Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.Der Stand der Arbeiterbewegung aller gewerblichen, auch der ländlichen Netriebe unter die Fabrikinspektio", Dem Kongreß sind dann noch in den einzelnen Ländern und Provinzen Die Streitigkeiten innerhalb der Partei haben jedoch, wie die Berichte er¬ Dagegen stößt die fachgewerbliche Organisation noch immer aus große Der Stand der Arbeiterbewegung aller gewerblichen, auch der ländlichen Netriebe unter die Fabrikinspektio», Dem Kongreß sind dann noch in den einzelnen Ländern und Provinzen Die Streitigkeiten innerhalb der Partei haben jedoch, wie die Berichte er¬ Dagegen stößt die fachgewerbliche Organisation noch immer aus große <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0215" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211383"/> <fw type="header" place="top"> Der Stand der Arbeiterbewegung</fw><lb/> <p xml:id="ID_650" prev="#ID_649"> aller gewerblichen, auch der ländlichen Netriebe unter die Fabrikinspektio»,<lb/> gesetzliche Gleichstellung der landwirtschaftlichen Arbeiter und der Dienst¬<lb/> boten mit den gewerblichen Arbeitern, 4. Übernahme der Arbeiterversicherung<lb/> durch das Reich, 5. Errichtung vo» Arbeiterkammern und Arbeitsämtern.</p><lb/> <p xml:id="ID_651"> Dem Kongreß sind dann noch in den einzelnen Ländern und Provinzen<lb/> eine größere Anzahl Parteitage gefolgt. So haben Landesversammlungen<lb/> stattgefunden für Württemberg in Stuttgart, für Baden in Freiburg i. V.,<lb/> für Baiern in Nürnberg, für Thüringen in Waltershausen, für Westfalen in<lb/> Dortmund, für Braunschweig in Kirchberg, für Hessen in Friedberg, für Pom¬<lb/> mern in Stettin, für Posen und Schlesien in Breslau. Alle waren gut be¬<lb/> sucht und erklärten sich mit der bisherigen Taktik der Parteileitung und dem<lb/> revidirten Programm einverstanden. Selbst in Magdeburg und Berlin gelang<lb/> es deu oppositionellen Elementen nicht, durchzudringen, sondern fast in allen<lb/> dort nach dem Kongreß abgehaltenen Versammlungen wurde der Partei-<lb/> leituug ein Vertraueusvotum erteilt. Es ist nicht abzusehen, welche Wirkung<lb/> diese Spaltung auf die künftigen Geschicke der Partei haben wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_652"> Die Streitigkeiten innerhalb der Partei haben jedoch, wie die Berichte er¬<lb/> kennen lassen, die Leitung nicht gehindert, die Agitation mit Aufbietung aller Kraft<lb/> fortzusetzen, auch die politische und gewerkschaftliche Organisation weiter aus¬<lb/> zubauen. Zunächst hat man versucht, in die Krieger- und Gesangvereine ein¬<lb/> zudringen, allerdings in die erster» mit anscheinend wenig Erfolg. Auf dem<lb/> Lande, wo die Partei, wie die Leitung selbst zugiebt, nur schwer Fuß zu<lb/> fassen vermag, hat man sich überzeugt, daß mit Versammlungen nichts aus¬<lb/> zurichten ist. Man hat sich daher allmählich auf die Agitation durch die<lb/> Presse beschränkt. Die Partei besitzt in Deutschland bereits 132 Zeitungen.<lb/> Davon sind 7« misschließlich politischer Natur. Insbesondre läßt man sich<lb/> anch die Verbreitung billiger Schriften lind Broschüre» weiter angelegen sein.<lb/> Diese leisten in der Versetzung das Unglaublichste. Ferner haben sich in den<lb/> großer» Städte» ianthina»»schaftliche Vereine gebildet, deren Mitglieder sich<lb/> bemühe», auf schriftlichen Wege auf ihre Verwandte» in der Heimat einzu-<lb/> wirken. Auf diese Weise will man insbesondre in Ostpreuße» Erfolge erzielt<lb/> habe», wo in einige» Kreisen die Nachwahlen zum Reichstage thatsächlich ein<lb/> Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen auch in den kleiner» Landstädten<lb/> ergeben haben. Günstig für die Partei sind auch die Wahlen für den säch¬<lb/> sischen Landtag, für die Vertretung der Stadt Berlin, sowie für das Gewerbe¬<lb/> gericht in Halle ausgefallen. Überall hat sie in jenen Versammluiige» einige<lb/> neue Sitze erobert. Die Wahlerfolge beweise» zugleich, daß die Straffheit<lb/> der politischen Organisation der Partei nichts zu wünschen übrig läßt. In<lb/> der Vertretung des kleinen thüringischen Städtchens Apolda besitzt die Partei<lb/> bereits die Mehrheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_653" next="#ID_654"> Dagegen stößt die fachgewerbliche Organisation noch immer aus große</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0215]
Der Stand der Arbeiterbewegung
aller gewerblichen, auch der ländlichen Netriebe unter die Fabrikinspektio»,
gesetzliche Gleichstellung der landwirtschaftlichen Arbeiter und der Dienst¬
boten mit den gewerblichen Arbeitern, 4. Übernahme der Arbeiterversicherung
durch das Reich, 5. Errichtung vo» Arbeiterkammern und Arbeitsämtern.
Dem Kongreß sind dann noch in den einzelnen Ländern und Provinzen
eine größere Anzahl Parteitage gefolgt. So haben Landesversammlungen
stattgefunden für Württemberg in Stuttgart, für Baden in Freiburg i. V.,
für Baiern in Nürnberg, für Thüringen in Waltershausen, für Westfalen in
Dortmund, für Braunschweig in Kirchberg, für Hessen in Friedberg, für Pom¬
mern in Stettin, für Posen und Schlesien in Breslau. Alle waren gut be¬
sucht und erklärten sich mit der bisherigen Taktik der Parteileitung und dem
revidirten Programm einverstanden. Selbst in Magdeburg und Berlin gelang
es deu oppositionellen Elementen nicht, durchzudringen, sondern fast in allen
dort nach dem Kongreß abgehaltenen Versammlungen wurde der Partei-
leituug ein Vertraueusvotum erteilt. Es ist nicht abzusehen, welche Wirkung
diese Spaltung auf die künftigen Geschicke der Partei haben wird.
Die Streitigkeiten innerhalb der Partei haben jedoch, wie die Berichte er¬
kennen lassen, die Leitung nicht gehindert, die Agitation mit Aufbietung aller Kraft
fortzusetzen, auch die politische und gewerkschaftliche Organisation weiter aus¬
zubauen. Zunächst hat man versucht, in die Krieger- und Gesangvereine ein¬
zudringen, allerdings in die erster» mit anscheinend wenig Erfolg. Auf dem
Lande, wo die Partei, wie die Leitung selbst zugiebt, nur schwer Fuß zu
fassen vermag, hat man sich überzeugt, daß mit Versammlungen nichts aus¬
zurichten ist. Man hat sich daher allmählich auf die Agitation durch die
Presse beschränkt. Die Partei besitzt in Deutschland bereits 132 Zeitungen.
Davon sind 7« misschließlich politischer Natur. Insbesondre läßt man sich
anch die Verbreitung billiger Schriften lind Broschüre» weiter angelegen sein.
Diese leisten in der Versetzung das Unglaublichste. Ferner haben sich in den
großer» Städte» ianthina»»schaftliche Vereine gebildet, deren Mitglieder sich
bemühe», auf schriftlichen Wege auf ihre Verwandte» in der Heimat einzu-
wirken. Auf diese Weise will man insbesondre in Ostpreuße» Erfolge erzielt
habe», wo in einige» Kreisen die Nachwahlen zum Reichstage thatsächlich ein
Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen auch in den kleiner» Landstädten
ergeben haben. Günstig für die Partei sind auch die Wahlen für den säch¬
sischen Landtag, für die Vertretung der Stadt Berlin, sowie für das Gewerbe¬
gericht in Halle ausgefallen. Überall hat sie in jenen Versammluiige» einige
neue Sitze erobert. Die Wahlerfolge beweise» zugleich, daß die Straffheit
der politischen Organisation der Partei nichts zu wünschen übrig läßt. In
der Vertretung des kleinen thüringischen Städtchens Apolda besitzt die Partei
bereits die Mehrheit.
Dagegen stößt die fachgewerbliche Organisation noch immer aus große
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