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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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richtig, dann dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß auch das Publikum ein
großes Interesse dabei hat, daß diese Verhältnisse des Buchhandels aufrecht
erhalten bleiben.

Nun haben sich aber seit einiger Zeit Svrtimentsgeschäftc aufgethan, die
den von den Verlegern ihnen gewährten hohen Rabatt dazu benutzen, die
übrigen Sortimenter zu unterbieten. Sie verkaufen die ihnen gelieferten
Bücher, zumal solche, die reichlichen Absatz finden, nicht zu dem dafür gesetzten
Ladenpreise, sondern weit unter diesem Preise, indem sie sich an einem Gewinn
von wenigen Prozenten des ihnen gewährten Rabatts genügen lassen. Na¬
türlich ziehen sie dadurch viele Käufer an sich und ersetzen so das, was ihnen
an dem höher" Ladenpreise entgeht. Durch diese Art des Betriebs üben sie
aber eine für die übrigen Svrtimentsbuchhündler verderbliche Konkurrenz aus.
Insbesondre können, wenn an den größern Orten Buchhändler der fraglichen
Art für alle gutgehenden Werke den Vertrieb an sich reißen und namentlich
auch ihre Bücher nach auswärts verschicken, Buchhändler an den kleinern
Orten gar nicht mehr bestehen. Von dem Bestände zahlreicher Sortiments-
buchhandluugen ist aber die Verbreitung litterarischer Erzeugnisse überhaupt
abhängig. Und deshalb haben auch die Verleger und das große Publikum
ein Interesse daran, daß nicht der Bestand des ganzen Buchhandels durch den
Betrieb einzelner untergraben werde. Im Buchhandel ist zur Bezeichnung derer,
die in der geschilderten Weise das Geschäft betreiben, der Name "Schleuderer"
üblich geworden.

Der in Leipzig bestehende Börsenverein der Buchhändler hat sich nun
die Aufgabe gestellt, diesen Schleuderbetrieb zu bekämpfen. Ein einfaches
Mittel, diesen Betrieb zu hindern, liegt darin, daß die Verleger ihre Werke
den Schleudcrern entweder gar nicht oder nur gegen einen so geringen Rabatt
liefern, daß diese die Bücher nicht mehr zu Schleuderpreisen abgeben können.
Ein Beschluß der Hauptversammlung des Börsenvereins vom 11. Mai 1884
ermächtigte den Vorstand, festzustellen, welche Firmen Preisschleuderei trieben,
und darnach die Verleger aufzufordern, an diese Firmen nur mit verkürzten
Rabatt oder gar nicht mehr zu liefern. Diesem Beschlusse ist der Vorstand in
den Jahren 1884 bis 1887. mehrfach nachgekommen, wobei die Handlung
Mayer und Müller in Berlin als "Prinzipielle Schleuderer" bezeichnet wurde.
In der Hauptversammlung des Vörsenvereins vom 25. September 1887
wurde beschlossen, noch strenger gegen die Schleuderer vorzugehen; und durch
eine Bekanntmachung vom 17. Dezember 1887 veröffentlichte der Vorstand
die Maßregeln, die er in dieser Beziehung ergreifen werde. Zu diesen Ma߬
regeln gehört auch "Aufforderung im Börsenblatt?, vollständige Auslieferungs¬
sperre gegen die Schleuderer eintreten zu lassen." Von dieser Maßregel hat
dann in dem folgenden Jahre der Vorstand, abermals unter Bezeichnung der
Handlung Mayer und Müller als Schleuderer, Gebrauch gemacht.


richtig, dann dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß auch das Publikum ein
großes Interesse dabei hat, daß diese Verhältnisse des Buchhandels aufrecht
erhalten bleiben.

Nun haben sich aber seit einiger Zeit Svrtimentsgeschäftc aufgethan, die
den von den Verlegern ihnen gewährten hohen Rabatt dazu benutzen, die
übrigen Sortimenter zu unterbieten. Sie verkaufen die ihnen gelieferten
Bücher, zumal solche, die reichlichen Absatz finden, nicht zu dem dafür gesetzten
Ladenpreise, sondern weit unter diesem Preise, indem sie sich an einem Gewinn
von wenigen Prozenten des ihnen gewährten Rabatts genügen lassen. Na¬
türlich ziehen sie dadurch viele Käufer an sich und ersetzen so das, was ihnen
an dem höher» Ladenpreise entgeht. Durch diese Art des Betriebs üben sie
aber eine für die übrigen Svrtimentsbuchhündler verderbliche Konkurrenz aus.
Insbesondre können, wenn an den größern Orten Buchhändler der fraglichen
Art für alle gutgehenden Werke den Vertrieb an sich reißen und namentlich
auch ihre Bücher nach auswärts verschicken, Buchhändler an den kleinern
Orten gar nicht mehr bestehen. Von dem Bestände zahlreicher Sortiments-
buchhandluugen ist aber die Verbreitung litterarischer Erzeugnisse überhaupt
abhängig. Und deshalb haben auch die Verleger und das große Publikum
ein Interesse daran, daß nicht der Bestand des ganzen Buchhandels durch den
Betrieb einzelner untergraben werde. Im Buchhandel ist zur Bezeichnung derer,
die in der geschilderten Weise das Geschäft betreiben, der Name „Schleuderer"
üblich geworden.

Der in Leipzig bestehende Börsenverein der Buchhändler hat sich nun
die Aufgabe gestellt, diesen Schleuderbetrieb zu bekämpfen. Ein einfaches
Mittel, diesen Betrieb zu hindern, liegt darin, daß die Verleger ihre Werke
den Schleudcrern entweder gar nicht oder nur gegen einen so geringen Rabatt
liefern, daß diese die Bücher nicht mehr zu Schleuderpreisen abgeben können.
Ein Beschluß der Hauptversammlung des Börsenvereins vom 11. Mai 1884
ermächtigte den Vorstand, festzustellen, welche Firmen Preisschleuderei trieben,
und darnach die Verleger aufzufordern, an diese Firmen nur mit verkürzten
Rabatt oder gar nicht mehr zu liefern. Diesem Beschlusse ist der Vorstand in
den Jahren 1884 bis 1887. mehrfach nachgekommen, wobei die Handlung
Mayer und Müller in Berlin als „Prinzipielle Schleuderer" bezeichnet wurde.
In der Hauptversammlung des Vörsenvereins vom 25. September 1887
wurde beschlossen, noch strenger gegen die Schleuderer vorzugehen; und durch
eine Bekanntmachung vom 17. Dezember 1887 veröffentlichte der Vorstand
die Maßregeln, die er in dieser Beziehung ergreifen werde. Zu diesen Ma߬
regeln gehört auch „Aufforderung im Börsenblatt?, vollständige Auslieferungs¬
sperre gegen die Schleuderer eintreten zu lassen." Von dieser Maßregel hat
dann in dem folgenden Jahre der Vorstand, abermals unter Bezeichnung der
Handlung Mayer und Müller als Schleuderer, Gebrauch gemacht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/328>, abgerufen am 23.07.2024.