Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Die preußischen Slciatseisenbcchnen reichend erweisen. Die Staatsbahnverwaltung hat zum 1. Oktober vorigen Die Wagen unsrer Staatseisenbahnen sind gegen die der frühern Privat¬ Die Privatbahnen sparen eben überall, wo es nur angeht, und auch Es ist mir auf meinen Reisen dnrch Österreich mehr als einmal vor¬ Die preußischen Slciatseisenbcchnen reichend erweisen. Die Staatsbahnverwaltung hat zum 1. Oktober vorigen Die Wagen unsrer Staatseisenbahnen sind gegen die der frühern Privat¬ Die Privatbahnen sparen eben überall, wo es nur angeht, und auch Es ist mir auf meinen Reisen dnrch Österreich mehr als einmal vor¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0380" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211549"/> <fw type="header" place="top"> Die preußischen Slciatseisenbcchnen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1141" prev="#ID_1140"> reichend erweisen. Die Staatsbahnverwaltung hat zum 1. Oktober vorigen<lb/> Jahres im Vorortverkehr Berlins den Zonentarif eingeführt, und sie hat sich<lb/> zu diesem Schritt entschlossen nicht zur Erzielung größerer Einnahmen, son¬<lb/> dern mit Rücksicht auf die hauptstädtische Bevölkerung, der durch billige und<lb/> häufige Fahrgelegenheit das Wohnen in deu gesundem Vororten erleichtert<lb/> werden sollte. Die Verwaltung hat damit ihrer Pflicht genügt. Es ist an¬<lb/> zunehmen, daß sie ans dem betretnen Wege fortschreiten und allmählich auch<lb/> für die größern Entfernungen auf eine Preisermäßigung hinarbeiten wird.<lb/> Nur ist zu solchen durchgreifenden Reformen Zeit erforderlich. Solche Re¬<lb/> formen von heute zu morgen verlangen, heißt, die Verhältnisse bei uns in<lb/> Deutschland vollständig verkennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1142"> Die Wagen unsrer Staatseisenbahnen sind gegen die der frühern Privat¬<lb/> bahnen und die der meisten außerdeutschen Bahnen luxuriös ausgestattet. Sie<lb/> bieten alle nur denkbare Bequemlichkeit und Eleganz, und unsre Bahnhofs¬<lb/> gebäude sind geradezu musterhaft, ihre Einrichtung geht zum Teil sogar über<lb/> das Bedürfnis hinaus. Bei uns die geräumigen Wartehallen und Restaurations¬<lb/> zimmer, bei unsern Nachbarn Dürftigkeit und Unzulnuglichkeit auch an größern<lb/> Berkehrsuüttelpunkten. In Paris waren noch vor zehn Jahren nicht auf<lb/> allen Bahnhöfen die Restaurationsräume mit den Bahusteigeu in bequeme<lb/> Verbindung gebracht, und auf größern Vorvrtsstationen bestand der Wartesaal<lb/> ans einem schmucklosen, viereckigen Raum ohne Tische und Stühle, der durch<lb/> einen altersschwachen eisernen Ofen in der Mitte notdürftig erwärmt wurde.<lb/> In Böhmen sieht es beinahe noch schlimmer ans. Trautenau mußte sich bis zu<lb/> diesem Herbst mit einem Bahnhofe begnügen, der an Größe hinter einem solchen<lb/> in der Tucheler Haide zurückstand, und wollen die Trautenauer nach Wien,<lb/> so haben sie schon uach einer Fahrt von fünf Kilometern in Parschnitz einen<lb/> Wagenwechsel und müssen hier dichtgedrängt und allen Unbilden der Witterung<lb/> Preisgegeben den von Liebau kommenden Zug auf einem Bahnsteig erwarten,<lb/> der nicht breiter ist als ein Bürgersteig in einer Kleinstadt. Und doch zählt<lb/> Trautenau heute achtzehntausend Einwohner, und seine Industrie nimmt in<lb/> der österreichisch-ungarischen Monarchie eine hervorragende Stelle ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1143"> Die Privatbahnen sparen eben überall, wo es nur angeht, und auch<lb/> wo es nicht angeht. Sie beschränken sich auf die geringste Zahl von<lb/> Zügen und lassen diese mit der geringsten zulässigen Geschwindigkeit Verkehren.<lb/> Sie sparen an dem Fahrmaterial und an den Bahnhvfsbanten. Sie sparen<lb/> aber nicht nur da, wo es sich um die Bequemlichkeit, sondern auch da, wo<lb/> ^ sich um die Sicherheit des Publikums handelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1144" next="#ID_1145"> Es ist mir auf meinen Reisen dnrch Österreich mehr als einmal vor¬<lb/> gekommen, daß in Gegenwart von Reisenden Beschwerden der Beamten über<lb/> unmäßige Überanstrengung laut geworden sind. Und was die Bahnanlagen<lb/> betrifft, so sind diese namentlich im Gebirge erbärmlich. Kurz bevor ich im</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0380]
Die preußischen Slciatseisenbcchnen
reichend erweisen. Die Staatsbahnverwaltung hat zum 1. Oktober vorigen
Jahres im Vorortverkehr Berlins den Zonentarif eingeführt, und sie hat sich
zu diesem Schritt entschlossen nicht zur Erzielung größerer Einnahmen, son¬
dern mit Rücksicht auf die hauptstädtische Bevölkerung, der durch billige und
häufige Fahrgelegenheit das Wohnen in deu gesundem Vororten erleichtert
werden sollte. Die Verwaltung hat damit ihrer Pflicht genügt. Es ist an¬
zunehmen, daß sie ans dem betretnen Wege fortschreiten und allmählich auch
für die größern Entfernungen auf eine Preisermäßigung hinarbeiten wird.
Nur ist zu solchen durchgreifenden Reformen Zeit erforderlich. Solche Re¬
formen von heute zu morgen verlangen, heißt, die Verhältnisse bei uns in
Deutschland vollständig verkennen.
Die Wagen unsrer Staatseisenbahnen sind gegen die der frühern Privat¬
bahnen und die der meisten außerdeutschen Bahnen luxuriös ausgestattet. Sie
bieten alle nur denkbare Bequemlichkeit und Eleganz, und unsre Bahnhofs¬
gebäude sind geradezu musterhaft, ihre Einrichtung geht zum Teil sogar über
das Bedürfnis hinaus. Bei uns die geräumigen Wartehallen und Restaurations¬
zimmer, bei unsern Nachbarn Dürftigkeit und Unzulnuglichkeit auch an größern
Berkehrsuüttelpunkten. In Paris waren noch vor zehn Jahren nicht auf
allen Bahnhöfen die Restaurationsräume mit den Bahusteigeu in bequeme
Verbindung gebracht, und auf größern Vorvrtsstationen bestand der Wartesaal
ans einem schmucklosen, viereckigen Raum ohne Tische und Stühle, der durch
einen altersschwachen eisernen Ofen in der Mitte notdürftig erwärmt wurde.
In Böhmen sieht es beinahe noch schlimmer ans. Trautenau mußte sich bis zu
diesem Herbst mit einem Bahnhofe begnügen, der an Größe hinter einem solchen
in der Tucheler Haide zurückstand, und wollen die Trautenauer nach Wien,
so haben sie schon uach einer Fahrt von fünf Kilometern in Parschnitz einen
Wagenwechsel und müssen hier dichtgedrängt und allen Unbilden der Witterung
Preisgegeben den von Liebau kommenden Zug auf einem Bahnsteig erwarten,
der nicht breiter ist als ein Bürgersteig in einer Kleinstadt. Und doch zählt
Trautenau heute achtzehntausend Einwohner, und seine Industrie nimmt in
der österreichisch-ungarischen Monarchie eine hervorragende Stelle ein.
Die Privatbahnen sparen eben überall, wo es nur angeht, und auch
wo es nicht angeht. Sie beschränken sich auf die geringste Zahl von
Zügen und lassen diese mit der geringsten zulässigen Geschwindigkeit Verkehren.
Sie sparen an dem Fahrmaterial und an den Bahnhvfsbanten. Sie sparen
aber nicht nur da, wo es sich um die Bequemlichkeit, sondern auch da, wo
^ sich um die Sicherheit des Publikums handelt.
Es ist mir auf meinen Reisen dnrch Österreich mehr als einmal vor¬
gekommen, daß in Gegenwart von Reisenden Beschwerden der Beamten über
unmäßige Überanstrengung laut geworden sind. Und was die Bahnanlagen
betrifft, so sind diese namentlich im Gebirge erbärmlich. Kurz bevor ich im
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |