Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.dafür, daß die Verwundeten genügend lange im Korbe lagen, d. h. zu Hanse Wir wisse" selber, daß über und auch sür das Meusurwesen noch manches Nun, man hat es trotzdem anders versucht, und eine Anzahl Burschen¬ dafür, daß die Verwundeten genügend lange im Korbe lagen, d. h. zu Hanse Wir wisse» selber, daß über und auch sür das Meusurwesen noch manches Nun, man hat es trotzdem anders versucht, und eine Anzahl Burschen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212511"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_66" prev="#ID_65"> dafür, daß die Verwundeten genügend lange im Korbe lagen, d. h. zu Hanse<lb/> blieben und nicht mehr Bier tranken, «is durchaus notwendig war. Dafür<lb/> sehen aber auch die alten Paukauten der Heidelberger Hirschgasse beneidens¬<lb/> wert menschlich aus.</p><lb/> <p xml:id="ID_67"> Wir wisse» selber, daß über und auch sür das Meusurwesen noch manches<lb/> gesagt werden könnte, aber es Ware zwecklos, dn Fernstehende hier doch<lb/> schwerer verstehen und ehemalige Finken, die nie „loswaren," sich darin<lb/> begreiflicherweise ganz absprechend verhalten. Was ein guter Teil der alten<lb/> Burschenschafter den jungen zum Vorwurf macht, und was das Hauptstecken-<lb/> pferd der Reformmahnnngen bildet, das ist die sogenannte Bestimmungsmensur.<lb/> Die Alten bekämpfen sie, weil sie ihrer Zeit sie nicht gehabt, sondern als<lb/> korpsmäßig angesehen haben. Und doch ist die Bestimmungsmensnr gerade<lb/> das, was als die glücklichste Wandlung in der Geschichte des Fechtens und<lb/> als eine Beseitigung zahlreicher Übelstände anzusehen ist. Die Fechtchargirteu<lb/> der einzelnen Verbindungen machen miteinander die Paare aus, die „losgehen"<lb/> sollen, und zwar darnach, wie die Gegner einander am ehesten gewachsen sind.<lb/> Damit ist dein Raufbvldweseu der Boden entzogen, schwache Fechter und ins¬<lb/> besondre unschuldige Finken sind gegen Anrempeln mit nachfolgender Forderung<lb/> geschützt. (Die Korporationen bestrafen vielfach sogar ihre Mitglieder, wenn<lb/> sie ohne Veranlassung rempeln, und zwar sehr empfindlich.) Ferner fällt so<lb/> jeder Beigeschmack der persönlichen Beleidigung weg. Daß die einzelnen öfter<lb/> nnter der Herrschaft der „Bestimmung" losgehen müßten, als sie Lust haben,<lb/> richtiger gesagt: als ihnen auch ohnedies nahegelegt wäre — es handelt sich ja<lb/> immer nur um aktive Verbindungsstudenten —, trifft nicht zu, man vergleiche<lb/> nur statistisch die heutigen Zahlen mit denen der fünfziger und sechziger Jahre,<lb/> am bequemsten auf Grund der sorgfältig geführten chronistischen Panlbücher.</p><lb/> <p xml:id="ID_68" next="#ID_69"> Nun, man hat es trotzdem anders versucht, und eine Anzahl Burschen¬<lb/> schafter hat eine Zeit lang unter dem Druck der alten Herren nicht mehr auf<lb/> Bestimmung, sondern nur aus „Coutrahage" zu fechten beschlossen. Da ging dann<lb/> der junge Aktive abends vor die Wohnung des Kommilitonen, dessen Namen<lb/> ihm der Fechtwart zugeflüstert hatte, rief ihn ans Fenster, unterhielt sich mit<lb/> ihm und sagte ihm zum Schluß, er sei übrigens ein dummer Junge, worauf<lb/> der gar uicht erstaunt war, sondern höflichst kontrahirte. In Jena wurden<lb/> sogar, ebenfalls unter dein erwähnten Druck, über diese Forderungen auf<lb/> Schläger Ehrengerichte gehalten! Dabei blieb nicht ans, daß bei der verlangten<lb/> Auskunft über den Grund der Beleidigung und Forderung allerhand schlechte<lb/> Witze gemacht wurden, es gab z. B. einer an, die Nase seines Gegners habe<lb/> ihm nicht gefallen, und wenn diese Nase ohnehin in dem Verdachte krampf¬<lb/> haft abgelengneter orientalischer Abstammung stand, so setzte es nachträgliche<lb/> Forderungen auf Säbel und Pistolen, und das alles hatten mit ihrem best¬<lb/> gemeinten Einschreiten die alten Herren gethan. So hat man denn diese nu-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
dafür, daß die Verwundeten genügend lange im Korbe lagen, d. h. zu Hanse
blieben und nicht mehr Bier tranken, «is durchaus notwendig war. Dafür
sehen aber auch die alten Paukauten der Heidelberger Hirschgasse beneidens¬
wert menschlich aus.
Wir wisse» selber, daß über und auch sür das Meusurwesen noch manches
gesagt werden könnte, aber es Ware zwecklos, dn Fernstehende hier doch
schwerer verstehen und ehemalige Finken, die nie „loswaren," sich darin
begreiflicherweise ganz absprechend verhalten. Was ein guter Teil der alten
Burschenschafter den jungen zum Vorwurf macht, und was das Hauptstecken-
pferd der Reformmahnnngen bildet, das ist die sogenannte Bestimmungsmensur.
Die Alten bekämpfen sie, weil sie ihrer Zeit sie nicht gehabt, sondern als
korpsmäßig angesehen haben. Und doch ist die Bestimmungsmensnr gerade
das, was als die glücklichste Wandlung in der Geschichte des Fechtens und
als eine Beseitigung zahlreicher Übelstände anzusehen ist. Die Fechtchargirteu
der einzelnen Verbindungen machen miteinander die Paare aus, die „losgehen"
sollen, und zwar darnach, wie die Gegner einander am ehesten gewachsen sind.
Damit ist dein Raufbvldweseu der Boden entzogen, schwache Fechter und ins¬
besondre unschuldige Finken sind gegen Anrempeln mit nachfolgender Forderung
geschützt. (Die Korporationen bestrafen vielfach sogar ihre Mitglieder, wenn
sie ohne Veranlassung rempeln, und zwar sehr empfindlich.) Ferner fällt so
jeder Beigeschmack der persönlichen Beleidigung weg. Daß die einzelnen öfter
nnter der Herrschaft der „Bestimmung" losgehen müßten, als sie Lust haben,
richtiger gesagt: als ihnen auch ohnedies nahegelegt wäre — es handelt sich ja
immer nur um aktive Verbindungsstudenten —, trifft nicht zu, man vergleiche
nur statistisch die heutigen Zahlen mit denen der fünfziger und sechziger Jahre,
am bequemsten auf Grund der sorgfältig geführten chronistischen Panlbücher.
Nun, man hat es trotzdem anders versucht, und eine Anzahl Burschen¬
schafter hat eine Zeit lang unter dem Druck der alten Herren nicht mehr auf
Bestimmung, sondern nur aus „Coutrahage" zu fechten beschlossen. Da ging dann
der junge Aktive abends vor die Wohnung des Kommilitonen, dessen Namen
ihm der Fechtwart zugeflüstert hatte, rief ihn ans Fenster, unterhielt sich mit
ihm und sagte ihm zum Schluß, er sei übrigens ein dummer Junge, worauf
der gar uicht erstaunt war, sondern höflichst kontrahirte. In Jena wurden
sogar, ebenfalls unter dein erwähnten Druck, über diese Forderungen auf
Schläger Ehrengerichte gehalten! Dabei blieb nicht ans, daß bei der verlangten
Auskunft über den Grund der Beleidigung und Forderung allerhand schlechte
Witze gemacht wurden, es gab z. B. einer an, die Nase seines Gegners habe
ihm nicht gefallen, und wenn diese Nase ohnehin in dem Verdachte krampf¬
haft abgelengneter orientalischer Abstammung stand, so setzte es nachträgliche
Forderungen auf Säbel und Pistolen, und das alles hatten mit ihrem best¬
gemeinten Einschreiten die alten Herren gethan. So hat man denn diese nu-
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