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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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gethan? Man hat das Verfahren selbst zwar der kaiserlichen Marine gleich ein¬
gerichtet, hat aber die Ausdrucksweise verworfen und für die bekannten Worte
"Steuerbord" und "Backbord" die allerdings einfachen Worte "rechts" und
"links" eingeführt. Das ist bis jetzt wenigstens von seiten des Norddeutschen
Lloyd und der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft geschehen.

Ob die übrigen Reedereien dem Beispiel dieser Gesellschaften folgen wer¬
den, ist noch nicht bekannt geworden, scheint aber beabsichtigt zu sein.

Man behauptet nun, daß dies ein "Mittelweg" sei, der sowohl den Zwecken
der kaiserlichen Marine, wie denen der Kauffahrtei genehm sein müsse; denn
dadurch, daß man das Verfahren und die Ausführung des Kommandos dem
Vorgang der Marine gleich gemacht habe, werde man dieser gerecht und da¬
durch, daß man andre Wörter gewählt habe, werde man der Kauffahrtei ge¬
recht; durch die Wahl der Worte "rechts" und "links" werde die alte Be¬
deutung der Worte "Steuerbord" und "Backbord" nicht berührt. Ob das
letzte wirklich der Fall ist, möge dahingestellt bleiben. Wer auf das Kom¬
mando "rechts" die Pinne des Ruders rechts legt, wird auch in diesem Fall
unrichtig handeln; es wäre also mit der geänderten Wahl der Ausdrücke
nichts gebessert.

Es kommt aber außer der veränderten Wahl der Ausdrücke noch ein
andrer Umstand in Betracht; das ist der beinahe gleiche Laut der beiden
Wörter. Man sage nicht, daß das eine seinen Haupttou im Vokal e, das
andre im Vokal i habe. Man denke sich den regen Schiffsverkehr in stürmi¬
scher, dunkler Nacht im englischen Kanal, wo der Rufende oder Kommandirende
zum Aufwand des ganzen Brusttones genötigt ist, und man wird einräumen,
daß die geringe Verschiedenheit des Vokales nicht genügt. Wenn ich anführe,
daß man in England und Amerika die beinahe gleichlautenden Wörter lar-
dos-ra und 8tÄrl>c>g,rak für ungenügend gehalten und dafür xort und stg-rdo^ra
gewählt habe, so wird man diese Berufung vielleicht nicht anerkennen und
sagen, die erstgenannten beiden Wörter Hütten wirklich denselben Vokal, und
das sei ein fühlbarer Übelstand gewesen. Das wäre richtig, soweit es den
Vokal betrifft. Man hat aber auch die Notwendigkeit erkannt, die Silben¬
zahl zu ändern.

Die Worte Steuerbord und Backbord werden beidem gerecht; die Vokale
cuc und a sind schwer zu verwechseln, und ebenso ist das dreisilbige Steuer¬
bord nicht leicht für das zweisilbige Wort zu nehmen. Wem diese Verschieden¬
heit nicht genügt, der könnte die Nufweise der Nosselenker, das "Hot" und
das "Haarweg" auf die See übertragen; er würde dem Zweck besser genügen,
als es mit der Wahl der Wörter "rechts" und "links" geschieht.

Für die Beibehaltung der Wörter Steuerbord und Backbord spricht
aber endlich noch ein andrer Umstand. Das ist ihre Ähnlichkeit mit den ent¬
sprechenden Kvmmandowvrten aller andern Sprachen, namentlich der Sprachen,


gethan? Man hat das Verfahren selbst zwar der kaiserlichen Marine gleich ein¬
gerichtet, hat aber die Ausdrucksweise verworfen und für die bekannten Worte
„Steuerbord" und „Backbord" die allerdings einfachen Worte „rechts" und
„links" eingeführt. Das ist bis jetzt wenigstens von seiten des Norddeutschen
Lloyd und der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft geschehen.

Ob die übrigen Reedereien dem Beispiel dieser Gesellschaften folgen wer¬
den, ist noch nicht bekannt geworden, scheint aber beabsichtigt zu sein.

Man behauptet nun, daß dies ein „Mittelweg" sei, der sowohl den Zwecken
der kaiserlichen Marine, wie denen der Kauffahrtei genehm sein müsse; denn
dadurch, daß man das Verfahren und die Ausführung des Kommandos dem
Vorgang der Marine gleich gemacht habe, werde man dieser gerecht und da¬
durch, daß man andre Wörter gewählt habe, werde man der Kauffahrtei ge¬
recht; durch die Wahl der Worte „rechts" und „links" werde die alte Be¬
deutung der Worte „Steuerbord" und „Backbord" nicht berührt. Ob das
letzte wirklich der Fall ist, möge dahingestellt bleiben. Wer auf das Kom¬
mando „rechts" die Pinne des Ruders rechts legt, wird auch in diesem Fall
unrichtig handeln; es wäre also mit der geänderten Wahl der Ausdrücke
nichts gebessert.

Es kommt aber außer der veränderten Wahl der Ausdrücke noch ein
andrer Umstand in Betracht; das ist der beinahe gleiche Laut der beiden
Wörter. Man sage nicht, daß das eine seinen Haupttou im Vokal e, das
andre im Vokal i habe. Man denke sich den regen Schiffsverkehr in stürmi¬
scher, dunkler Nacht im englischen Kanal, wo der Rufende oder Kommandirende
zum Aufwand des ganzen Brusttones genötigt ist, und man wird einräumen,
daß die geringe Verschiedenheit des Vokales nicht genügt. Wenn ich anführe,
daß man in England und Amerika die beinahe gleichlautenden Wörter lar-
dos-ra und 8tÄrl>c>g,rak für ungenügend gehalten und dafür xort und stg-rdo^ra
gewählt habe, so wird man diese Berufung vielleicht nicht anerkennen und
sagen, die erstgenannten beiden Wörter Hütten wirklich denselben Vokal, und
das sei ein fühlbarer Übelstand gewesen. Das wäre richtig, soweit es den
Vokal betrifft. Man hat aber auch die Notwendigkeit erkannt, die Silben¬
zahl zu ändern.

Die Worte Steuerbord und Backbord werden beidem gerecht; die Vokale
cuc und a sind schwer zu verwechseln, und ebenso ist das dreisilbige Steuer¬
bord nicht leicht für das zweisilbige Wort zu nehmen. Wem diese Verschieden¬
heit nicht genügt, der könnte die Nufweise der Nosselenker, das „Hot" und
das „Haarweg" auf die See übertragen; er würde dem Zweck besser genügen,
als es mit der Wahl der Wörter „rechts" und „links" geschieht.

Für die Beibehaltung der Wörter Steuerbord und Backbord spricht
aber endlich noch ein andrer Umstand. Das ist ihre Ähnlichkeit mit den ent¬
sprechenden Kvmmandowvrten aller andern Sprachen, namentlich der Sprachen,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/518>, abgerufen am 26.08.2024.