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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

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waren/' sagt in der Grabrede auf ihn sein Amtsnachfolger Justus Menius,
"allerding gefallen und abgegangen, also, daß nicht allein kein einziger
Schüler vorhanden war, sondern man auch große Mühe und Arbeit hatte,
daß man ja etliche zur Schule bringen lind wiederum von neuem anrichten
möchte, und die Sachen fast allenthalben also standen, daß Schulen und
8tun1iÄ beim Pöbel aufs höchste verachtet waren und je eher zehn zu finden,
die Schulen stürmen und verstören, denn einen oder zween, so sie hatten auf-
und anrichten können." Und wie thatkräftig hat Mhconins mit Hilfe tüch¬
tiger Mitarbeiter, z. B. Basil Monners, auch auf diesem Gebiete gewirkt!
Nach zwei Jahrzehnten konnte er von seiner Thätigkeit für die evangelische Volks¬
schule in Thüringen in seiner Reformationsgeschichte rühmen, daß nun in
Thüringen "jede Stadt ihre Schule" habe. Ihm verdankte auch das bis
auf den heutigen Tag blühende (^mimswm ilwstrs Gothas seine Entstehung.
Diese Anstalt, in die unter der Regierung Ernsts des Frommen Eltern aus
ganz Norddeutschland ihre Söhne sandten, aus der August Hermann Francke
und viele andre bedeutende Männer hervorgegangen sind, wurde von Mheo-
nius gleich im ersten Jahre seines Aufenthalts dnrch Verschmelzung zweier
vorhandnen Schulrudera als Lateinschule eingerichtet und mit einer festen
Grundlage versehen, dadurch, daß auf. seinen Betrieb der Herzog Räume und
Einkünfte des Gothaer Augustinerklosters zu diesem Zwecke hergab. Wie er
bis an sein Lebensende für das Gedeihen der Schule sorgte, geht aus der
bereits erwähnten Abfassung des "Neuen Erbbuchs und Copey der Mini-
stratur" hervor. So war das Lob, das ihm schließlich der ?rav(!voor Oel--
ilmnmu amtlich im Namen der Universität Wittenberg besonders für die
Schulreformen spendete, wohlverdient.

Daß eine so energische Persönlichkeit auch weit über die Grenzen ihrer
alltäglichen Wirksamkeit hinaus Einfluß übte, ist leicht erklärlich. Wenn
Myevnius in seinem Abschiedsbriefe an den Kurfürsten ohne Überhebung schon
in Bezug auf das Thttringerland sagen konnte: "Es ist hier zu Gotha der
vornehmste Ort in Thüringen, und haben sich nicht allem die Ämter, sondern
die Grafschaften Gleichen, Tonna, Schwnrzburg und die Prediger zu Erfurt
zu mir, ja zu Christo in mir gehalten; ich habe sie zusammengehalten, daß
sie ja in Lehre und Leben recht thäten. Haben mich wahrlich wiederum als
ihren Vater gehalten, gehorcht, daß keine sonderliche Unlust vorgefallen" --
so ist das doch nur ein Bruchteil seiner Verdienste.

Schon Friedrich der Weise hatte Mycouius "Tüchtigkeit zu Rat und That" bei
mancher Angelegenheit außerhalb Gothas geschätzt und benutzt. Für Johann
den Beständiger und dessen Sohn Johann Friedrich den Großmütigen schien
er sast unentbehrlich. Bei Johann Friedrichs zur Völlerei neigenden Natur war
ein solcher Berater wie ein guter Engel, und so mußte ihn Myevnius schon
als Kurprinzen auf dem Brautzug in die Rhein- und Niederlande begleiten.


waren/' sagt in der Grabrede auf ihn sein Amtsnachfolger Justus Menius,
„allerding gefallen und abgegangen, also, daß nicht allein kein einziger
Schüler vorhanden war, sondern man auch große Mühe und Arbeit hatte,
daß man ja etliche zur Schule bringen lind wiederum von neuem anrichten
möchte, und die Sachen fast allenthalben also standen, daß Schulen und
8tun1iÄ beim Pöbel aufs höchste verachtet waren und je eher zehn zu finden,
die Schulen stürmen und verstören, denn einen oder zween, so sie hatten auf-
und anrichten können." Und wie thatkräftig hat Mhconins mit Hilfe tüch¬
tiger Mitarbeiter, z. B. Basil Monners, auch auf diesem Gebiete gewirkt!
Nach zwei Jahrzehnten konnte er von seiner Thätigkeit für die evangelische Volks¬
schule in Thüringen in seiner Reformationsgeschichte rühmen, daß nun in
Thüringen „jede Stadt ihre Schule" habe. Ihm verdankte auch das bis
auf den heutigen Tag blühende (^mimswm ilwstrs Gothas seine Entstehung.
Diese Anstalt, in die unter der Regierung Ernsts des Frommen Eltern aus
ganz Norddeutschland ihre Söhne sandten, aus der August Hermann Francke
und viele andre bedeutende Männer hervorgegangen sind, wurde von Mheo-
nius gleich im ersten Jahre seines Aufenthalts dnrch Verschmelzung zweier
vorhandnen Schulrudera als Lateinschule eingerichtet und mit einer festen
Grundlage versehen, dadurch, daß auf. seinen Betrieb der Herzog Räume und
Einkünfte des Gothaer Augustinerklosters zu diesem Zwecke hergab. Wie er
bis an sein Lebensende für das Gedeihen der Schule sorgte, geht aus der
bereits erwähnten Abfassung des „Neuen Erbbuchs und Copey der Mini-
stratur" hervor. So war das Lob, das ihm schließlich der ?rav(!voor Oel--
ilmnmu amtlich im Namen der Universität Wittenberg besonders für die
Schulreformen spendete, wohlverdient.

Daß eine so energische Persönlichkeit auch weit über die Grenzen ihrer
alltäglichen Wirksamkeit hinaus Einfluß übte, ist leicht erklärlich. Wenn
Myevnius in seinem Abschiedsbriefe an den Kurfürsten ohne Überhebung schon
in Bezug auf das Thttringerland sagen konnte: „Es ist hier zu Gotha der
vornehmste Ort in Thüringen, und haben sich nicht allem die Ämter, sondern
die Grafschaften Gleichen, Tonna, Schwnrzburg und die Prediger zu Erfurt
zu mir, ja zu Christo in mir gehalten; ich habe sie zusammengehalten, daß
sie ja in Lehre und Leben recht thäten. Haben mich wahrlich wiederum als
ihren Vater gehalten, gehorcht, daß keine sonderliche Unlust vorgefallen" —
so ist das doch nur ein Bruchteil seiner Verdienste.

Schon Friedrich der Weise hatte Mycouius „Tüchtigkeit zu Rat und That" bei
mancher Angelegenheit außerhalb Gothas geschätzt und benutzt. Für Johann
den Beständiger und dessen Sohn Johann Friedrich den Großmütigen schien
er sast unentbehrlich. Bei Johann Friedrichs zur Völlerei neigenden Natur war
ein solcher Berater wie ein guter Engel, und so mußte ihn Myevnius schon
als Kurprinzen auf dem Brautzug in die Rhein- und Niederlande begleiten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/130>, abgerufen am 23.07.2024.