Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Lage Deutschlands in Afrika

Bevölkerung gewinnt von Monat zu Monat mehr die Überzeugung, daß die
Beschränkungen, die ihr auferlegt werden, einen Gewinn an Sicherheit der
Existenz bedeuten. Langsam rückt die Arbeit der Missionen vor, und die unsitt¬
liche Gewaltherrschaft der arabischen Sklavenjäger, die alle bösen Instinkte der
Schwarze" lebendig erhielten, ist einfürallemal im deutsche" Schutzgebiet gebrochen.

Wer die Geschichte der Kolonisation europäischer Staaten auf barbarischen:
Boden kennt, wird zugeben, daß dies Erfolge sind, die beispiellos dastehen.
Mit weniger Blutvergießen, mit milderer Hand, unter größerer Schonung
alles dessen, was lebensfähig ist und berechtigte Eigenart darstellt, sind niemals
Kolonien gegründet worden.

Arbeit freilich giebt es in Ostafrika noch unendlich viel. Bis die Schwarzen
so weit kultivirt siud, als es die beschränkten Fähigkeiten der Nasse gestatten,
bis das Christentum Fuß faßt, bis Handel und Wandel, Plantagenbau und
Nutzkulturen allgemein gesichert sind, bis endlich das Verkehrsleben in die
Bahnen moderner Kultur übergeht, bis dahin hat es noch gute Weile. Wir
bezweifeln nicht, daß Deutschland noch mehr als einmal genötigt sein wird,
neben der Milde auch Strenge walten zu lassen, daß an Geduld, Ausdauer
und kühnem Unternehmungsgeist noch die höchsten Forderungen werden gestellt
werden, aber wir sehen, daß es rüstig vorwärts geht, und haben den guten
Glauben, recht geführt zu werden. In diesem Sinne rufen wir dem Osnius
lovi ein Glückauf zu!

Und nun Kamerun. Wir brauchen hier die Geschichte der Entstehung
unsers Anrechts auf Kamerun nicht darzulegen. Die Handelsinitiative Wör-
manns, die Thätigkeit Nachtigals und seiner Nachfolger haben den Boden
bereitet und für ein Eintreten des deutschen Reiches die Voraussetzungen ge¬
schaffen. Seit dem Sonnner 1884 steht des Kamerundelta nnter dem Schutze
der deutscheu Flagge, der folgende Winter brachte die Notwendigkeit, die
Machtmittel Deutschlands den Eingebornen gegenüber zur Anwendung zu
bringen und führte 1885 zum. Abschluß unsers Friedens mit den Eingebornen
und zur Regulirung unsrer Grenzverhältnisse gegen England. Die von dein
Grafen Herbert Bismnrck im Mai 1885 in London geführten Verhandlungen
hatten den Verzicht Englands auf das ganze Kmnerungebiet und auf die
Küstenstrecke bis zum Rio del Reh zur Folge, und im Zusammenhang damit
entstand die "Kamerun-Land- und Plantagengesellschaft" von Wörmann, Thor-
mälen und Kompagnie, die "den fruchtbaren, mit dicker Humusschicht bekleideten
Lavabodeu des Kamerungebirges" zur Anlage von Plantagen auszunutzen
beschloß.

Seitdem sind sechs Jahre fleißiger Arbeit ins Land gegangen. Freiherr
von Soden hat die Verwaltung des Landes orgcmistrt, die deutschen Plantagen
sind in blühendem Zustande, und trotz aller Behinderungen von dem Stamme
der Duallas, die wie eine Harpyienschar an den ins Hinterland führenden


Grenzboten 11 1391 58
Die Lage Deutschlands in Afrika

Bevölkerung gewinnt von Monat zu Monat mehr die Überzeugung, daß die
Beschränkungen, die ihr auferlegt werden, einen Gewinn an Sicherheit der
Existenz bedeuten. Langsam rückt die Arbeit der Missionen vor, und die unsitt¬
liche Gewaltherrschaft der arabischen Sklavenjäger, die alle bösen Instinkte der
Schwarze» lebendig erhielten, ist einfürallemal im deutsche» Schutzgebiet gebrochen.

Wer die Geschichte der Kolonisation europäischer Staaten auf barbarischen:
Boden kennt, wird zugeben, daß dies Erfolge sind, die beispiellos dastehen.
Mit weniger Blutvergießen, mit milderer Hand, unter größerer Schonung
alles dessen, was lebensfähig ist und berechtigte Eigenart darstellt, sind niemals
Kolonien gegründet worden.

Arbeit freilich giebt es in Ostafrika noch unendlich viel. Bis die Schwarzen
so weit kultivirt siud, als es die beschränkten Fähigkeiten der Nasse gestatten,
bis das Christentum Fuß faßt, bis Handel und Wandel, Plantagenbau und
Nutzkulturen allgemein gesichert sind, bis endlich das Verkehrsleben in die
Bahnen moderner Kultur übergeht, bis dahin hat es noch gute Weile. Wir
bezweifeln nicht, daß Deutschland noch mehr als einmal genötigt sein wird,
neben der Milde auch Strenge walten zu lassen, daß an Geduld, Ausdauer
und kühnem Unternehmungsgeist noch die höchsten Forderungen werden gestellt
werden, aber wir sehen, daß es rüstig vorwärts geht, und haben den guten
Glauben, recht geführt zu werden. In diesem Sinne rufen wir dem Osnius
lovi ein Glückauf zu!

Und nun Kamerun. Wir brauchen hier die Geschichte der Entstehung
unsers Anrechts auf Kamerun nicht darzulegen. Die Handelsinitiative Wör-
manns, die Thätigkeit Nachtigals und seiner Nachfolger haben den Boden
bereitet und für ein Eintreten des deutschen Reiches die Voraussetzungen ge¬
schaffen. Seit dem Sonnner 1884 steht des Kamerundelta nnter dem Schutze
der deutscheu Flagge, der folgende Winter brachte die Notwendigkeit, die
Machtmittel Deutschlands den Eingebornen gegenüber zur Anwendung zu
bringen und führte 1885 zum. Abschluß unsers Friedens mit den Eingebornen
und zur Regulirung unsrer Grenzverhältnisse gegen England. Die von dein
Grafen Herbert Bismnrck im Mai 1885 in London geführten Verhandlungen
hatten den Verzicht Englands auf das ganze Kmnerungebiet und auf die
Küstenstrecke bis zum Rio del Reh zur Folge, und im Zusammenhang damit
entstand die „Kamerun-Land- und Plantagengesellschaft" von Wörmann, Thor-
mälen und Kompagnie, die „den fruchtbaren, mit dicker Humusschicht bekleideten
Lavabodeu des Kamerungebirges" zur Anlage von Plantagen auszunutzen
beschloß.

Seitdem sind sechs Jahre fleißiger Arbeit ins Land gegangen. Freiherr
von Soden hat die Verwaltung des Landes orgcmistrt, die deutschen Plantagen
sind in blühendem Zustande, und trotz aller Behinderungen von dem Stamme
der Duallas, die wie eine Harpyienschar an den ins Hinterland führenden


Grenzboten 11 1391 58
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/210328"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Lage Deutschlands in Afrika</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1284" prev="#ID_1283"> Bevölkerung gewinnt von Monat zu Monat mehr die Überzeugung, daß die<lb/>
Beschränkungen, die ihr auferlegt werden, einen Gewinn an Sicherheit der<lb/>
Existenz bedeuten. Langsam rückt die Arbeit der Missionen vor, und die unsitt¬<lb/>
liche Gewaltherrschaft der arabischen Sklavenjäger, die alle bösen Instinkte der<lb/>
Schwarze» lebendig erhielten, ist einfürallemal im deutsche» Schutzgebiet gebrochen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1285"> Wer die Geschichte der Kolonisation europäischer Staaten auf barbarischen:<lb/>
Boden kennt, wird zugeben, daß dies Erfolge sind, die beispiellos dastehen.<lb/>
Mit weniger Blutvergießen, mit milderer Hand, unter größerer Schonung<lb/>
alles dessen, was lebensfähig ist und berechtigte Eigenart darstellt, sind niemals<lb/>
Kolonien gegründet worden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1286"> Arbeit freilich giebt es in Ostafrika noch unendlich viel. Bis die Schwarzen<lb/>
so weit kultivirt siud, als es die beschränkten Fähigkeiten der Nasse gestatten,<lb/>
bis das Christentum Fuß faßt, bis Handel und Wandel, Plantagenbau und<lb/>
Nutzkulturen allgemein gesichert sind, bis endlich das Verkehrsleben in die<lb/>
Bahnen moderner Kultur übergeht, bis dahin hat es noch gute Weile. Wir<lb/>
bezweifeln nicht, daß Deutschland noch mehr als einmal genötigt sein wird,<lb/>
neben der Milde auch Strenge walten zu lassen, daß an Geduld, Ausdauer<lb/>
und kühnem Unternehmungsgeist noch die höchsten Forderungen werden gestellt<lb/>
werden, aber wir sehen, daß es rüstig vorwärts geht, und haben den guten<lb/>
Glauben, recht geführt zu werden. In diesem Sinne rufen wir dem Osnius<lb/>
lovi ein Glückauf zu!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1287"> Und nun Kamerun. Wir brauchen hier die Geschichte der Entstehung<lb/>
unsers Anrechts auf Kamerun nicht darzulegen. Die Handelsinitiative Wör-<lb/>
manns, die Thätigkeit Nachtigals und seiner Nachfolger haben den Boden<lb/>
bereitet und für ein Eintreten des deutschen Reiches die Voraussetzungen ge¬<lb/>
schaffen. Seit dem Sonnner 1884 steht des Kamerundelta nnter dem Schutze<lb/>
der deutscheu Flagge, der folgende Winter brachte die Notwendigkeit, die<lb/>
Machtmittel Deutschlands den Eingebornen gegenüber zur Anwendung zu<lb/>
bringen und führte 1885 zum. Abschluß unsers Friedens mit den Eingebornen<lb/>
und zur Regulirung unsrer Grenzverhältnisse gegen England. Die von dein<lb/>
Grafen Herbert Bismnrck im Mai 1885 in London geführten Verhandlungen<lb/>
hatten den Verzicht Englands auf das ganze Kmnerungebiet und auf die<lb/>
Küstenstrecke bis zum Rio del Reh zur Folge, und im Zusammenhang damit<lb/>
entstand die &#x201E;Kamerun-Land- und Plantagengesellschaft" von Wörmann, Thor-<lb/>
mälen und Kompagnie, die &#x201E;den fruchtbaren, mit dicker Humusschicht bekleideten<lb/>
Lavabodeu des Kamerungebirges" zur Anlage von Plantagen auszunutzen<lb/>
beschloß.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1288" next="#ID_1289"> Seitdem sind sechs Jahre fleißiger Arbeit ins Land gegangen. Freiherr<lb/>
von Soden hat die Verwaltung des Landes orgcmistrt, die deutschen Plantagen<lb/>
sind in blühendem Zustande, und trotz aller Behinderungen von dem Stamme<lb/>
der Duallas, die wie eine Harpyienschar an den ins Hinterland führenden</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten 11 1391 58</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0461] Die Lage Deutschlands in Afrika Bevölkerung gewinnt von Monat zu Monat mehr die Überzeugung, daß die Beschränkungen, die ihr auferlegt werden, einen Gewinn an Sicherheit der Existenz bedeuten. Langsam rückt die Arbeit der Missionen vor, und die unsitt¬ liche Gewaltherrschaft der arabischen Sklavenjäger, die alle bösen Instinkte der Schwarze» lebendig erhielten, ist einfürallemal im deutsche» Schutzgebiet gebrochen. Wer die Geschichte der Kolonisation europäischer Staaten auf barbarischen: Boden kennt, wird zugeben, daß dies Erfolge sind, die beispiellos dastehen. Mit weniger Blutvergießen, mit milderer Hand, unter größerer Schonung alles dessen, was lebensfähig ist und berechtigte Eigenart darstellt, sind niemals Kolonien gegründet worden. Arbeit freilich giebt es in Ostafrika noch unendlich viel. Bis die Schwarzen so weit kultivirt siud, als es die beschränkten Fähigkeiten der Nasse gestatten, bis das Christentum Fuß faßt, bis Handel und Wandel, Plantagenbau und Nutzkulturen allgemein gesichert sind, bis endlich das Verkehrsleben in die Bahnen moderner Kultur übergeht, bis dahin hat es noch gute Weile. Wir bezweifeln nicht, daß Deutschland noch mehr als einmal genötigt sein wird, neben der Milde auch Strenge walten zu lassen, daß an Geduld, Ausdauer und kühnem Unternehmungsgeist noch die höchsten Forderungen werden gestellt werden, aber wir sehen, daß es rüstig vorwärts geht, und haben den guten Glauben, recht geführt zu werden. In diesem Sinne rufen wir dem Osnius lovi ein Glückauf zu! Und nun Kamerun. Wir brauchen hier die Geschichte der Entstehung unsers Anrechts auf Kamerun nicht darzulegen. Die Handelsinitiative Wör- manns, die Thätigkeit Nachtigals und seiner Nachfolger haben den Boden bereitet und für ein Eintreten des deutschen Reiches die Voraussetzungen ge¬ schaffen. Seit dem Sonnner 1884 steht des Kamerundelta nnter dem Schutze der deutscheu Flagge, der folgende Winter brachte die Notwendigkeit, die Machtmittel Deutschlands den Eingebornen gegenüber zur Anwendung zu bringen und führte 1885 zum. Abschluß unsers Friedens mit den Eingebornen und zur Regulirung unsrer Grenzverhältnisse gegen England. Die von dein Grafen Herbert Bismnrck im Mai 1885 in London geführten Verhandlungen hatten den Verzicht Englands auf das ganze Kmnerungebiet und auf die Küstenstrecke bis zum Rio del Reh zur Folge, und im Zusammenhang damit entstand die „Kamerun-Land- und Plantagengesellschaft" von Wörmann, Thor- mälen und Kompagnie, die „den fruchtbaren, mit dicker Humusschicht bekleideten Lavabodeu des Kamerungebirges" zur Anlage von Plantagen auszunutzen beschloß. Seitdem sind sechs Jahre fleißiger Arbeit ins Land gegangen. Freiherr von Soden hat die Verwaltung des Landes orgcmistrt, die deutschen Plantagen sind in blühendem Zustande, und trotz aller Behinderungen von dem Stamme der Duallas, die wie eine Harpyienschar an den ins Hinterland führenden Grenzboten 11 1391 58

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/461
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/461>, abgerufen am 24.07.2024.