Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Als dann Bismarck wirklich tels Ministerium übernommen hatte, faßte
Duncker sofort Zutrauen zu ihm. So sagt er in einem Berichte an den Kron¬
prinzen vom 25. November 1862: "Verfolgt das Ministerium einen festen
Plan in der innern wie in der auswärtigen Politik, kommt man der nächsten
Kammer mit den erforderlichen Zugeständnissen entgegen, so können sich die
Dinge zum Guten wenden. . . . Im Verein mit Herrn von Bismarck und
Herrn von Roon wird Graf Eulenburg zuverlässig auf Maßregeln hinwirken,
welche deu Konflikt zu lösen geeignet sind, und damit das Komplement zu
denjenigen Maßregeln geben, dnrch welche das Ministerium sich bisher bemüht
hat, die Disziplin im Beamtenstande wiederherzustellen und den Ausschreitungen
der Presse entgegenzutreten; wenn es hiermit seine Aufgabe, ein Ministerium
des Widerstandes zu sein, erfüllt, so wird es darüber nicht vergessen, daß
dies nur der kleinere und leichtere Teil seiner Aufgabe ist."

Außerordentlich interessant sind dann die ganz neuen Mitteilungen über
die Rolle, die Duncker bei dem Auftreten des Kronprinzen gegen das Ministe¬
rium in der Konfliktsperiode spielte. Die 1im68 hatten am 1. Juni 186^
Mitteilungen aus der königlichen Familie gebracht, die auf einer groben Indis¬
kretion beruhten und dem König außerordentlich unangenehm fein mußte".
Duncker hob darauf hervor, daß durch solche Streiche guter oder vielmehr
böser Freunde das Verhältnis zwischen Vater und Sohn einer neuen Er¬
schütterung ausgesetzt würde. Er hielt uicht zurück mit der Behauptung, daß
die genauen Notizen des Timesartikcls leider ausreichend bewiesen, daß der
Vorgang in des Kronprinzen nächster Umgebung liegen müsse, und stellte dem¬
gemäß die Erwägung anheiln, ob sich nicht für die Mitteilungen an Vertraute
in Zukunft größere Vorsicht empfehlen dürfte. Ans ein längeres in diesem
Sinne gehaltenes Schreiben Duuckers erwiderte der Kronprinz am 14. Juli
folgendes.

Es will mir fast scheinen, mein bester Duncker, als ob Sie der Meinung sind,
daß ich mich im geheimen mit der Fortschrittspartei verbunden habe, und als ob
die in die Presse gelangten Mitteilungen über meine Korrespondenz mit Sr. Majestät
Ergebnisse jenes Verhältnisses etwa seien.

Ferner scheint mir aus Ihren Briefen hervorzugehen, daß Sie ein Gefühl
haben, als ob ich kein Gewicht mehr auf Ihren amtlichen Rat legte.

Über beides bitte ich Sie sich vollständig zu beruhigen. Was mein Brief
von neulich sagte, ist heute genau dasselbe, und durch mein Telegramm sind Sie
bereits ersucht worden, mich am Sonnabend hier zu treffen.

Von Publikationen ist nie die Rede gewesen, und sollte es mich annisircn,
zu erfahren, wie die Fvrtschrittler eine Korrespondenz drucken lassen "vollen, die
sie nicht besitzen, da Originale und Abschriften in meinen Händen sind. Sollten
geheime Künste angewendet worden sein, dann freilich ist meine Macht zu Ende,
und wäre ich wenig überrascht, wenn man dnrch eine in gewissen Kreisen nicht
ungewohnte Spionage meiner Person sich Bismarckscher Seits in Besitz von Ab¬
schriften zu setzen gewußt hätte!! Wir werden es wohl einmal erfahren.


Als dann Bismarck wirklich tels Ministerium übernommen hatte, faßte
Duncker sofort Zutrauen zu ihm. So sagt er in einem Berichte an den Kron¬
prinzen vom 25. November 1862: „Verfolgt das Ministerium einen festen
Plan in der innern wie in der auswärtigen Politik, kommt man der nächsten
Kammer mit den erforderlichen Zugeständnissen entgegen, so können sich die
Dinge zum Guten wenden. . . . Im Verein mit Herrn von Bismarck und
Herrn von Roon wird Graf Eulenburg zuverlässig auf Maßregeln hinwirken,
welche deu Konflikt zu lösen geeignet sind, und damit das Komplement zu
denjenigen Maßregeln geben, dnrch welche das Ministerium sich bisher bemüht
hat, die Disziplin im Beamtenstande wiederherzustellen und den Ausschreitungen
der Presse entgegenzutreten; wenn es hiermit seine Aufgabe, ein Ministerium
des Widerstandes zu sein, erfüllt, so wird es darüber nicht vergessen, daß
dies nur der kleinere und leichtere Teil seiner Aufgabe ist."

Außerordentlich interessant sind dann die ganz neuen Mitteilungen über
die Rolle, die Duncker bei dem Auftreten des Kronprinzen gegen das Ministe¬
rium in der Konfliktsperiode spielte. Die 1im68 hatten am 1. Juni 186^
Mitteilungen aus der königlichen Familie gebracht, die auf einer groben Indis¬
kretion beruhten und dem König außerordentlich unangenehm fein mußte».
Duncker hob darauf hervor, daß durch solche Streiche guter oder vielmehr
böser Freunde das Verhältnis zwischen Vater und Sohn einer neuen Er¬
schütterung ausgesetzt würde. Er hielt uicht zurück mit der Behauptung, daß
die genauen Notizen des Timesartikcls leider ausreichend bewiesen, daß der
Vorgang in des Kronprinzen nächster Umgebung liegen müsse, und stellte dem¬
gemäß die Erwägung anheiln, ob sich nicht für die Mitteilungen an Vertraute
in Zukunft größere Vorsicht empfehlen dürfte. Ans ein längeres in diesem
Sinne gehaltenes Schreiben Duuckers erwiderte der Kronprinz am 14. Juli
folgendes.

Es will mir fast scheinen, mein bester Duncker, als ob Sie der Meinung sind,
daß ich mich im geheimen mit der Fortschrittspartei verbunden habe, und als ob
die in die Presse gelangten Mitteilungen über meine Korrespondenz mit Sr. Majestät
Ergebnisse jenes Verhältnisses etwa seien.

Ferner scheint mir aus Ihren Briefen hervorzugehen, daß Sie ein Gefühl
haben, als ob ich kein Gewicht mehr auf Ihren amtlichen Rat legte.

Über beides bitte ich Sie sich vollständig zu beruhigen. Was mein Brief
von neulich sagte, ist heute genau dasselbe, und durch mein Telegramm sind Sie
bereits ersucht worden, mich am Sonnabend hier zu treffen.

Von Publikationen ist nie die Rede gewesen, und sollte es mich annisircn,
zu erfahren, wie die Fvrtschrittler eine Korrespondenz drucken lassen »vollen, die
sie nicht besitzen, da Originale und Abschriften in meinen Händen sind. Sollten
geheime Künste angewendet worden sein, dann freilich ist meine Macht zu Ende,
und wäre ich wenig überrascht, wenn man dnrch eine in gewissen Kreisen nicht
ungewohnte Spionage meiner Person sich Bismarckscher Seits in Besitz von Ab¬
schriften zu setzen gewußt hätte!! Wir werden es wohl einmal erfahren.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0598" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210465"/>
          <fw type="header" place="top"/><lb/>
          <p xml:id="ID_1666"> Als dann Bismarck wirklich tels Ministerium übernommen hatte, faßte<lb/>
Duncker sofort Zutrauen zu ihm. So sagt er in einem Berichte an den Kron¬<lb/>
prinzen vom 25. November 1862: &#x201E;Verfolgt das Ministerium einen festen<lb/>
Plan in der innern wie in der auswärtigen Politik, kommt man der nächsten<lb/>
Kammer mit den erforderlichen Zugeständnissen entgegen, so können sich die<lb/>
Dinge zum Guten wenden. . . . Im Verein mit Herrn von Bismarck und<lb/>
Herrn von Roon wird Graf Eulenburg zuverlässig auf Maßregeln hinwirken,<lb/>
welche deu Konflikt zu lösen geeignet sind, und damit das Komplement zu<lb/>
denjenigen Maßregeln geben, dnrch welche das Ministerium sich bisher bemüht<lb/>
hat, die Disziplin im Beamtenstande wiederherzustellen und den Ausschreitungen<lb/>
der Presse entgegenzutreten; wenn es hiermit seine Aufgabe, ein Ministerium<lb/>
des Widerstandes zu sein, erfüllt, so wird es darüber nicht vergessen, daß<lb/>
dies nur der kleinere und leichtere Teil seiner Aufgabe ist."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1667"> Außerordentlich interessant sind dann die ganz neuen Mitteilungen über<lb/>
die Rolle, die Duncker bei dem Auftreten des Kronprinzen gegen das Ministe¬<lb/>
rium in der Konfliktsperiode spielte. Die 1im68 hatten am 1. Juni 186^<lb/>
Mitteilungen aus der königlichen Familie gebracht, die auf einer groben Indis¬<lb/>
kretion beruhten und dem König außerordentlich unangenehm fein mußte».<lb/>
Duncker hob darauf hervor, daß durch solche Streiche guter oder vielmehr<lb/>
böser Freunde das Verhältnis zwischen Vater und Sohn einer neuen Er¬<lb/>
schütterung ausgesetzt würde. Er hielt uicht zurück mit der Behauptung, daß<lb/>
die genauen Notizen des Timesartikcls leider ausreichend bewiesen, daß der<lb/>
Vorgang in des Kronprinzen nächster Umgebung liegen müsse, und stellte dem¬<lb/>
gemäß die Erwägung anheiln, ob sich nicht für die Mitteilungen an Vertraute<lb/>
in Zukunft größere Vorsicht empfehlen dürfte. Ans ein längeres in diesem<lb/>
Sinne gehaltenes Schreiben Duuckers erwiderte der Kronprinz am 14. Juli<lb/>
folgendes.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1668"> Es will mir fast scheinen, mein bester Duncker, als ob Sie der Meinung sind,<lb/>
daß ich mich im geheimen mit der Fortschrittspartei verbunden habe, und als ob<lb/>
die in die Presse gelangten Mitteilungen über meine Korrespondenz mit Sr. Majestät<lb/>
Ergebnisse jenes Verhältnisses etwa seien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1669"> Ferner scheint mir aus Ihren Briefen hervorzugehen, daß Sie ein Gefühl<lb/>
haben, als ob ich kein Gewicht mehr auf Ihren amtlichen Rat legte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1670"> Über beides bitte ich Sie sich vollständig zu beruhigen. Was mein Brief<lb/>
von neulich sagte, ist heute genau dasselbe, und durch mein Telegramm sind Sie<lb/>
bereits ersucht worden, mich am Sonnabend hier zu treffen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1671"> Von Publikationen ist nie die Rede gewesen, und sollte es mich annisircn,<lb/>
zu erfahren, wie die Fvrtschrittler eine Korrespondenz drucken lassen »vollen, die<lb/>
sie nicht besitzen, da Originale und Abschriften in meinen Händen sind. Sollten<lb/>
geheime Künste angewendet worden sein, dann freilich ist meine Macht zu Ende,<lb/>
und wäre ich wenig überrascht, wenn man dnrch eine in gewissen Kreisen nicht<lb/>
ungewohnte Spionage meiner Person sich Bismarckscher Seits in Besitz von Ab¬<lb/>
schriften zu setzen gewußt hätte!!  Wir werden es wohl einmal erfahren.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0598] Als dann Bismarck wirklich tels Ministerium übernommen hatte, faßte Duncker sofort Zutrauen zu ihm. So sagt er in einem Berichte an den Kron¬ prinzen vom 25. November 1862: „Verfolgt das Ministerium einen festen Plan in der innern wie in der auswärtigen Politik, kommt man der nächsten Kammer mit den erforderlichen Zugeständnissen entgegen, so können sich die Dinge zum Guten wenden. . . . Im Verein mit Herrn von Bismarck und Herrn von Roon wird Graf Eulenburg zuverlässig auf Maßregeln hinwirken, welche deu Konflikt zu lösen geeignet sind, und damit das Komplement zu denjenigen Maßregeln geben, dnrch welche das Ministerium sich bisher bemüht hat, die Disziplin im Beamtenstande wiederherzustellen und den Ausschreitungen der Presse entgegenzutreten; wenn es hiermit seine Aufgabe, ein Ministerium des Widerstandes zu sein, erfüllt, so wird es darüber nicht vergessen, daß dies nur der kleinere und leichtere Teil seiner Aufgabe ist." Außerordentlich interessant sind dann die ganz neuen Mitteilungen über die Rolle, die Duncker bei dem Auftreten des Kronprinzen gegen das Ministe¬ rium in der Konfliktsperiode spielte. Die 1im68 hatten am 1. Juni 186^ Mitteilungen aus der königlichen Familie gebracht, die auf einer groben Indis¬ kretion beruhten und dem König außerordentlich unangenehm fein mußte». Duncker hob darauf hervor, daß durch solche Streiche guter oder vielmehr böser Freunde das Verhältnis zwischen Vater und Sohn einer neuen Er¬ schütterung ausgesetzt würde. Er hielt uicht zurück mit der Behauptung, daß die genauen Notizen des Timesartikcls leider ausreichend bewiesen, daß der Vorgang in des Kronprinzen nächster Umgebung liegen müsse, und stellte dem¬ gemäß die Erwägung anheiln, ob sich nicht für die Mitteilungen an Vertraute in Zukunft größere Vorsicht empfehlen dürfte. Ans ein längeres in diesem Sinne gehaltenes Schreiben Duuckers erwiderte der Kronprinz am 14. Juli folgendes. Es will mir fast scheinen, mein bester Duncker, als ob Sie der Meinung sind, daß ich mich im geheimen mit der Fortschrittspartei verbunden habe, und als ob die in die Presse gelangten Mitteilungen über meine Korrespondenz mit Sr. Majestät Ergebnisse jenes Verhältnisses etwa seien. Ferner scheint mir aus Ihren Briefen hervorzugehen, daß Sie ein Gefühl haben, als ob ich kein Gewicht mehr auf Ihren amtlichen Rat legte. Über beides bitte ich Sie sich vollständig zu beruhigen. Was mein Brief von neulich sagte, ist heute genau dasselbe, und durch mein Telegramm sind Sie bereits ersucht worden, mich am Sonnabend hier zu treffen. Von Publikationen ist nie die Rede gewesen, und sollte es mich annisircn, zu erfahren, wie die Fvrtschrittler eine Korrespondenz drucken lassen »vollen, die sie nicht besitzen, da Originale und Abschriften in meinen Händen sind. Sollten geheime Künste angewendet worden sein, dann freilich ist meine Macht zu Ende, und wäre ich wenig überrascht, wenn man dnrch eine in gewissen Kreisen nicht ungewohnte Spionage meiner Person sich Bismarckscher Seits in Besitz von Ab¬ schriften zu setzen gewußt hätte!! Wir werden es wohl einmal erfahren.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/598
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/598>, abgerufen am 24.07.2024.