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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Gin vorachwudvierziger

berechtigt. Aber mittelbar fällt auf ihn die Schuld." Seine Hinrichtung ist
eine große That. Fürst Schwarzenberg verlangt sie von Windischgrätz, "damit
seine Genossen sehen, daß wir uns vor thuen nicht fürchten," und antwortet
auf die durch v. d. Pfordten unterstützte Bitte der Witwe um Ausfolgung
des Leichnams: "Wir haben nicht die Absicht, durch Auslieferung der Leiche
Blums an die sächsische Negierung zu revolutionären Kundgebungen die Hand
zu bieten." Den Kommissären der Frankfurter Versammlung wird die offi¬
zielle Mitteilung der Prozeßakten Blums verweigert, und Justizminister Bach
widerlegt die Klage über Verletzung des Gesetzes vom 30. September "in der
vollständigsten und glänzendsten Weise" u. a. damit, daß die Anerkennung der
gesetzgebenden Macht jener Versammlung nicht vor endgiltiger Regelung der
Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland stattfinden könne. Es ist
nnffallend, daß der Verfasser sich hierbei nicht, wie sonst so gern, der Eigen¬
schaft Bachs als Advokaten erinnert. Fröbel wurde, "weil sein Name in dem
oben besprochenen Schreiben des Fürsten Felix an Fürst Windischgrätz nicht
erscheint, von letzterm begnadigt und einfach als Landstreicher mittelst Schub
über die Reichsgrenze geschafft." Wie bekannt, hatte eine politische Schrift
Fröbel das Leben gerettet.

Hie und da bringt den Verfasser seine Bewunderung für Schwarzenberg
und Windischgrätz ein wenig ins Gedränge. "Der große Staatsmann," dem
es allerdings mit Hilfe des Kaisers von Nußland gelang, das verhaßte Preußen
zu demütige:?, den aber nur der frühe Tod davor bewahrte, alle Früchte seines
staatsmännischen Wirkens in nichts verwandelt zu sehen, ließ sich manchmal
zu Hübners Schmerz von den Linken umgarnen, nämlich von Stadion und
Brück, während sein Schwager gegen solche Schwäche gefeit war. Köstlich
sind die Geständnisse über das Verhältnis zwischen dein Ministerpräsidenten
und dem Truppenkommandcmten, der sich wie ein Diktator gebärdete. Er
forderte, das Ministerium dürfe keinen wichtigen Beschluß fassen, ohne sich
vorher seiner Zustimmung versichert zu haben; alle Vorarbeiten für die künftige
Verfassung müßten ihm zur Genehmigung vorgelegt werden. In er hatte die
Kühnheit, den jungen Kaiser zu bitten, sich keinen wichtigen Vortrag ohne
Wissen des Feldmarschalls halten zu lassen und in solchen Angelegenheiten
leine endgiltigen Entschlüsse zu fassen, ohne ihn gehört zu haben. Der Zwist
konnte nicht ausbleiben. Im Februar 1849 meldet das Tagebuch, Windisch¬
grätz habe eine Verfassung ausgearbeitet (die leider nicht mitgeteilt wird) und
wolle das Kommando niederlegen, wenn sie nicht angenommen werde, wie auch
Stadion und Bach ihr Verbleiben im Amte von der Annahme des ministe¬
riellen Entwurfes abhängig machten. In Olmütz finde man, daß sich der
Feldmarschall zu viel mit Politik befasse, im Hauptquartier des letztem, daß
ihm nicht genug Einfluß auf die Geschäfte gestattet werde, da ihm doch "dnrch
die Macht der Verhältnisse" auch eine politische Thätigkeit zufalle. "Gegen


Gin vorachwudvierziger

berechtigt. Aber mittelbar fällt auf ihn die Schuld." Seine Hinrichtung ist
eine große That. Fürst Schwarzenberg verlangt sie von Windischgrätz, „damit
seine Genossen sehen, daß wir uns vor thuen nicht fürchten," und antwortet
auf die durch v. d. Pfordten unterstützte Bitte der Witwe um Ausfolgung
des Leichnams: „Wir haben nicht die Absicht, durch Auslieferung der Leiche
Blums an die sächsische Negierung zu revolutionären Kundgebungen die Hand
zu bieten." Den Kommissären der Frankfurter Versammlung wird die offi¬
zielle Mitteilung der Prozeßakten Blums verweigert, und Justizminister Bach
widerlegt die Klage über Verletzung des Gesetzes vom 30. September „in der
vollständigsten und glänzendsten Weise" u. a. damit, daß die Anerkennung der
gesetzgebenden Macht jener Versammlung nicht vor endgiltiger Regelung der
Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland stattfinden könne. Es ist
nnffallend, daß der Verfasser sich hierbei nicht, wie sonst so gern, der Eigen¬
schaft Bachs als Advokaten erinnert. Fröbel wurde, „weil sein Name in dem
oben besprochenen Schreiben des Fürsten Felix an Fürst Windischgrätz nicht
erscheint, von letzterm begnadigt und einfach als Landstreicher mittelst Schub
über die Reichsgrenze geschafft." Wie bekannt, hatte eine politische Schrift
Fröbel das Leben gerettet.

Hie und da bringt den Verfasser seine Bewunderung für Schwarzenberg
und Windischgrätz ein wenig ins Gedränge. „Der große Staatsmann," dem
es allerdings mit Hilfe des Kaisers von Nußland gelang, das verhaßte Preußen
zu demütige:?, den aber nur der frühe Tod davor bewahrte, alle Früchte seines
staatsmännischen Wirkens in nichts verwandelt zu sehen, ließ sich manchmal
zu Hübners Schmerz von den Linken umgarnen, nämlich von Stadion und
Brück, während sein Schwager gegen solche Schwäche gefeit war. Köstlich
sind die Geständnisse über das Verhältnis zwischen dein Ministerpräsidenten
und dem Truppenkommandcmten, der sich wie ein Diktator gebärdete. Er
forderte, das Ministerium dürfe keinen wichtigen Beschluß fassen, ohne sich
vorher seiner Zustimmung versichert zu haben; alle Vorarbeiten für die künftige
Verfassung müßten ihm zur Genehmigung vorgelegt werden. In er hatte die
Kühnheit, den jungen Kaiser zu bitten, sich keinen wichtigen Vortrag ohne
Wissen des Feldmarschalls halten zu lassen und in solchen Angelegenheiten
leine endgiltigen Entschlüsse zu fassen, ohne ihn gehört zu haben. Der Zwist
konnte nicht ausbleiben. Im Februar 1849 meldet das Tagebuch, Windisch¬
grätz habe eine Verfassung ausgearbeitet (die leider nicht mitgeteilt wird) und
wolle das Kommando niederlegen, wenn sie nicht angenommen werde, wie auch
Stadion und Bach ihr Verbleiben im Amte von der Annahme des ministe¬
riellen Entwurfes abhängig machten. In Olmütz finde man, daß sich der
Feldmarschall zu viel mit Politik befasse, im Hauptquartier des letztem, daß
ihm nicht genug Einfluß auf die Geschäfte gestattet werde, da ihm doch „dnrch
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/70>, abgerufen am 24.07.2024.