten Völker wieder im Wachsen ist. Ganz besonders gilt das für Deutsch¬<lb/> land, denn kein Absatzgebiet ist dem französischen Verleger so wichtig und so<lb/> sicher wie das deutsche. Zolas Romane sind bei uns selbst in den Leih¬<lb/> bibliotheken der kleinen Landstädte zu finde». Man wird aber von dem<lb/> großen Absatz französischer Romane in Deutschland nicht behaupten können,<lb/> daß er durch das Interesse an der französischen Sprache geschaffen worden<lb/> sei, denn was den Durchschnittsleser an Zola fesselt, das ist doch lediglich<lb/> seine beispiellose Gewandtheit, aufreizende geschlechtliche Vorgänge in immer<lb/> neuen und überraschenden Verwicklungen darzustellen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0362]
Aolas Uriegsromcm I^a OödÄcle
ordentlich treffend gewählt ist. Denn für Zola bedeutet der deutsch-französische
Krieg die Katastrophe in einem großen Sittendrama, die allgemeine Auflösung
nach einer durch die unerwarteten und unfaßbarer Schläge hervorgerufnen
Erstarrung, deu gewaltsamen Zusammenbruch aller festen, geordneten Zustünde
in Frankreich. Die entfesselten Ströme schrankenloser Leidenschaften stürzen
sofort nach den ersten unglücklichen Ereignissen in rasendem Wirbel über das
Land, durchbrechen die Dämme und zertrümmern die Werke jahrelanger fried¬
licher Arbeit, aber auch eine ganze Welt des Flitterscheins mit einem Schlage:
1<z 8<ze0na Empire sinportv c!g>n8 ig, et«zks,c,in; as 868 vioss se Z«z 868 tMts3.
Die beste und kräftigste Übersetzung des Titels ist daher nicht der Zusammen¬
bruch, wie man zu glauben scheint, sondern etwa die Sturmflut; will mau
aber das Familiäre, Volkstümliche, das in dem französischen Ausdruck liegt,
im Deutschen annähernd wiedergeben, so müßte der Titel heißen: Der
große Krach.
Zola ist in der Wahl seiner Büchertitel nicht immer glücklich gewesen;
erst in seinen letzten Romanen scheint er sich den Gedanken des von ihm viel¬
gelesenen Schopenhauer angeeignet zu haben, daß der Titel ein Monogramm
des Inhalts sein müsse. Es ist für Schriftsteller eine sehr lehrreiche Er¬
scheinung, daß Zvlas Romane mit längerem, nichtssagenden Titel, selbst wenn
sie zu seinen bessern Arbeiten gehören, eine kleinere Zahl von Auflagen aus¬
zuweisen haben als die weniger guten mit einem kurzen, knappen, auffallenden
Titel. I/^.88vinirwii', Hgng,, ^riving-l, I^g 'Isrrg, I^s Ro?6, I/^r^vnd, haben
alle bis jetzt einen Absatz von mehr als 75000 Exemplaren zu verzeichnen,
bei Hang, geht er sogar über die 150000! Das sind Erfolge, deren sich bis
jetzt noch kein Schriftsteller bei Lebzeiten zu erfreuen gehabt hat. Die Gründe
für die unerhörte Verbreitung aller Zolaschen Romane aber liegen weniger
in Zolas schriftstellerischen Vorzügen, als vielmehr in dem durch die Halb¬
bildung überall künstlich erweckten Lesebedürfnis, das durch kein ästhetisches
Urteil und litterarisches Verständnis in Schranken gehalten wird. Zugleich
liegt in diesem unglaublichen Absatz der französischen Romane eine kultur¬
geschichtlich bemerkenswerte Thatsache; nämlich die, daß der Einfluß der fran¬
zösischen Sprache und Litteratur auf das geistige und sittliche Leben der ge¬
bildeten Völker wieder im Wachsen ist. Ganz besonders gilt das für Deutsch¬
land, denn kein Absatzgebiet ist dem französischen Verleger so wichtig und so
sicher wie das deutsche. Zolas Romane sind bei uns selbst in den Leih¬
bibliotheken der kleinen Landstädte zu finde». Man wird aber von dem
großen Absatz französischer Romane in Deutschland nicht behaupten können,
daß er durch das Interesse an der französischen Sprache geschaffen worden
sei, denn was den Durchschnittsleser an Zola fesselt, das ist doch lediglich
seine beispiellose Gewandtheit, aufreizende geschlechtliche Vorgänge in immer
neuen und überraschenden Verwicklungen darzustellen.
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