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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Aufklärungen über studentische Dinge

- - und zur baldigen Verjudung bedarf es zunächst nur der Zulassung eines
einzelnen - bei den übrigen "druuterdurch," d. h. um alles Ansehe" gebracht
und, wenn sie nicht ein rein jüdischer Klub werden will, in ihrem zukünftigen
Bestehen bedroht ist. Freilich hat es die Burschenschaft hierin schwerer als
andre Verbiuduugsgruppeu: sie hat von Alters her, als die Juden noch nicht
so reich waren (also weniger ins Korps strebten, was damals noch ging) und
in dem damaligen Liberalismus der Burschenschafter ihre natürliche Heimstätte
fanden, sehr viele jüdische alte Herren, darunter manche bescheidne und höchst
ehrenwerte Männer. Die mochte man nnn jetzt nicht vor den Kopf stoße".
Ferner sind in einzelnen, wenn auch nur wenigen aktiven Burschenschafteu
uoch Jude". Diese spielen dort, unterstützt von Moses und den Propheten,
leicht die erste Violine, indem sie zum Freisinn einerseits und zugleich zur äußer¬
lichsten Korpsnachäfferei dränge", und wenn sie hin und wieder auch zu mehr
Bescheidenheit gezwungen werden, so wirken sie doch schon durch ihr Vorhanden¬
sein und die dadurch gebotene bundesbrüderliche Rücksicht hindernd auf die
Freiheit der Besprechungen und Beschlüsse ein. Zu den Berhandluugeu des
^V. v. (I, d. h. des Allgemeinen Deputirten-Konvents (o deutsche Burschen¬
schaft!) zu Pfingsten in Eisenach sollen von solchen "konfessionell" gemischten
Burscheuschafteu gern die Juden als Vertreter gesandt werden oder doch als
freiwillige Begleiter der Vertreter, als sogenannte ^. I). d-Bummler, mit¬
kommen, sodaß durch ihre Anwesenheit mit und ohne Stimmrecht auch diese
Verhandlungen von vornherein ihr "oll uro tanggro erhalten. Trotz cilledem --
ihre Tage sind auch in der Burschenschaft gezählt, und das verdankt diese
hauptsächlich der frühzeitige" Abwendung einer Gefahr, die sie übrigens kaum
gciuz übersah, dem Umstände nämlich, daß der 188l innerhalb des L.. I). <ü.
vertraulich betriebne Gedanke: jede Burschenschaft durch ^. v. (I-Beschluß zu
verpflichten, jedes Mitglied einer andern, wenn es die Universität wechsle, auf
Verlangen (als sogenannten Zweibändermann) aufzunehmen, n limws abge¬
wiesen wurde. Die Gründe der Abweisung lagen damals mehr in dem Be¬
stehen von Sonderkartells und von besondern, ablehnenden Traditionen mehrerer
ältern Burschenschafter im Punkte der Doppelmitgliedschaft, in allbekannten
Abneigungen einzelner Burschenschafter gegen einander und ähnlichem; was
aber thatsächlich und mehr ""wissentlich damals verhindert wurde, war die
planmäßige Verteilung der jüdischen Burschenschafter über den ganzen ^. I). <ü.,
die um so fester allerorten das Heft in den Händen gehalten hätten, als sie
stets für ihre Stellung in der einen Burschenschaft dnrch ihre Zugehörigkeit
zu einer zweiten eine Stütze gehabt hätten, die peinliche Rücksicht erforderte.

Ein weiterer Konfliktsherd für die Burschenschaft ist neuerdings öfter das
Mensurwesen gewesen. Hier hat allerdings, wie auch bei sonstigen Äußerlich¬
keiten, z. B. der Kleidung, den dreifarbigen Schnurrpfeifereien und leider viel¬
fach auch dem Geldverthnn, die landläufige Ansicht wieder Recht, daß zwischen


GreuzdoMl III z
Aufklärungen über studentische Dinge

- - und zur baldigen Verjudung bedarf es zunächst nur der Zulassung eines
einzelnen - bei den übrigen „druuterdurch," d. h. um alles Ansehe» gebracht
und, wenn sie nicht ein rein jüdischer Klub werden will, in ihrem zukünftigen
Bestehen bedroht ist. Freilich hat es die Burschenschaft hierin schwerer als
andre Verbiuduugsgruppeu: sie hat von Alters her, als die Juden noch nicht
so reich waren (also weniger ins Korps strebten, was damals noch ging) und
in dem damaligen Liberalismus der Burschenschafter ihre natürliche Heimstätte
fanden, sehr viele jüdische alte Herren, darunter manche bescheidne und höchst
ehrenwerte Männer. Die mochte man nnn jetzt nicht vor den Kopf stoße».
Ferner sind in einzelnen, wenn auch nur wenigen aktiven Burschenschafteu
uoch Jude». Diese spielen dort, unterstützt von Moses und den Propheten,
leicht die erste Violine, indem sie zum Freisinn einerseits und zugleich zur äußer¬
lichsten Korpsnachäfferei dränge», und wenn sie hin und wieder auch zu mehr
Bescheidenheit gezwungen werden, so wirken sie doch schon durch ihr Vorhanden¬
sein und die dadurch gebotene bundesbrüderliche Rücksicht hindernd auf die
Freiheit der Besprechungen und Beschlüsse ein. Zu den Berhandluugeu des
^V. v. (I, d. h. des Allgemeinen Deputirten-Konvents (o deutsche Burschen¬
schaft!) zu Pfingsten in Eisenach sollen von solchen „konfessionell" gemischten
Burscheuschafteu gern die Juden als Vertreter gesandt werden oder doch als
freiwillige Begleiter der Vertreter, als sogenannte ^. I). d-Bummler, mit¬
kommen, sodaß durch ihre Anwesenheit mit und ohne Stimmrecht auch diese
Verhandlungen von vornherein ihr »oll uro tanggro erhalten. Trotz cilledem —
ihre Tage sind auch in der Burschenschaft gezählt, und das verdankt diese
hauptsächlich der frühzeitige» Abwendung einer Gefahr, die sie übrigens kaum
gciuz übersah, dem Umstände nämlich, daß der 188l innerhalb des L.. I). <ü.
vertraulich betriebne Gedanke: jede Burschenschaft durch ^. v. (I-Beschluß zu
verpflichten, jedes Mitglied einer andern, wenn es die Universität wechsle, auf
Verlangen (als sogenannten Zweibändermann) aufzunehmen, n limws abge¬
wiesen wurde. Die Gründe der Abweisung lagen damals mehr in dem Be¬
stehen von Sonderkartells und von besondern, ablehnenden Traditionen mehrerer
ältern Burschenschafter im Punkte der Doppelmitgliedschaft, in allbekannten
Abneigungen einzelner Burschenschafter gegen einander und ähnlichem; was
aber thatsächlich und mehr »»wissentlich damals verhindert wurde, war die
planmäßige Verteilung der jüdischen Burschenschafter über den ganzen ^. I). <ü.,
die um so fester allerorten das Heft in den Händen gehalten hätten, als sie
stets für ihre Stellung in der einen Burschenschaft dnrch ihre Zugehörigkeit
zu einer zweiten eine Stütze gehabt hätten, die peinliche Rücksicht erforderte.

Ein weiterer Konfliktsherd für die Burschenschaft ist neuerdings öfter das
Mensurwesen gewesen. Hier hat allerdings, wie auch bei sonstigen Äußerlich¬
keiten, z. B. der Kleidung, den dreifarbigen Schnurrpfeifereien und leider viel¬
fach auch dem Geldverthnn, die landläufige Ansicht wieder Recht, daß zwischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/33>, abgerufen am 06.01.2025.