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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr.

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Dafür stehen Sie mir viel zu hoch. Aber es kann Ihnen unmöglich entgangen
sein, welchen tiefen, uiiauslöschlicheu Eindruck Ihre unvergleichlichen Leistungen
uns mich gemacht haben. Traf mich doch neulich einer Ihrer Feuerblicke, als
ich, uufühig, meiner Begeisterung Schranken aufzuerlegen, meinen Beifall bei¬
nahe in unbescheidner Weise äußerte und mich Ihnen dadurch auffällig machte.
Sie nehmen nicht, was Sie mit diesem Blicke in meinem Innern angerichtet
haben. Aber fürchten Sie keine Zudringlichkeit. Ich habe nur eine.: Wunsch,
dessen Erfüllung für Sie unbedenklich, für mich der Gipfel des Glücks sein
würde: ich mochte ein Bild von Ihnen besitzen, und zwar nicht nnr eins, wie
es in der Buchhandlung oder beim Photographen käuflich ist, sondern eines,
das ich gewissermaßen als Andenken von Ihnen verehren kann. Machen Sie
mich glücklich dadurch, daß Sie auf ein Exemplar Ihrer Photographie die
Worte schreiben: "Zum Andenken" und darunter Ihren Namen, und zürnen
Sie mir nicht, daß ich mich bereits in den Besitz einer solchen Photographie
gesetzt habe, die ich mir erlaube" werde. Ihnen zu gedachtem Zweck zu über¬
senden, wenn Sie nicht etwa meine Bitte abschlagen. In größter Verehrung
Ihr ergebenster N. N." . ,

^Die Dame empfindet beim Lesen dieses Briefes zwar eme gewisse Baug.g-
keit, aber doch auch etwas wie Genugthuung; ihre Zweifel bekämpft sie da.me
daß sie sich an die wiederholte Versicherung anklammert, der Absender ve^
Briefes beabsichtige keine persönliche Annäherung. Des audern Tages bring
der Postbote die Photographie. Die Dame, die sich einen sichern Verehrer Nicht
verscherzen will, schreibt die erbetenen Worte und ihren Namen darauf und
schickt sie daun dem Absender zurück. Einige Stunden später klopft es plötzlich
an ihrer Zimmerthüre. sie ruft arglos "Herein!" "ber >°er be ehre-de ehr^n
Schrecken, als die Thüre aufgeht, und der Verehrer aus dem Parkett w ha
ihr steht! Purpurrot vor Verlegenheit tritt sie einen Schritt zurück, a r
schon im nächsten Angenblick hat der Eindringling ihre Hand ergriffen und
druckt einen ehrerbietigen Kuß darauf. Dann beginnt er etwa folgendermaßen :
"Verzeihe.. Sie. gnädiges Fräulein. daß ich scheinbar gegen mem Versprech
Sie dennoch mit meiner persönlichen Gegenwart belästige, allein es M nnr aus
einen Augenblick; ich konnte dem Drange nicht widerstehen. Ihnen Person ucy
für die liebenswürdige Erfüllung meines Wunsches zu danken. Sie habe"
""es unaussprechlich glücklich gemacht, und nun leben Sie wohl! Sie zurmn
"Ur doch hoffentlich uicht?" Ein verlegenes "O bitte!" des noch unverdorbenen
Mädchens veranlaßt den Besucher zu erneuter Danksagungen, unt denen er
sein längeres Verweilen bemäntelt, und im Handumdrehen hat er die Unter¬
haltung in ein so unverfängliches Geleise gebracht, daß das Mädchen nach
""d nach seine Fassung wieder gewinnt und dem Besucher im Stillen Mone
leistet, die Beweggründe seines Besuches einen Augenblick beargwöhnt zu daven.
Beim Abschied fragt der Beglückte uatttrlich. ob er sich wohl erlaube., dürfe.


Dafür stehen Sie mir viel zu hoch. Aber es kann Ihnen unmöglich entgangen
sein, welchen tiefen, uiiauslöschlicheu Eindruck Ihre unvergleichlichen Leistungen
uns mich gemacht haben. Traf mich doch neulich einer Ihrer Feuerblicke, als
ich, uufühig, meiner Begeisterung Schranken aufzuerlegen, meinen Beifall bei¬
nahe in unbescheidner Weise äußerte und mich Ihnen dadurch auffällig machte.
Sie nehmen nicht, was Sie mit diesem Blicke in meinem Innern angerichtet
haben. Aber fürchten Sie keine Zudringlichkeit. Ich habe nur eine.: Wunsch,
dessen Erfüllung für Sie unbedenklich, für mich der Gipfel des Glücks sein
würde: ich mochte ein Bild von Ihnen besitzen, und zwar nicht nnr eins, wie
es in der Buchhandlung oder beim Photographen käuflich ist, sondern eines,
das ich gewissermaßen als Andenken von Ihnen verehren kann. Machen Sie
mich glücklich dadurch, daß Sie auf ein Exemplar Ihrer Photographie die
Worte schreiben: »Zum Andenken« und darunter Ihren Namen, und zürnen
Sie mir nicht, daß ich mich bereits in den Besitz einer solchen Photographie
gesetzt habe, die ich mir erlaube» werde. Ihnen zu gedachtem Zweck zu über¬
senden, wenn Sie nicht etwa meine Bitte abschlagen. In größter Verehrung
Ihr ergebenster N. N." . ,

^Die Dame empfindet beim Lesen dieses Briefes zwar eme gewisse Baug.g-
keit, aber doch auch etwas wie Genugthuung; ihre Zweifel bekämpft sie da.me
daß sie sich an die wiederholte Versicherung anklammert, der Absender ve^
Briefes beabsichtige keine persönliche Annäherung. Des audern Tages bring
der Postbote die Photographie. Die Dame, die sich einen sichern Verehrer Nicht
verscherzen will, schreibt die erbetenen Worte und ihren Namen darauf und
schickt sie daun dem Absender zurück. Einige Stunden später klopft es plötzlich
an ihrer Zimmerthüre. sie ruft arglos „Herein!" "ber >°er be ehre-de ehr^n
Schrecken, als die Thüre aufgeht, und der Verehrer aus dem Parkett w ha
ihr steht! Purpurrot vor Verlegenheit tritt sie einen Schritt zurück, a r
schon im nächsten Angenblick hat der Eindringling ihre Hand ergriffen und
druckt einen ehrerbietigen Kuß darauf. Dann beginnt er etwa folgendermaßen :
"Verzeihe.. Sie. gnädiges Fräulein. daß ich scheinbar gegen mem Versprech
Sie dennoch mit meiner persönlichen Gegenwart belästige, allein es M nnr aus
einen Augenblick; ich konnte dem Drange nicht widerstehen. Ihnen Person ucy
für die liebenswürdige Erfüllung meines Wunsches zu danken. Sie habe»
""es unaussprechlich glücklich gemacht, und nun leben Sie wohl! Sie zurmn
"Ur doch hoffentlich uicht?" Ein verlegenes „O bitte!" des noch unverdorbenen
Mädchens veranlaßt den Besucher zu erneuter Danksagungen, unt denen er
sein längeres Verweilen bemäntelt, und im Handumdrehen hat er die Unter¬
haltung in ein so unverfängliches Geleise gebracht, daß das Mädchen nach
""d nach seine Fassung wieder gewinnt und dem Besucher im Stillen Mone
leistet, die Beweggründe seines Besuches einen Augenblick beargwöhnt zu daven.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_289767/181>, abgerufen am 26.08.2024.