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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.

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Der Entwurf eines deutschen Lheckgesetzes

bei dem Bezognen nicht zustand, für allen daraus entstehenden Schaden ver¬
antwortlich. Hierbei war aber zweierlei übersehen worden. Einmal ist der
Fall nicht selten, daß jemand zwar einen ungedeckten Check ausschreibt, aber
trotzdem durchaus doim nah handelt, indem er nach Lage der Verhältnisse der
sichern Erwartung leben darf, daß in kürzester Zeit Deckung bei dem Bezognen
vorhanden sein werde oder sogar jetzt schon vorhanden, nnr ihm noch nicht
bekannt sei. Es ist z. B. üblich,*) daß, wenn Wechsel im regelmäßigen Ge¬
schäftsverkehr der Neichsbank zum Diskontireu eingesandt werden, in der Vor¬
aussetzung der Annahme der Wechsel über ihren Betrag vielfach früher
durch Check verfügt wird, als die Nachricht über die Gutschrift einläuft. Es
wäre hart und widerspräche einem durchgebildeten Rechtsgefühl, wollte man
den auf diese Voraussetzung bauenden Checkaussteller, mag ihm auch zur Zeit
der Präsentation das Guthaben längst zur Verfügung stehn, nur aus dem
Grunde, weil dies zur Zeit der Begehung noch nicht vorhanden war, in
gleicher Weise für jeden Schaden ersatzpflichtig machen, wie den, der doloser-
weise ohne Guthaben einen Check ausstellt. Andrerseits ist es sehr wohl denk¬
bar, daß jemand zwar zur Zeit der Begehung des Checks ein Guthaben bei
dem Bezognen liegen hat, nach der Begehung aber und noch vor der Ein¬
lösung, sei es gezwungen, sei es uni-i it<is, das Guthaben abhebt, sodaß bei
der Präsentation der Check ungedeckt dasteht. Hier würde uach dem Wort¬
laute des Gesetzes der Aussteller wie jeder andre nur für den Eingang des
Checkbetrags haften, jedes weitere Verlangen auf Schadloshaltung aber, trotz
erwiesener ualli. llclss, mit der Einrede zurückweisen können, daß zur Zeit der
Begehung ja Deckung vorhanden gewesen sei. So müßte das Gesetz selbst die
Handhabe zu betrügerischen Manipulationen bieten und die Verkehrssicherheit
gefährdende Hinterthüren schaffen.

Beide Fälle beweisen deutlich, daß nicht die Zeit der Begehung, sondern
die Zeit der Präsentation als die maßgebende angesehen werden muß. Dieser
Gedanke ist auch in der veränderten Fassung des zweiten Entwurfs zum Aus¬
druck gekommen. Leider noch nicht vollständig. Es ist uur eine Ergänzung
dahin getroffen, daß der Aussteller auch dann für jeden entstehenden Schaden
haftbar ist, wenn er nach Begehung des Checks innerhalb der Präsentativns-
frist über das Guthaben in der Absicht verfügt, die Einlösung zu vereiteln.
Damit ist also nur auf den zweiten der genannten Fälle Rücksicht genommen.
Und doch Hütte der erstere Fall in gleichen! Maße Berücksichtigung verdient,
um so eher, als 8 28 des Entwurfs auf der Voraussetzung von § 20 eine
Strafe bis zu eintausend Mark festsetzt.

Was diese Strafbestimmungen anlangt, so ist in erster Linie ihre voll¬
ständige Streichung dringend zu befürworten. Wie wenig Strafbestimmungen



*) Vgl. Hoppenstedt a. a. O. S. 6.
Der Entwurf eines deutschen Lheckgesetzes

bei dem Bezognen nicht zustand, für allen daraus entstehenden Schaden ver¬
antwortlich. Hierbei war aber zweierlei übersehen worden. Einmal ist der
Fall nicht selten, daß jemand zwar einen ungedeckten Check ausschreibt, aber
trotzdem durchaus doim nah handelt, indem er nach Lage der Verhältnisse der
sichern Erwartung leben darf, daß in kürzester Zeit Deckung bei dem Bezognen
vorhanden sein werde oder sogar jetzt schon vorhanden, nnr ihm noch nicht
bekannt sei. Es ist z. B. üblich,*) daß, wenn Wechsel im regelmäßigen Ge¬
schäftsverkehr der Neichsbank zum Diskontireu eingesandt werden, in der Vor¬
aussetzung der Annahme der Wechsel über ihren Betrag vielfach früher
durch Check verfügt wird, als die Nachricht über die Gutschrift einläuft. Es
wäre hart und widerspräche einem durchgebildeten Rechtsgefühl, wollte man
den auf diese Voraussetzung bauenden Checkaussteller, mag ihm auch zur Zeit
der Präsentation das Guthaben längst zur Verfügung stehn, nur aus dem
Grunde, weil dies zur Zeit der Begehung noch nicht vorhanden war, in
gleicher Weise für jeden Schaden ersatzpflichtig machen, wie den, der doloser-
weise ohne Guthaben einen Check ausstellt. Andrerseits ist es sehr wohl denk¬
bar, daß jemand zwar zur Zeit der Begehung des Checks ein Guthaben bei
dem Bezognen liegen hat, nach der Begehung aber und noch vor der Ein¬
lösung, sei es gezwungen, sei es uni-i it<is, das Guthaben abhebt, sodaß bei
der Präsentation der Check ungedeckt dasteht. Hier würde uach dem Wort¬
laute des Gesetzes der Aussteller wie jeder andre nur für den Eingang des
Checkbetrags haften, jedes weitere Verlangen auf Schadloshaltung aber, trotz
erwiesener ualli. llclss, mit der Einrede zurückweisen können, daß zur Zeit der
Begehung ja Deckung vorhanden gewesen sei. So müßte das Gesetz selbst die
Handhabe zu betrügerischen Manipulationen bieten und die Verkehrssicherheit
gefährdende Hinterthüren schaffen.

Beide Fälle beweisen deutlich, daß nicht die Zeit der Begehung, sondern
die Zeit der Präsentation als die maßgebende angesehen werden muß. Dieser
Gedanke ist auch in der veränderten Fassung des zweiten Entwurfs zum Aus¬
druck gekommen. Leider noch nicht vollständig. Es ist uur eine Ergänzung
dahin getroffen, daß der Aussteller auch dann für jeden entstehenden Schaden
haftbar ist, wenn er nach Begehung des Checks innerhalb der Präsentativns-
frist über das Guthaben in der Absicht verfügt, die Einlösung zu vereiteln.
Damit ist also nur auf den zweiten der genannten Fälle Rücksicht genommen.
Und doch Hütte der erstere Fall in gleichen! Maße Berücksichtigung verdient,
um so eher, als 8 28 des Entwurfs auf der Voraussetzung von § 20 eine
Strafe bis zu eintausend Mark festsetzt.

Was diese Strafbestimmungen anlangt, so ist in erster Linie ihre voll¬
ständige Streichung dringend zu befürworten. Wie wenig Strafbestimmungen



*) Vgl. Hoppenstedt a. a. O. S. 6.
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[0320] Der Entwurf eines deutschen Lheckgesetzes bei dem Bezognen nicht zustand, für allen daraus entstehenden Schaden ver¬ antwortlich. Hierbei war aber zweierlei übersehen worden. Einmal ist der Fall nicht selten, daß jemand zwar einen ungedeckten Check ausschreibt, aber trotzdem durchaus doim nah handelt, indem er nach Lage der Verhältnisse der sichern Erwartung leben darf, daß in kürzester Zeit Deckung bei dem Bezognen vorhanden sein werde oder sogar jetzt schon vorhanden, nnr ihm noch nicht bekannt sei. Es ist z. B. üblich,*) daß, wenn Wechsel im regelmäßigen Ge¬ schäftsverkehr der Neichsbank zum Diskontireu eingesandt werden, in der Vor¬ aussetzung der Annahme der Wechsel über ihren Betrag vielfach früher durch Check verfügt wird, als die Nachricht über die Gutschrift einläuft. Es wäre hart und widerspräche einem durchgebildeten Rechtsgefühl, wollte man den auf diese Voraussetzung bauenden Checkaussteller, mag ihm auch zur Zeit der Präsentation das Guthaben längst zur Verfügung stehn, nur aus dem Grunde, weil dies zur Zeit der Begehung noch nicht vorhanden war, in gleicher Weise für jeden Schaden ersatzpflichtig machen, wie den, der doloser- weise ohne Guthaben einen Check ausstellt. Andrerseits ist es sehr wohl denk¬ bar, daß jemand zwar zur Zeit der Begehung des Checks ein Guthaben bei dem Bezognen liegen hat, nach der Begehung aber und noch vor der Ein¬ lösung, sei es gezwungen, sei es uni-i it<is, das Guthaben abhebt, sodaß bei der Präsentation der Check ungedeckt dasteht. Hier würde uach dem Wort¬ laute des Gesetzes der Aussteller wie jeder andre nur für den Eingang des Checkbetrags haften, jedes weitere Verlangen auf Schadloshaltung aber, trotz erwiesener ualli. llclss, mit der Einrede zurückweisen können, daß zur Zeit der Begehung ja Deckung vorhanden gewesen sei. So müßte das Gesetz selbst die Handhabe zu betrügerischen Manipulationen bieten und die Verkehrssicherheit gefährdende Hinterthüren schaffen. Beide Fälle beweisen deutlich, daß nicht die Zeit der Begehung, sondern die Zeit der Präsentation als die maßgebende angesehen werden muß. Dieser Gedanke ist auch in der veränderten Fassung des zweiten Entwurfs zum Aus¬ druck gekommen. Leider noch nicht vollständig. Es ist uur eine Ergänzung dahin getroffen, daß der Aussteller auch dann für jeden entstehenden Schaden haftbar ist, wenn er nach Begehung des Checks innerhalb der Präsentativns- frist über das Guthaben in der Absicht verfügt, die Einlösung zu vereiteln. Damit ist also nur auf den zweiten der genannten Fälle Rücksicht genommen. Und doch Hütte der erstere Fall in gleichen! Maße Berücksichtigung verdient, um so eher, als 8 28 des Entwurfs auf der Voraussetzung von § 20 eine Strafe bis zu eintausend Mark festsetzt. Was diese Strafbestimmungen anlangt, so ist in erster Linie ihre voll¬ ständige Streichung dringend zu befürworten. Wie wenig Strafbestimmungen *) Vgl. Hoppenstedt a. a. O. S. 6.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_212475/320>, abgerufen am 06.01.2025.