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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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Philipp Albert Stapfer

algem Otmnt, du Laors ausgemerzt waren, worin der Verbrechen Philippes
Egalitv und der Verzeihung, die Ludwig XVIII. dem großen Namen Orleans
gewährt habe, gedacht war; der Verfasser des Gedichts aber war Lamartine,
der dafür mit der Ehrenlegion beglückt wurde.

Mit der größten Verehrung wird durchweg vom Kaiser Alexander ge¬
sprochen. Laharpe erzählt 1811, er sei durch einen Brief seines einstigen
Zöglings zu heißen Thränen gerührt worden.

Über die Julirevolution erstattet Stapfer umständliche und sehr gefärbte
Berichte, da sein Sohn Mitarbeiter des MtiorM ist, dessen Nedaktionslokal
das Hauptquartier der Liberalen war.

Zum Schlüsse noch einige Einzelheiten über einen Vorfall, der für die
traurigen Zustände nach den Befreiungskriegen bezeichnend ist. Wie be¬
kannt, wurde der Philosoph Viktor Cousin ans seiner zweiten Studienreise in
Deutschland 1824 in Dresden als Carbonaro verhaftet und nach Berlin ge¬
bracht, wo man ihn sechs Monate in Untersuchungshaft hielt. Der Polizei-
direktor Franchet in Paris hatte nämlich die deutschen Behörden ans den
gefährlichen Reisenden aufmerksam gemacht, die Sache erregte aber in Frank¬
reich einen solchen Sturm, daß der Ministerrat für gut fand, zu beschließen,
durch den Gesandten die Freilassung Cousins zu fordern. Dieser erzählte
dann, eiuen Hauptklagepunkt habe seine Reise nach der Schweiz abgegeben, wo
er mit Republikanern, namentlich Usteri, Umsturzpläne beraten haben sollte.
Der Beweis, daß er Usteri gar nicht gesehen hatte, verbesserte seine Sache
augenscheinlich! In Berlin mochte man sich noch erinnern, daß der Züricher
Staatsmann, der Verfasser des Schweizer Staatsrechts, ein Vierteljahrhundert
früher eine Zeitung mit dem anstößigen Titel "Der Republikaner" heraus¬
gegeben hatte. Auf jeden Fall hielt es Cousin, der übrigens den französischen
Gesandten in der Schweiz, Marquis de Moustiers (vermutlich der Vater des
Botschafters Louis Napoleons in Berlin, Wien 2c.) als den eigentlichen An¬
stifter und Angeber bezeichnete, für Pflicht, Usteri, Zschokke u. a. vor dein
Überschreiten der Schweizer Grenzen in andrer als offizieller, wohlbeglnnbigter
Eigenschaft warnen zu lassen.




Philipp Albert Stapfer

algem Otmnt, du Laors ausgemerzt waren, worin der Verbrechen Philippes
Egalitv und der Verzeihung, die Ludwig XVIII. dem großen Namen Orleans
gewährt habe, gedacht war; der Verfasser des Gedichts aber war Lamartine,
der dafür mit der Ehrenlegion beglückt wurde.

Mit der größten Verehrung wird durchweg vom Kaiser Alexander ge¬
sprochen. Laharpe erzählt 1811, er sei durch einen Brief seines einstigen
Zöglings zu heißen Thränen gerührt worden.

Über die Julirevolution erstattet Stapfer umständliche und sehr gefärbte
Berichte, da sein Sohn Mitarbeiter des MtiorM ist, dessen Nedaktionslokal
das Hauptquartier der Liberalen war.

Zum Schlüsse noch einige Einzelheiten über einen Vorfall, der für die
traurigen Zustände nach den Befreiungskriegen bezeichnend ist. Wie be¬
kannt, wurde der Philosoph Viktor Cousin ans seiner zweiten Studienreise in
Deutschland 1824 in Dresden als Carbonaro verhaftet und nach Berlin ge¬
bracht, wo man ihn sechs Monate in Untersuchungshaft hielt. Der Polizei-
direktor Franchet in Paris hatte nämlich die deutschen Behörden ans den
gefährlichen Reisenden aufmerksam gemacht, die Sache erregte aber in Frank¬
reich einen solchen Sturm, daß der Ministerrat für gut fand, zu beschließen,
durch den Gesandten die Freilassung Cousins zu fordern. Dieser erzählte
dann, eiuen Hauptklagepunkt habe seine Reise nach der Schweiz abgegeben, wo
er mit Republikanern, namentlich Usteri, Umsturzpläne beraten haben sollte.
Der Beweis, daß er Usteri gar nicht gesehen hatte, verbesserte seine Sache
augenscheinlich! In Berlin mochte man sich noch erinnern, daß der Züricher
Staatsmann, der Verfasser des Schweizer Staatsrechts, ein Vierteljahrhundert
früher eine Zeitung mit dem anstößigen Titel „Der Republikaner" heraus¬
gegeben hatte. Auf jeden Fall hielt es Cousin, der übrigens den französischen
Gesandten in der Schweiz, Marquis de Moustiers (vermutlich der Vater des
Botschafters Louis Napoleons in Berlin, Wien 2c.) als den eigentlichen An¬
stifter und Angeber bezeichnete, für Pflicht, Usteri, Zschokke u. a. vor dein
Überschreiten der Schweizer Grenzen in andrer als offizieller, wohlbeglnnbigter
Eigenschaft warnen zu lassen.




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[0551] Philipp Albert Stapfer algem Otmnt, du Laors ausgemerzt waren, worin der Verbrechen Philippes Egalitv und der Verzeihung, die Ludwig XVIII. dem großen Namen Orleans gewährt habe, gedacht war; der Verfasser des Gedichts aber war Lamartine, der dafür mit der Ehrenlegion beglückt wurde. Mit der größten Verehrung wird durchweg vom Kaiser Alexander ge¬ sprochen. Laharpe erzählt 1811, er sei durch einen Brief seines einstigen Zöglings zu heißen Thränen gerührt worden. Über die Julirevolution erstattet Stapfer umständliche und sehr gefärbte Berichte, da sein Sohn Mitarbeiter des MtiorM ist, dessen Nedaktionslokal das Hauptquartier der Liberalen war. Zum Schlüsse noch einige Einzelheiten über einen Vorfall, der für die traurigen Zustände nach den Befreiungskriegen bezeichnend ist. Wie be¬ kannt, wurde der Philosoph Viktor Cousin ans seiner zweiten Studienreise in Deutschland 1824 in Dresden als Carbonaro verhaftet und nach Berlin ge¬ bracht, wo man ihn sechs Monate in Untersuchungshaft hielt. Der Polizei- direktor Franchet in Paris hatte nämlich die deutschen Behörden ans den gefährlichen Reisenden aufmerksam gemacht, die Sache erregte aber in Frank¬ reich einen solchen Sturm, daß der Ministerrat für gut fand, zu beschließen, durch den Gesandten die Freilassung Cousins zu fordern. Dieser erzählte dann, eiuen Hauptklagepunkt habe seine Reise nach der Schweiz abgegeben, wo er mit Republikanern, namentlich Usteri, Umsturzpläne beraten haben sollte. Der Beweis, daß er Usteri gar nicht gesehen hatte, verbesserte seine Sache augenscheinlich! In Berlin mochte man sich noch erinnern, daß der Züricher Staatsmann, der Verfasser des Schweizer Staatsrechts, ein Vierteljahrhundert früher eine Zeitung mit dem anstößigen Titel „Der Republikaner" heraus¬ gegeben hatte. Auf jeden Fall hielt es Cousin, der übrigens den französischen Gesandten in der Schweiz, Marquis de Moustiers (vermutlich der Vater des Botschafters Louis Napoleons in Berlin, Wien 2c.) als den eigentlichen An¬ stifter und Angeber bezeichnete, für Pflicht, Usteri, Zschokke u. a. vor dein Überschreiten der Schweizer Grenzen in andrer als offizieller, wohlbeglnnbigter Eigenschaft warnen zu lassen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/551>, abgerufen am 23.07.2024.