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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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Florenz und die Kirche

auch es zu erhalten, es zu einer wirklichen "Heimstätte" zu machen. Das
zu ermöglichen, dazu bedarf es allerdings der Mitwirkung der Gesetzgebung,
der nach dieser Richtung eine wichtige, aber auch eine dankbare Aufgabe er¬
wächst. Wie diese Ausgabe am zweckmäßigsten zu löse" sei, das zu erörtern
liegt außerhalb des Rahmens dieser kurzen Ausführungen.

Daß eine gut organisirte Arbeiterwohlfahrtspslcge, insbesondre ans dem
Gebiete der Wohnnngsfürsvrge, das beste Mittel ist, die uuzufriednen Arbeiter
zufrieden zu machen und dem Banne der Sozialdemokratie zu entreißen, dafür
bürgt der heftige Widerstand, den sozialdemokratische Führer der Begründung
von Wohlfahrtseinrichtungen stets entgegensetzen. Umsomehr ist es nicht nur
eine Pflicht der Arbeitgeber, sondern der Gesellschaft überhaupt, die sozialen
Bestrebungen, die das Los der Arbeiter zu verbessern suchen, aufs that¬
kräftigste zu unterstützen. Alle Maßnahmen aber, die die Arbciterwohlfahrts-
pflege im allgemeinen, wie die Wvhnnugsfürsorge im besondern betreffen,
müssen zweckmäßig und so beschaffen sein, daß den Arbeitern keinerlei Grund
zu Mißtrauen gegeben ist. Gelingt es, einen, wenn auch zunächst kleinen
Stamm zufriedener Arbeiter in den Städten heranzubilden, dann wird sich
auch mit Erfolg zum Nutzen der arbeitenden Gesellschaftsklassen und zur Be¬
festigung des sozialen Friedens weiterarbeiten lassen.




Florenz und die Kirche

HMiö
'K?^?WK,in" nn den Betrachtungen über das mittelalterliche Sektenwesen (Heft 18
n. 19) wurde auch das Verhältnis der römischen Kirche zur bürger¬
lichen Gewalt gestreift. Dieses Verhältnis in seinen Wandlungen
für die Zeit zwischen der Völkerwanderung und der Reformation
darzustellen, wäre eine höchst lohnende Aufgabe, deren Lösung
freilich das ganze Leben eines tüchtigen Forschers und Darstellers in Anspruch
nehmen würde. Denn in jedem der Mittel- und westeuropäischen Staaten
stand der König anders zur Klerisei, und wie verschieden war schon allein
in Deutschland die Kirchenpolitik der verschiednen Herrscherhäuser! Und obwohl
Giesebrecht diesen letzteren Punkt für die erste Hälfte des Mittelalters hin¬
länglich klar gemacht hat, wie wenig sind seine Ergebnisse bis jetzt im
gebildeten Publikum bekannt geworden! In besondrer Weise war die grund¬
besitzende Aristokratie, die ohne das kirchliche Pfründenwesen gar nicht gedacht
werden kann, mit der Hierarchie verflochten. Und wieder anders standen die


Florenz und die Kirche

auch es zu erhalten, es zu einer wirklichen „Heimstätte" zu machen. Das
zu ermöglichen, dazu bedarf es allerdings der Mitwirkung der Gesetzgebung,
der nach dieser Richtung eine wichtige, aber auch eine dankbare Aufgabe er¬
wächst. Wie diese Ausgabe am zweckmäßigsten zu löse» sei, das zu erörtern
liegt außerhalb des Rahmens dieser kurzen Ausführungen.

Daß eine gut organisirte Arbeiterwohlfahrtspslcge, insbesondre ans dem
Gebiete der Wohnnngsfürsvrge, das beste Mittel ist, die uuzufriednen Arbeiter
zufrieden zu machen und dem Banne der Sozialdemokratie zu entreißen, dafür
bürgt der heftige Widerstand, den sozialdemokratische Führer der Begründung
von Wohlfahrtseinrichtungen stets entgegensetzen. Umsomehr ist es nicht nur
eine Pflicht der Arbeitgeber, sondern der Gesellschaft überhaupt, die sozialen
Bestrebungen, die das Los der Arbeiter zu verbessern suchen, aufs that¬
kräftigste zu unterstützen. Alle Maßnahmen aber, die die Arbciterwohlfahrts-
pflege im allgemeinen, wie die Wvhnnugsfürsorge im besondern betreffen,
müssen zweckmäßig und so beschaffen sein, daß den Arbeitern keinerlei Grund
zu Mißtrauen gegeben ist. Gelingt es, einen, wenn auch zunächst kleinen
Stamm zufriedener Arbeiter in den Städten heranzubilden, dann wird sich
auch mit Erfolg zum Nutzen der arbeitenden Gesellschaftsklassen und zur Be¬
festigung des sozialen Friedens weiterarbeiten lassen.




Florenz und die Kirche

HMiö
'K?^?WK,in» nn den Betrachtungen über das mittelalterliche Sektenwesen (Heft 18
n. 19) wurde auch das Verhältnis der römischen Kirche zur bürger¬
lichen Gewalt gestreift. Dieses Verhältnis in seinen Wandlungen
für die Zeit zwischen der Völkerwanderung und der Reformation
darzustellen, wäre eine höchst lohnende Aufgabe, deren Lösung
freilich das ganze Leben eines tüchtigen Forschers und Darstellers in Anspruch
nehmen würde. Denn in jedem der Mittel- und westeuropäischen Staaten
stand der König anders zur Klerisei, und wie verschieden war schon allein
in Deutschland die Kirchenpolitik der verschiednen Herrscherhäuser! Und obwohl
Giesebrecht diesen letzteren Punkt für die erste Hälfte des Mittelalters hin¬
länglich klar gemacht hat, wie wenig sind seine Ergebnisse bis jetzt im
gebildeten Publikum bekannt geworden! In besondrer Weise war die grund¬
besitzende Aristokratie, die ohne das kirchliche Pfründenwesen gar nicht gedacht
werden kann, mit der Hierarchie verflochten. Und wieder anders standen die


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[0418] Florenz und die Kirche auch es zu erhalten, es zu einer wirklichen „Heimstätte" zu machen. Das zu ermöglichen, dazu bedarf es allerdings der Mitwirkung der Gesetzgebung, der nach dieser Richtung eine wichtige, aber auch eine dankbare Aufgabe er¬ wächst. Wie diese Ausgabe am zweckmäßigsten zu löse» sei, das zu erörtern liegt außerhalb des Rahmens dieser kurzen Ausführungen. Daß eine gut organisirte Arbeiterwohlfahrtspslcge, insbesondre ans dem Gebiete der Wohnnngsfürsvrge, das beste Mittel ist, die uuzufriednen Arbeiter zufrieden zu machen und dem Banne der Sozialdemokratie zu entreißen, dafür bürgt der heftige Widerstand, den sozialdemokratische Führer der Begründung von Wohlfahrtseinrichtungen stets entgegensetzen. Umsomehr ist es nicht nur eine Pflicht der Arbeitgeber, sondern der Gesellschaft überhaupt, die sozialen Bestrebungen, die das Los der Arbeiter zu verbessern suchen, aufs that¬ kräftigste zu unterstützen. Alle Maßnahmen aber, die die Arbciterwohlfahrts- pflege im allgemeinen, wie die Wvhnnugsfürsorge im besondern betreffen, müssen zweckmäßig und so beschaffen sein, daß den Arbeitern keinerlei Grund zu Mißtrauen gegeben ist. Gelingt es, einen, wenn auch zunächst kleinen Stamm zufriedener Arbeiter in den Städten heranzubilden, dann wird sich auch mit Erfolg zum Nutzen der arbeitenden Gesellschaftsklassen und zur Be¬ festigung des sozialen Friedens weiterarbeiten lassen. Florenz und die Kirche HMiö 'K?^?WK,in» nn den Betrachtungen über das mittelalterliche Sektenwesen (Heft 18 n. 19) wurde auch das Verhältnis der römischen Kirche zur bürger¬ lichen Gewalt gestreift. Dieses Verhältnis in seinen Wandlungen für die Zeit zwischen der Völkerwanderung und der Reformation darzustellen, wäre eine höchst lohnende Aufgabe, deren Lösung freilich das ganze Leben eines tüchtigen Forschers und Darstellers in Anspruch nehmen würde. Denn in jedem der Mittel- und westeuropäischen Staaten stand der König anders zur Klerisei, und wie verschieden war schon allein in Deutschland die Kirchenpolitik der verschiednen Herrscherhäuser! Und obwohl Giesebrecht diesen letzteren Punkt für die erste Hälfte des Mittelalters hin¬ länglich klar gemacht hat, wie wenig sind seine Ergebnisse bis jetzt im gebildeten Publikum bekannt geworden! In besondrer Weise war die grund¬ besitzende Aristokratie, die ohne das kirchliche Pfründenwesen gar nicht gedacht werden kann, mit der Hierarchie verflochten. Und wieder anders standen die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/418>, abgerufen am 24.07.2024.