Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Drittes Vierteljahr.Bismaickisch Privatnachrichten, von den Frauen wegen des Romans. Zu dem ersten Punkte Alles in allem genommen, wollen wir nicht vergessen, daß wir eine große Bismaickisch Privatnachrichten, von den Frauen wegen des Romans. Zu dem ersten Punkte Alles in allem genommen, wollen wir nicht vergessen, daß wir eine große <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0300" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/212776"/> <fw type="header" place="top"> Bismaickisch</fw><lb/> <p xml:id="ID_983" prev="#ID_982"> Privatnachrichten, von den Frauen wegen des Romans. Zu dem ersten Punkte<lb/> muß immer wieder auf die Notwendigkeit des Anzeigenmvnopols hingewiesen<lb/> werden. Daß es einen schönen Ertrag für die Reichskasse abwerfen und<lb/> drückende Steuern entbehrlich machen würde, ist eine wichtige, aber in diesem<lb/> Falle nicht die wichtigste Seite daran. Unkunde Auzeigeblätter konnten sämt¬<lb/> lichen Tagesblättern eiues Ortes beigegeben werden, würden also dem In¬<lb/> serenten die doppelte, dreifache, zehnfache Verbreitung seiner Ankündigung ohne<lb/> vermehrte Kosten gewähren und dem Leser denselben Inhalt,, der jetzt aus die<lb/> Spalten verschiedner Zeitungen verteilt ist. Die Preise könnten überhaupt<lb/> niedriger gestellt werden, da die Gebühren nicht, wie jetzt, fast ganz den Auf-<lb/> wand einer Zeitung zu decken hätten. Die allbekannte Art der Beeinflussung<lb/> publizistischer Organe durch unverhältnismäßige Honorirung von Inseraten<lb/> wäre beseitigt. Die Zeitungsindnstrie würde nicht mehr so stark den Spe-<lb/> kulations- und Schachergeist anlocken, und eine Menge unnützer oder schädlicher<lb/> Gewächse würde verschwinden, weil Unternehmer und Mitarbeiter von ge¬<lb/> wisser Sorte ihre Talente wieder der Börse, dem Pfandleihgeschäft u. s. w.<lb/> widmen würden, und der Familienvater wäre nicht mehr genötigt, Frau und<lb/> Kindern das Lesen der Anzeigen zu untersagen. Zur Einführung des Mono¬<lb/> pols wird es endlich kommen, dafür sorgen die geschätzten Organe, die bei<lb/> seiner bloßen Erwähnung in sittlichen Zorn geraten. Thue nnr jeder das<lb/> Seine, um den Gedanken zu verbreiten. Was die politischen Neuigkeiten be¬<lb/> trifft, braucht nicht erst gesagt zu werden, daß die „interessantesten," die<lb/> „sensationellen" Nachrichten in der Regel erfunden sind, und daß der Tele¬<lb/> graph fortwährend im Dienste der Parteipvlitik und der Privatgeschäfte aufs<lb/> schmählichste mißbraucht wird. Die meisten Romane endlich sind nicht des<lb/> Lesens wert, das gestehen die Leserinnen selbst, wenn auch in Ermangelung<lb/> von unanständigen oder Schauergeschichten oder falls es gilt, die Abonnemcnts-<lb/> einlndung aufzuputzen, ein namhafter Erzähler durch hohes Honorar ge¬<lb/> wonnen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_984"> Alles in allem genommen, wollen wir nicht vergessen, daß wir eine große<lb/> Partei sind, wenn auch in Einzelheiten geteilter Ansicht, und daß wir Pflichten<lb/> gegen unsre Partei zu erfüllen haben. Nehmen wir uns darin andre Parteien,<lb/> namentlich die sozialdemokratische und die ultramontane, zum Muster. Genügen<lb/> Blätter unsrer Farbe nicht, so können und müssen wir dazu beitragen, sie zu<lb/> verbessern, schon dadurch, daß wir ihnen Nachrichten zukommen lassen, und<lb/> nicht verlangen, daß der Redakteur für jede Notiz einen Dankbrief schreibe<lb/> oder gar ein Honorar schicke, auch nicht gekränkt werden, wenn er von einer<lb/> Mitteilung keinen Gebrauch macht. Die allgemeine Sache erfordert allgemeine<lb/> Anstrengungen. Unsre Gegner glauben den ehrenwertesten Zeitungen einen<lb/> Schimpf anzuthun, indem sie sie „bismarckisch" nennen: bereiten wir ihnen<lb/> die Frende, dies Wort recht vielfach anwenden zu können!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0300]
Bismaickisch
Privatnachrichten, von den Frauen wegen des Romans. Zu dem ersten Punkte
muß immer wieder auf die Notwendigkeit des Anzeigenmvnopols hingewiesen
werden. Daß es einen schönen Ertrag für die Reichskasse abwerfen und
drückende Steuern entbehrlich machen würde, ist eine wichtige, aber in diesem
Falle nicht die wichtigste Seite daran. Unkunde Auzeigeblätter konnten sämt¬
lichen Tagesblättern eiues Ortes beigegeben werden, würden also dem In¬
serenten die doppelte, dreifache, zehnfache Verbreitung seiner Ankündigung ohne
vermehrte Kosten gewähren und dem Leser denselben Inhalt,, der jetzt aus die
Spalten verschiedner Zeitungen verteilt ist. Die Preise könnten überhaupt
niedriger gestellt werden, da die Gebühren nicht, wie jetzt, fast ganz den Auf-
wand einer Zeitung zu decken hätten. Die allbekannte Art der Beeinflussung
publizistischer Organe durch unverhältnismäßige Honorirung von Inseraten
wäre beseitigt. Die Zeitungsindnstrie würde nicht mehr so stark den Spe-
kulations- und Schachergeist anlocken, und eine Menge unnützer oder schädlicher
Gewächse würde verschwinden, weil Unternehmer und Mitarbeiter von ge¬
wisser Sorte ihre Talente wieder der Börse, dem Pfandleihgeschäft u. s. w.
widmen würden, und der Familienvater wäre nicht mehr genötigt, Frau und
Kindern das Lesen der Anzeigen zu untersagen. Zur Einführung des Mono¬
pols wird es endlich kommen, dafür sorgen die geschätzten Organe, die bei
seiner bloßen Erwähnung in sittlichen Zorn geraten. Thue nnr jeder das
Seine, um den Gedanken zu verbreiten. Was die politischen Neuigkeiten be¬
trifft, braucht nicht erst gesagt zu werden, daß die „interessantesten," die
„sensationellen" Nachrichten in der Regel erfunden sind, und daß der Tele¬
graph fortwährend im Dienste der Parteipvlitik und der Privatgeschäfte aufs
schmählichste mißbraucht wird. Die meisten Romane endlich sind nicht des
Lesens wert, das gestehen die Leserinnen selbst, wenn auch in Ermangelung
von unanständigen oder Schauergeschichten oder falls es gilt, die Abonnemcnts-
einlndung aufzuputzen, ein namhafter Erzähler durch hohes Honorar ge¬
wonnen wird.
Alles in allem genommen, wollen wir nicht vergessen, daß wir eine große
Partei sind, wenn auch in Einzelheiten geteilter Ansicht, und daß wir Pflichten
gegen unsre Partei zu erfüllen haben. Nehmen wir uns darin andre Parteien,
namentlich die sozialdemokratische und die ultramontane, zum Muster. Genügen
Blätter unsrer Farbe nicht, so können und müssen wir dazu beitragen, sie zu
verbessern, schon dadurch, daß wir ihnen Nachrichten zukommen lassen, und
nicht verlangen, daß der Redakteur für jede Notiz einen Dankbrief schreibe
oder gar ein Honorar schicke, auch nicht gekränkt werden, wenn er von einer
Mitteilung keinen Gebrauch macht. Die allgemeine Sache erfordert allgemeine
Anstrengungen. Unsre Gegner glauben den ehrenwertesten Zeitungen einen
Schimpf anzuthun, indem sie sie „bismarckisch" nennen: bereiten wir ihnen
die Frende, dies Wort recht vielfach anwenden zu können!
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