Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Lin Buchdändlerprozeß
von V. Bahr

as Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 7. Dezember 1891
veröffentlicht in Verbindung mit einer von dem Vorstande des
Börseuvereins der deutschen Buchhändler erlassenen Bekannt¬
machung fünf gerichtliche Urteile, darunter zwei des Reichs¬
gerichts, die in einer die Interessen des gesamten deutschen Buch¬
handels tief berührenden Rechtssache ergangen sind. Um diese Urteile zu
besprechen, müssen wir die Verhältnisse des Buchhandels, ans die sie sich be¬
ziehen, kurz darstellen, obwohl diese in weiten Kreisen Wohl schon genügend
bekannt sind.

Der Buchhandel beruht auf der Teilung des Geschäfts zwischen Verlags-
händler und Sortimentshändlcr. Der Verlagshändler übernimmt das Buch
von dem Schriftsteller, sorgt für dessen Herstellung und verteilt es zum Ber¬
trich an die Sortimentshändlcr. Die Svrtimentshändler besorgen den Ver¬
trieb des Buches an die einzelnen Käufer. Nur durch diese Teilung des
Geschäfts ist es möglich, litterarische Erzeugnisse schnell zur Kenntnis des
ganzen Publikums und zum allseitigen Angebot zu bringen. Bei der Lieferung
des Werkes an die Sortimenter setzt der Verleger den Ladenpreis des Buches
fest, über den hinaus der Sortimenter nicht verkaufen darf. Da aber der
Sortimenter für die mit seinem Geschäft verbundnen nicht geringen Müh-
waltungen und Gefahren eine Vergütung haben mußte, so versteht sichs von
selbst, daß der Verleger dein Sortimenter das Werk zu einem geringern als
dem Ladenpreise, zu dem sogenannten Buchhündlerpreise liefert.

Seit geraumer Zeit hat sich in dieser Beziehung die Übung festgesetzt,
daß der Verleger dem Sortimenter einen Rabatt von 25 bis 3Z Prozent,
unter Umständen auch einen noch höhern, auf den Ladenpreis gewährt. Nach
der Ansicht der großen Mehrzahl der Buchhändler ist eine Vergütung in
diesem Umfange für die Sortimenter notwendig, wenn überhaupt der Buch¬
handel in gesunden Verhältnissen bestehen und in der Lage sein soll, die Ver¬
mittlung zwischen dem geistigen Schaffen der Schriftsteller und dem littera¬
rischen Bedürfnis des Publikums in genügender Weise herzustellen. Ist dies




Lin Buchdändlerprozeß
von V. Bahr

as Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 7. Dezember 1891
veröffentlicht in Verbindung mit einer von dem Vorstande des
Börseuvereins der deutschen Buchhändler erlassenen Bekannt¬
machung fünf gerichtliche Urteile, darunter zwei des Reichs¬
gerichts, die in einer die Interessen des gesamten deutschen Buch¬
handels tief berührenden Rechtssache ergangen sind. Um diese Urteile zu
besprechen, müssen wir die Verhältnisse des Buchhandels, ans die sie sich be¬
ziehen, kurz darstellen, obwohl diese in weiten Kreisen Wohl schon genügend
bekannt sind.

Der Buchhandel beruht auf der Teilung des Geschäfts zwischen Verlags-
händler und Sortimentshändlcr. Der Verlagshändler übernimmt das Buch
von dem Schriftsteller, sorgt für dessen Herstellung und verteilt es zum Ber¬
trich an die Sortimentshändlcr. Die Svrtimentshändler besorgen den Ver¬
trieb des Buches an die einzelnen Käufer. Nur durch diese Teilung des
Geschäfts ist es möglich, litterarische Erzeugnisse schnell zur Kenntnis des
ganzen Publikums und zum allseitigen Angebot zu bringen. Bei der Lieferung
des Werkes an die Sortimenter setzt der Verleger den Ladenpreis des Buches
fest, über den hinaus der Sortimenter nicht verkaufen darf. Da aber der
Sortimenter für die mit seinem Geschäft verbundnen nicht geringen Müh-
waltungen und Gefahren eine Vergütung haben mußte, so versteht sichs von
selbst, daß der Verleger dein Sortimenter das Werk zu einem geringern als
dem Ladenpreise, zu dem sogenannten Buchhündlerpreise liefert.

Seit geraumer Zeit hat sich in dieser Beziehung die Übung festgesetzt,
daß der Verleger dem Sortimenter einen Rabatt von 25 bis 3Z Prozent,
unter Umständen auch einen noch höhern, auf den Ladenpreis gewährt. Nach
der Ansicht der großen Mehrzahl der Buchhändler ist eine Vergütung in
diesem Umfange für die Sortimenter notwendig, wenn überhaupt der Buch¬
handel in gesunden Verhältnissen bestehen und in der Lage sein soll, die Ver¬
mittlung zwischen dem geistigen Schaffen der Schriftsteller und dem littera¬
rischen Bedürfnis des Publikums in genügender Weise herzustellen. Ist dies


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211495"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341855_211167/figures/grenzboten_341855_211167_211495_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Lin Buchdändlerprozeß<lb/><note type="byline"> von V. Bahr</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_989"> as Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 7. Dezember 1891<lb/>
veröffentlicht in Verbindung mit einer von dem Vorstande des<lb/>
Börseuvereins der deutschen Buchhändler erlassenen Bekannt¬<lb/>
machung fünf gerichtliche Urteile, darunter zwei des Reichs¬<lb/>
gerichts, die in einer die Interessen des gesamten deutschen Buch¬<lb/>
handels tief berührenden Rechtssache ergangen sind. Um diese Urteile zu<lb/>
besprechen, müssen wir die Verhältnisse des Buchhandels, ans die sie sich be¬<lb/>
ziehen, kurz darstellen, obwohl diese in weiten Kreisen Wohl schon genügend<lb/>
bekannt sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_990"> Der Buchhandel beruht auf der Teilung des Geschäfts zwischen Verlags-<lb/>
händler und Sortimentshändlcr. Der Verlagshändler übernimmt das Buch<lb/>
von dem Schriftsteller, sorgt für dessen Herstellung und verteilt es zum Ber¬<lb/>
trich an die Sortimentshändlcr. Die Svrtimentshändler besorgen den Ver¬<lb/>
trieb des Buches an die einzelnen Käufer. Nur durch diese Teilung des<lb/>
Geschäfts ist es möglich, litterarische Erzeugnisse schnell zur Kenntnis des<lb/>
ganzen Publikums und zum allseitigen Angebot zu bringen. Bei der Lieferung<lb/>
des Werkes an die Sortimenter setzt der Verleger den Ladenpreis des Buches<lb/>
fest, über den hinaus der Sortimenter nicht verkaufen darf. Da aber der<lb/>
Sortimenter für die mit seinem Geschäft verbundnen nicht geringen Müh-<lb/>
waltungen und Gefahren eine Vergütung haben mußte, so versteht sichs von<lb/>
selbst, daß der Verleger dein Sortimenter das Werk zu einem geringern als<lb/>
dem Ladenpreise, zu dem sogenannten Buchhündlerpreise liefert.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_991" next="#ID_992"> Seit geraumer Zeit hat sich in dieser Beziehung die Übung festgesetzt,<lb/>
daß der Verleger dem Sortimenter einen Rabatt von 25 bis 3Z Prozent,<lb/>
unter Umständen auch einen noch höhern, auf den Ladenpreis gewährt. Nach<lb/>
der Ansicht der großen Mehrzahl der Buchhändler ist eine Vergütung in<lb/>
diesem Umfange für die Sortimenter notwendig, wenn überhaupt der Buch¬<lb/>
handel in gesunden Verhältnissen bestehen und in der Lage sein soll, die Ver¬<lb/>
mittlung zwischen dem geistigen Schaffen der Schriftsteller und dem littera¬<lb/>
rischen Bedürfnis des Publikums in genügender Weise herzustellen.  Ist dies</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0327] [Abbildung] Lin Buchdändlerprozeß von V. Bahr as Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 7. Dezember 1891 veröffentlicht in Verbindung mit einer von dem Vorstande des Börseuvereins der deutschen Buchhändler erlassenen Bekannt¬ machung fünf gerichtliche Urteile, darunter zwei des Reichs¬ gerichts, die in einer die Interessen des gesamten deutschen Buch¬ handels tief berührenden Rechtssache ergangen sind. Um diese Urteile zu besprechen, müssen wir die Verhältnisse des Buchhandels, ans die sie sich be¬ ziehen, kurz darstellen, obwohl diese in weiten Kreisen Wohl schon genügend bekannt sind. Der Buchhandel beruht auf der Teilung des Geschäfts zwischen Verlags- händler und Sortimentshändlcr. Der Verlagshändler übernimmt das Buch von dem Schriftsteller, sorgt für dessen Herstellung und verteilt es zum Ber¬ trich an die Sortimentshändlcr. Die Svrtimentshändler besorgen den Ver¬ trieb des Buches an die einzelnen Käufer. Nur durch diese Teilung des Geschäfts ist es möglich, litterarische Erzeugnisse schnell zur Kenntnis des ganzen Publikums und zum allseitigen Angebot zu bringen. Bei der Lieferung des Werkes an die Sortimenter setzt der Verleger den Ladenpreis des Buches fest, über den hinaus der Sortimenter nicht verkaufen darf. Da aber der Sortimenter für die mit seinem Geschäft verbundnen nicht geringen Müh- waltungen und Gefahren eine Vergütung haben mußte, so versteht sichs von selbst, daß der Verleger dein Sortimenter das Werk zu einem geringern als dem Ladenpreise, zu dem sogenannten Buchhündlerpreise liefert. Seit geraumer Zeit hat sich in dieser Beziehung die Übung festgesetzt, daß der Verleger dem Sortimenter einen Rabatt von 25 bis 3Z Prozent, unter Umständen auch einen noch höhern, auf den Ladenpreis gewährt. Nach der Ansicht der großen Mehrzahl der Buchhändler ist eine Vergütung in diesem Umfange für die Sortimenter notwendig, wenn überhaupt der Buch¬ handel in gesunden Verhältnissen bestehen und in der Lage sein soll, die Ver¬ mittlung zwischen dem geistigen Schaffen der Schriftsteller und dem littera¬ rischen Bedürfnis des Publikums in genügender Weise herzustellen. Ist dies

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/327
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/327>, abgerufen am 23.07.2024.